Und wieder Carmel
auch immer eher warst,
anstatt des siebzehnjährigen, deutschsprachigen Mädchens, das versuchte, meine
Abneigung und meinen Stolz zu ertragen“, erklärt er. Dabei führt er mich in sein
Eckbüro, in dem ebenfalls ein großer Edelstahlschreibtisch mit einer dicken
Glasplatte und ein imposantes Zeichenbrett stehen.
„Oh Gott ja, deine Ignoranz war unerträglich und immer, wenn du mal was Nettes
gesagt hattest, folgte sofort etwas Gemeines“, stimme ich ihm zu. Interessiert
schaue ich mir die Miniaturbauten verschiedener Häuser an, die in den Regalen
an der Wand ausgestellt sind .
„Eine meiner weniger guten Eigenschaften würde ich sagen.“
„Wie lange warst du mit Sarah zusammen?“
„Ein halbes Jahr, dann meinte sie, ich sollte erst einmal mit meiner
Vergangenheit abschließen, bevor ich mich auf etwas Neues einlasse.“
„Ist schon erstaunlich, wie lange wir unsere Trennung von damals schon mit uns
herumtragen.“
Alex kommt auf mich zu, nimmt mich in den Arm und sagt: „Ja, vielleicht
schaffen wir es jetzt, die Vergangenheit endlich ruhen zu lassen.“
Nicht die Antwort, die ich hören wollte, aber vielleicht hat er recht.
Am Abend kochen wir ein letztes Mal
zusammen. Ich spüre, wie er jede Gelegenheit nutzt, mich zu berühren und mich
zu küssen und ich tue es ihm gleich. Ein sternenklarer Himmel hängt über uns,
als wir draußen eng umschlungen auf der Terrasse liegen. Unsere letzte Nacht ,
denke ich und hoffe, Alex spricht das Thema Zukunft dennoch an. Jede Minute,
die vergeht, breitet sich das Gefühl der Angst weiter in mir aus.
Wir schlafen ein letztes Mal miteinander.
Ich flehe innerlich, dass es nie aufhört, dieses Gefühl, das er mir gibt, wenn
er bei mir ist. Ich wehre mich gegen den Schlaf, doch plötzlich wache ich
morgens auf und die Sonne scheint.
„Guten Morgen mein Engel“, begrüßt mich Alex.
„Guten Morgen.“
Er steht mit Frühstück vor dem Bett und setzt sich dann zu mir. Meine
Henkersmahlzeit denke ich und bekomme keinen Bissen hinunter. Alex ist
liebevoll und zärtlich und versucht, mich mit Späßen aufzuheitern. Aber ich
bekomme kaum ein Lächeln zustande. Eine letzte Dusche und dann packe ich meine
Sachen. Wir fahren mit dem Tahoe zum Flughafen, er parkt ihn im Parkhaus und
bringt mich zum Check-In . Panik ergreift mich in der
Schlange und ich umarme Alex. Er hält mich fest in seinen Armen und das
beruhigt mich für einen Moment. „Ich will nicht weg von dir“, gestehe ich mit
zittriger Stimme .
„Es ist besser so, glaube mir. Behalte unsere gemeinsame Woche als etwas
Außergewöhnliches und Kostbares in Erinnerung. Bitte erwarte jetzt keine
Wunder, so gut solltest du mich kennen, dass ich meine Meinung nicht im letzten
Moment ändere“, erklärt er ruhig und sieht mir tief in die Augen.
Er meint das ernst. Ich werde in das Flugzeug steigen und werde in Hamburg
ohne ihn sein, schon wieder , denke ich und Tränen laufen mir über die
Wange. Alex wischt sie mir zärtlich ab und sagt: „Nicht weinen mein Engel.“
Ich checke ein und kann kaum reden, weil mich der Kloß in meinem Hals total
blockiert. Alex begleitet mich bis zur Sicherheitsschleuse und dann
verabschiedet er sich: „Mein Engel. Es ist soweit.“ Alex hält mich im Arm und
sieht mich lächelnd an. Wieder rinnen mir Tränen über die Wangen und ich
schlucke mehrfach .
„Du ahnst gar nicht, wie schwer mir das hier fällt“, krächze ich hervor .
„Doch, das tue ich.“ Alex küsst mich leidenschaftlich und ich bin der Ohnmacht
nahe.
„Warum tue ich das dann?“
„Weil du zurück musst in deine Welt und ich hier bleibe, allein, weil es für
uns beide besser ist.“
„Du lässt mich gehen?“
„Ja“, sagt er ernst und ich möchte am liebsten schreien.
„Ok. Dann leb wohl“, sage ich und will mich umdrehen, um wegzulaufen, da hält
er mich fest und nimmt mich noch einmal in den Arm. Ich schlinge meine Arme um
ihn, schluchze und sage: „Ich liebe dich so sehr Alex.“
„Ich weiß“, antwortet er .
„Das ist alles?“, frage ich entsetzt und wische mir meine Träne von der Wange .
„Ja.“
Ich drehe mich erneut um und dieses Mal hält er mich nicht auf. Ich gehe auf den
Beamten am ersten Checkpunkt zu und zeige mein Ticket und meinen Pass vor. Ohne
mich umzudrehen und auf wackeligen Beinen durchlaufe ich die Kontrollen. Ich
versuche Alex auszublenden, um irgendwie unbeschadet nach Hause zu kommen, doch
als ich im Flugzeug sitze, überkommt es mich . Er kann nicht einmal sagen,
dass er
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