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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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schien. »Es war nur ein Gedanke.«
    Er blickte durch das Fenster auf die Giebel der gegenüberliegenden Häuser und sah sich außerstande, die Untiefen dieses Gesprächs auszuloten. Er spürte, dass sie da waren, unter der Oberfläche, aber er konnte sich nicht auf die Fragen konzentrieren, die er stellen musste. Er rief sich das Titelbild der Zeitschrift in Erinnerung – den sonnengebräunten Mann mit den schweißverklebten Haaren und dem glücklichen Lächeln vor der dunkelgrünen Wand des Dschungels, seine Safarikleidung, den durchdringenden, leuchtenden Blick. Das Bild passte zu der tiefen, Vertrauen erweckenden Stimme.
    »Auf dem Titelbild von dieser Zeitschrift, Science Monitor «, sagte der Commissaris, »wo waren Sie da ? Ich frage nur, weil Rinderwahnsinn und Creutzfeldt-Jakob doch von England zu uns gekommen sind. Müssten Sie da nicht hier oder in Cornwall arbeiten ?«
    »Bei uns tritt CJD nur bei Menschen auf, die BSE-verseuchte Rinder gegessen haben«, sagte Pieters. »Auf dieser Insel im Pazifischen Ozean dagegen gibt es eine Krankheit, bei der manche Männer und Frauen kurz vor ihrem Tod B S E- und CJ D-ähnlicheSymptome aufweisen, obwohl sie nie in ihrem Leben mit Rindfleisch in Berührung gekommen sind –«
    »– die Kuru –«
    »– nein, die Fore. Kuru heißt die Krankheit.« Pieters schwieg plötzlich und wechselte abrupt das Thema. »Sind Sie nicht gerade mit einer Morduntersuchung befasst ? Irgendetwas mit einem toten Jungen im Vondelpark ... ?«
    »Ja«, sagte Van Leeuwen und dachte, konzentrier dich , »ja, aber wie ich schon sagte, ist das nicht der Grund meines Anrufs.« Oder doch, überlegte er; am Ende doch ?
    »Wie wurde der Junge getötet ?«, wollte der Professor wissen.
    »Er wurde erwürgt«, sagte Van Leeuwen, »und sein Gehirn wurde entfernt. Jemand hat seinen Unterkiefer ausgehebelt und mit einem Meißel oder einer Keule seinen Gaumen durchstoßen. Innen an den Schläfen und unter der Schädeldecke gab es feine Kratzspuren, wie von einem Löffel.«
    So hatte er es noch nie ausgesprochen, so selbstverständlich, dachte er. Es schien einfach zu diesem Gespräch zu passen, zu der Aufmerksamkeit, die Pieters ihm vermittelte.
    »Und Sie glauben, dass es sich dabei um einen Akt von Kannibalismus handelt ?«, fragte Pieters nach einer langen Pause. Seine Stimme hatte sich verändert, war leiser und vorsichtiger geworden.
    »Nein, eigentlich nicht. Andererseits weiß ich zurzeit nicht genau, was ich glauben soll. Genau genommen weiß ich auch nicht, was ich mir von diesem Anruf bei Ihnen erhofft hatte, wegen meiner Frau, meine ich. Alle Medikamente, die es bisher gibt, verlangsamen ja nur den Verlauf der Krankheit, umkehren kann ihn keins davon. Ich würde nur gern – manchmal würde ich gern noch einmal mit ihr reden, so wie früher. Aber ich weiß, dass es keine Hoffnung gibt.«
    »Hoffnung ist ein Wort, das ich nicht benutze«, sagte Pieters. »Mit dem Begriff verbindet sich immer eine Voreingenommenheit, die sich bei echter wissenschaftlicher Arbeit als hinderlich erweist. Ich halte es mit Edward O. Wilson: Wir müssen die Reise ins dunkle Innere des Gehirns ohne jede Voreingenommenheit antreten, und die Schiffe, die uns bis zu diesem Punkt gebracht haben, müssen an der Küste zurückgelassen und versenkt werden .«
    »Das habe ich längst getan«, sagte der Commissaris.
    Er hörte ein Geräusch hinter sich, und als er sich umdrehte, stand seine untreue Frau auf der Schwelle und lächelte ängstlich. »Also«, sagte sie, »also, musst du schon gehen ?«
    »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden«, sagte Professor Pieters in seinem fernen Büro.
    »Ja, herzlichen Dank«, sagte Van Leeuwen. Er legte auf, und als Simone auf ihn zukam, sah er, dass ihre Windeln gewechselt werden mussten. »Warum konntest du die Briefe nicht besser verstecken ?«, fragte er voller Bitterkeit. »Warum hast du sie da in dem blöden Koffer vergessen ?«

 19 
    Staunend über die Wucht seiner Empörung, verbrachte der Commissaris den ersten Tag seiner Suspendierung wie ein Schlafwandler. Zu Hause ist der schlimmste Ort , wer hatte das gesagt oder geschrieben ? Mehrmals war er kurz davor, die Wohnung zu verlassen, um ins Präsidium zu gehen. Aber dann fiel ihm ein, dass er als Offizier der Königin dem Befehl eines vorgesetzten Offiziers Folge zu leisten hatte, solange dieser Befehl nicht gegen sein Gewissen verstieß.
    Dann will ich dich in meiner Polizei nicht mehr sehen.
    Nachdem er Simone

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