Undead 02 - Suss wie Blut und teuflisch gut
kannst du wetten. Außerdem habe ich keine Wahl. Ich lebe in diesem besch. . . Mausoleum. Aber du musst damit aufhören, hier herumzuschleichen und mich zu erschrecken, einverstanden?«
»Hmmm – einverstanden.«
»Es macht sicher Spaß, sie springen zu sehen«, sagte Sinclair zu Marie, die wieder lachte.
»Wozu die Eile?«, fragte ich. »Ist noch jemand . . . äh . . .
ist noch etwas passiert?«
»Einige Vampire sind in die Stadt gekommen, um Euch die Reverenz zu erweisen«, erklärte Tina.
»Igitt.«
»Sorry. Und die Kugeln, die ich . . . äh . . . letzte Nacht gefunden habe, passen zu denen, die die jungen Leute benutzt haben.«
»Oho!«
»Also gibt es einiges zu besprechen.«
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»Richtig.« Ich wandte mich an Marie. »Langweiliger Er-wachsenenkram, tut mir leid. Aber ich komme wieder.«
»Ich werde hier sein«, sagte sie, ohne die leiseste Spur von Ironie.
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Kaum hatten wir das Haus verlassen, fielen sie über mich her. »Wie konnte es nur deiner Aufmerksamkeit entgehen, dass Marie ein Geist ist?«, fragte Sinclair. »Wie viele Wochen lebst du jetzt schon in diesem Haus?«
»Ich hatte eben viel um die Ohren«, verteidigte ich mich.
»Soll ich etwa eine Fünfjährige ausfragen? Von sich aus hat sie mich ja nicht aufgeklärt.«
»Ist dir denn nicht aufgefallen, dass sie immer dieselbe Kleidung trug?«
»Ganz offensichtlich verstehst du nichts von Kindern.
Die können nämlich ganz schön dickköpfig sein. Kaum zu glauben, aber in der zweiten Klasse habe ich dasselbe Paar Schuhe zwei Monate lang getragen!«
»Ich muss gestehen, dass ich nicht geglaubt hätte, so etwas einmal zu sehen«, sagte Tina, als wir uns alle in Sinclairs Cabrio quetschten. Wenigstens war es nicht rot.
Für einen schweigsamen Toten hatte er manchmal eine erstaunliche Vorliebe für Schrilles. »Und ich habe schon sehr, sehr lange gelebt.«
»Was sehen? Einen Geist? Ja, das war wirklich merkwürdig. Ich habe jetzt noch Gänsehaut.«
»Nun, du solltest dich langsam wieder zusammenrei-
ßen«, sagte Sinclair und startete den Motor, der mit ei-185
nem lauten Schnurren ansprang. »Für die Königin der Toten ist es unangebracht, Angst vor Gespenstern zu haben.«
»Das Memo habe ich nicht bekommen«, murrte ich.
»Vor heute Abend habe ich noch nie einen Geist gesehen«, bemerkte Tina.
»Ich ebenfalls nicht«, sagte Sinclair. Er fuhr rückwärts aus der Einfahrt, ohne den Kopf zu drehen. Angeber.
»Ach ja? Aber ihr beide seid so viel toter als ich.« Hmmm, das war nicht das, was ich eigentlich hatte sagen wollen.
»Ich meine, ihr seid schon viel länger tot als ich.« Viel, viel länger.
»Die Fähigkeit, Tote zu sehen – alle Toten – und mit ihnen zu sprechen, ist der Königin vorbehalten. Und, wenn sie es wünscht, ihren Gefolgsleuten.«
»Echt? Aha. Woher weißt du das?«
»Die Prophezeiung«, sagten Tina und Sinclair wie aus einem Munde.
Dann fügte Tina hinzu: »Es stand im Buch der Toten geschrieben – ›Und die Königin wird die Toten kennen, alle Toten, und niemand wird sich vor ihr verbergen können oder Geheimnisse vor ihr haben‹. So ungefähr.«
Ich schlug fast gegen das Autodach. »Gottverdammt, gottverdammt!« Sinclair wäre fast von der Straße abgekom-men, und Tina zuckte zusammen, aber ich war zu wütend, als dass ich darauf Rücksicht hätte nehmen können. »Ich habe es so satt! Irgendetwas völlig Merkwürdiges passiert mir, und ihr sagt alle ganz locker: ›Ja klar, auch das steht im Buch der Toten, hatten wir das nicht erwähnt?‹ Jetzt reicht’s!
Jetzt setzen wir uns sofort zusammen hin und lesen das 186
blöde Ding von vorne bis hinten durch. Wo ist es? Im Hotel?
Wir gehen es auf der Stelle holen.«
»Das geht nicht«, sagte Sinclair.
»Warum nicht?«
»Weil man verrückt wird, wenn man zu lange ohne Un-terbrechung darin liest.«
»Das ist deine Entschuldigung für alles«, schnappte ich.
Ich faltete die Arme vor der Brust und beschloss, mit niemandem mehr ein Wort zu wechseln, bis wir im Hotel waren.
Drei unproduktive Stunden später stampfte ich über den Bürgersteig durch die Eingangstür meines Hauses und warf mich sofort mit dem Gesicht nach unten auf die Couch in der Eingangshalle.
»Eine einzige beschissene Katastrophe«, sagte ich zu dem Sofakissen.
»Was ist los?« Es war Marc, der irgendwo rechts von mir stand. »Bist du okay?«
»Nein.«
»Sie werden schon noch kommen«, sagte Tina entschuldigend, »sie brauchen nur ein wenig
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