Undead 09 - Zum Teufel mit Vampiren
Antichrist, sondern ihr ist auch geweissagt worden, dass sie die Weltherrschaft übernehmen wird. Wahrscheinlich wird das zwischen einer Blutspende und ihren Sonntagsschulstunden geschehen.
Aber man muss meiner Schwester Gerechtigkeit widerfahren lassen. Sie arbeitet in Obdachlosenheimen, leitet Blutspendeaktionen (rasend komisch, wenn man bedenkt, dass ihre Schwester eine Vampirin ist) und backt Cupcakes für die Kuchenbasare der Kirche. Schokoladen-Cupcakes. Mit echtem Buttercremeüberzug. Buttercreme, nicht dieses gefärbte Crisco-Zeug, das manche Lebensmittelhändler uns als Überzug andrehen wollen. Mmm …
Gott, wie sehr ich feste Speisen vermisse!
Natürlich verliert auch Laura zuweilen die Geduld. Wem von uns passiert das schließlich nicht gelegentlich? Wenn es geschieht, schlachtet sie jeden ab, der ihr in die Finger kommt. Das wird mit der Zeit allmählich peinlich. Außerdem befindet sie sich in einem Dauerkonflikt mit den Untoten. Was eigentlich eine ziemlich normale Reaktion auf Vampire ist.
Lauras Temperament und ihre gelegentlichen Ausbrüche psychopathischer Wut waren der Grund, warum wir uns an diesem Abend in der Mall of America treffen wollten. Laura hatte vor ein paar Monaten versucht, mich zu töten, und fühlte sich immer noch mies deswegen. Sie hasste krassen Materialismus und Shopping, weswegen ihr Vorschlag, mich in mein persönliches Graceland zu begleiten, als großzügiges Friedensangebot gewertet werden musste.
Ich hatte mich aus meinem gottlosen Grab erhoben (eigentlich aus meinem Bett, das mit marineblauen Biberlaken von Target bezogen war – immerhin stand der November vor der Tür, und ich bin schließlich keine unzivilisierte Wilde), einen Unschuldigen zum Frühstück verspeist (einen Dreifrucht-Smoothie. Ich als Königin der Untoten genieße die Vergünstigung, nicht jeden Tag Blut trinken zu müssen, obwohl ich, ehrlich gesagt, schon den Wunsch dazu verspüre), meine düstere Kutsche geordert (einen Lexus-Hybrid), und nun war ich auf dem Weg zur Shoppingmeile.
Ich parkte im Parkhaus Ost, zweite Ebene. Viele meiner Lieblingsgeschäfte lagen auf dieser Seite der Mall, zum Beispiel Williams-Sonoma, ein Haushaltwarengeschäft, und Coach, ein Designer für Accessoires (obwohl ich niemals vierhundert Scheine für einen Rucksack ausgeben würde, der aussieht, als wäre er von einem Zweitklässler entworfen worden). Aber auch Tiger Sushi lag auf dieser Seite der Mall, und Laura war geradezu süchtig nach Tiger Balls, den gefüllten Reisbällchen.
Also setzte ich ein Lächeln auf, während ich auf dieses Restaurant zumarschierte, das Seetang, Reis und rohen Fisch mit einer Gewinnspanne von mehreren Hundert Prozent verkaufte. Sushi eben. Ich kapiere es einfach nicht und werde es nie kapieren. Als Kind war ich zu oft angeln gewesen und konnte mich niemals dazu überwinden, einen Köder zu essen. Egal, wie frisch er war.
Ich entdeckte Laura bereits aus zehn Metern Entfernung, doch das hatte überhaupt nichts mit meinen Vampirsuperkräften zu tun. Laura war einfach eine hinreißende Schönheit und würde es immer bleiben. Zu ärgerlich.
Das ist jetzt kein Neid, klar? Oder wenigstens kein übertriebener Neid. Ich gehöre keineswegs zu diesen Schnepfen, die so tun, als hätten sie keinen Schimmer, wie hübsch sie sind. Ich bin hübsch, das gebe ich offen zu. Groß und blond (wie ungewöhnlich für Minnesota … wir Blonden sind ungefähr so selten wie gelber Schnee im Hundeklo), blasser Teint und helle Augen. Musste nie sonderlich mit meinen Pfunden kämpfen, und nun, da ich untot bin, werde ich auf ewig schlank bleiben. Der Satz »Ich habe gerade mein Wintergewicht« hat jede Macht über mich verloren. In meinem Abschlussjahr auf der High School habe ich an der Wahl zur Miss Burnsville teilgenommen und die Miss-Liebenswürdigkeit-Schärpe eingeheimst. Diese Schärpe bedeutet, dass man zwar nicht die Hübscheste und Talentierteste ist, von den anderen Mädchen aber als nette Mitbewerberin eingeschätzt und deshalb mit diesem Trostpreis bedacht wird. Dennoch pflege ich mein Wasser nicht aus dem Hundenapf zu trinken.
Laura hingegen …
Atemberaubend. Hinreißend. Und, wie mein Freund Marc es ausdrückt: »verführerisch.«
Mein schwuler Freund Marc.
Laura stand mitten im Einkaufszentrum und redete mit einer Unbekannten. Dabei gestikulierte sie wild, ganz wie es die Angewohnheit der Eingeborenen Minnesotas ist. Und während ich näher herantrat, fiel mir wieder der wahre Grund dafür
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