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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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Station überführt, wo Walter Kanter bereits auf sie wartete. Nachdem die Pfleger Tanja von der Transportliege in ihr Bett gehoben und das Zimmer verlassen hatten, trat er zu ihr. »Wie geht es dir?«
    Tanjas Stimme klang zittrig, als sie antwortete. »Das Atmen fällt mir schwer. Schmerzen in der Brust.«
    »Das ist normal bei Rippenbrüchen«, beruhigte Kanter seine Tochter. »Kannst du dich erinnern, was passiert ist?«
    »Ich hatte einen Autounfall.«
    »Ja.«
    »Ich . . . ich war bei Michaela.« Tanjas Stimme gewann langsam an Festigkeit.
    »Was . . .« Kanter zögerte. Das Thema behagte ihm nicht sonderlich. »Was wolltest du denn bei ihr?«
    »Sie fragen, warum sie gekündigt hat.« Tanja machte eine Pause, in der sie Kraft sammelte, bevor sie weitersprach. »Sie fragen, wie es mit uns weitergeht.«
    »Habt ihr . . . euch gestritten?«
    »Nein. Sie war nicht zu Hause. Nur . . .« Tanja schloss die Augen. »Vanessa.«
    Walter Kanter blickte fragend. »Wer ist Vanessa?«
    Tanja öffnete ihre Augen wieder. Tränen standen darin. »Ihre schreckliche Ex-Freundin«, sagte sie. »Zumindest dachte ich, sie wäre Ex. Aber wie sich herausstellte, sind die beiden wieder zusammen.«
    Walter Kanter schluckte sein Unbehagen angesichts der Tränen in den Augen seiner Tochter hinunter. »Du wusstest das nicht.« Er strich ihr tröstend über den nicht eingegipsten Teil des Armes.
    »Nein. Ich war völlig ahnungslos. Michaela hat Vanessa während unserer Reise mit keinem Wort erwähnt. Ich hätte nie gedacht . . .« Tanja brach ab. Wieder stürmten die Gefühle auf sie ein. Unglaube, Enttäuschung, Leere. Aber am schlimmsten war die Orientierungslosigkeit, die eigene Unfähigkeit zu fassen, was geschehen war.
    »Soll ich Frau Dietz anrufen? Willst du mit ihr sprechen?« bot Kanter seiner Tochter an. Nicht, dass er dafür war, aber wenn Tanja es wollte.
    »Nein!« sagte sie jedoch rigoros, und die Festigkeit in ihrer Stimme war schon erstaunlich eingedenk ihres Zustandes. »Michaela ist für mich gestorben.«
    Kanter nickte. »Wie du meinst«, sagte er leise. »Und keine Angst, Tanja. Du hast ja mich. Versprochen.«
    Tanja nickte kraftlos, aber dankbar. Sie wusste sehr wohl, was ihr Vater damit sagen wollte. Es war seine Art, sich zu entschuldigen.
    Walter Kanter setzte sich zu seiner Tochter aufs Bett, lächelte ihr beruhigend zu, wartete, bis Tanja einschlief.
    Am späteren Vormittag kam Doktor Erling ins Zimmer. »Frau Kanter. Wie geht es Ihnen?« fragte sie. Ihre Augen streiften Walter Kanter mit einem freundlichen Lächeln.
    »Sie hat immer noch Schmerzen in der Brust«, antwortete Walter Kanter für seine Tochter.
    Die Ärztin nickte. »Ja, das wird noch ein paar Tage anhalten. Wie ist es mit Kopfschmerzen?«
    Tanja schüttelte langsam den Kopf. »Keine.«
    »Gut. Sehr gut.« Doktor Erling lächelte. »Dann schauen wir mal, dass Sie so schnell wie möglich wieder auf dem Posten sind. Das Bett für Sie, Herr Kanter, wird im Laufe des Nachmittags gebracht. Ich habe alles veranlasst.«
    »Vielen Dank.«
    »Soll ich in der Küche Bescheid sagen? Dann bringt man auch für Sie ein Mittagessen mit rauf.« Kanter nickte schon, da kam Doktor Erling mit dem Vorschlag: »Oder wollen Sie lieber in der Kantine essen? Ich kann sie Ihnen zeigen. Müsste auch mal wieder was in den Magen bekommen.«
    Tanja wunderte sich nicht schlecht, als ihr Vater sich räusperte, um zu erklären, dass er dem Kantinenessen den Vorzug geben würde. Eher der hochgewachsenen Ärztin, vermutete Tanja. Und der Eindruck drängte sich ihr auf, dass auch Doktor Erling im Moment weniger Augen für ihre Patientin als für deren Vater hatte. Walter Kanter sah seine Tochter fragend an.
    Tanja nickte. »Ich komme schon allein klar. Und wenn nicht, kann ich ja nach der Schwester rufen.«

23.
    M ichaela hatte gehofft, Tanja würde sie anrufen, wenn sie von der Kündigung erfuhr. Es war doch klar, was das bedeutete. Mit dem Verzicht auf die Stelle bedeutete sie Tanja, dass der »Vertrag« mit ihrem Vater für sie null und nichtig, ihre Gefühle für Tanja echt waren.
    Aber Michaela wartete vergebens. Mit dem Ende der Reise hatte sich für Tanja wohl auch das Kapitel um sie beide geschlossen. Michaela überlegte ein paarmal, ob sie Tanja anrufen sollte. Aber was wollte sie Tanja sagen, was die nicht schon wusste? Sie hatte doch wirklich alles probiert. Und dennoch war Tanja nicht bereit, ihr zu vergeben. Da gab es nichts mehr zu reden.
    »Ich hätte

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