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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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nur Lüge und Verbrechen vermutete? Und wenn es wirklich alles so harmlos war, wie sie sagte?
    „Es tut mir l eid, Carol.“
    „Was? Was tut dir l eid?“
    Die Antwort wäre viel zu kompliziert. Wo sollte er anfangen? Er schwieg und sah in die blutrote Sonne, bis ihm die Augen tränten.
    „Dass du mir nicht vertrauen kannst?“, beantwortete sie ihre eigene Frage. „Shane, sieh’ mich an! Sag’ mir ins Gesicht, dass du mir nicht vertraust!“
    Langsam drehte er sich zu ihr um. Da kehrte er wieder zurück, der bittere Zug um ihren Mund - wie gern hätte er sie jetzt umarmt, ihr eine gemeinsame Reise versprochen, und ihr versichert, dass alles in Ordnung sei.
    Sie wartete, doch schließlich wandte sie sich ab und ging hinein. Er starrte in die Ferne. Die Sonne brannte sich wie brodelndes Eisen in den blass-kühlen Himmel. Weit draußen auf dem Meer schaukelte einsam ein Fischkutter. Drinnen klingelte das Telefon. Sein Handy hatte er oben in den Bergen verloren. Es war das Festnetztelefon. Er hinkte hinein und nahm ab.
    „ Endlich, Shane“, brachte eine hysterische Kim hervor, „ hast du dein Handy verloren? D u musst unbedingt sofort vorbei kommen! Mari-Carmen ist völlig aufgelöst.“
    „Mari-Carmen?“
    „Mari-Carmen, unsere Putzfrau – und die von Carol Wilcox!“
    Ihm fiel die unfreundliche Matrone mit dem Staubsauger wieder ein, die ihm beim ersten Besuch bei Carol die Tür geöffnet hatte.
    „Hast du ihr nicht gesagt, dass ich bei der Mordkommission und nicht bei der Einwanderungsbehörde bin?“
    „Shane, bitte, komm’ vorbei. Sie ist hier bei mir und ganz verzweifelt.“
    Er seufzte leise, aber sie hörte es trotzdem.
    „Shane, sei um Himmels willen jetzt nicht gereizt! Heute ist Boxing Day und meine Hochzeit, und Mari-Carmen ist in aller Herrgottsfrühe hereingerauscht! Ich weiß nicht mehr wo mir der Kop f steht!“ Sie klang als befände sie sich am Rande eines Nervenzusammenbruchs. „Mari-Carmen sitzt hier und bewegt sich nicht von der Stelle, bis sie mit der Polizei gesprochen hat!“
    „Und, warum ruft sie verflucht noch mal nicht dort an? Die Nummer ist: Null, Null, Null, ganz einfach, sicher sogar für Mari-Carmen.“
    „Shane! Begreifst du nicht: Sie hat Angst vor der Pol izei! Shane! Du kannst mich jetzt nicht im Stich lassen! Bitte, tu es mir – und Pam zuliebe!“
    Er wusste nicht, was das mit Pam zu tun haben sollte – doch er ersparte sich die Bemerkung.
    „Ich fahr’ gleich los“, sagte er also.
    Als er auflegte, sah er Carol die Wohnungstür öffnen.
    „Carol!“
    Doch da fiel schon die Tür hinter ihr ins Schloss. Warum hatten sie nicht da weitermachen können, wo sie letzte Nacht aufgehört hatten? Nein, er musste die Frage anders stellen: Warum hatte er nicht da weitermachen können? Und wieder konnte er sich vor der Antwort drücken, indem er einen dringenden Termin vorschob. Manchmal staunte er über darüber, wie leicht er sich selbst durchschaute - und wie hartnäckig er dennoch an seinen Verhaltensweisen festhielt. E r ging ins Schlafzimmer, zog sich an und lenkte seine Gedanken auf das Gespräch mit Mari-Carmen. Warum musste sie unbedingt am Boxing Day in aller Frühe, die Polizei sprechen?

    Als Shane im Aufzug in die Tiefgarage hinunter fuhr, beschlich ihn Angst . Er hatte selten Angst. D eutlich tauchten die Bilder von vorgestern in ihm auf. Er tastete nach seiner Waffe am Gürtel. Sie hatte ihm nicht viel genützt. S eine Hand zitterte, und das Hemd unter seinen Achseln war schweißna ss . Er versuchte ruhig und tief zu atmen . Seine Hand suchte die Pistole, blieb auf dem Holster liegen, bis er seinen Wagen aufgeschlossen hatte. Als er den Motor anließ, fühlte er sich wieder sicherer, und als sich die Schranke hob und er ins Freie hinaus fuhr, atmete er auf. Er bog auf die Esplanade ein. Der Himmel war blau und das Meer brannte nicht mehr.

71

    Josh lag auf der harten Pritsche und starrte ins Grau, das ihn umgab. Als es sich langsam orange färbte, hatte er eine Entscheidung getroffen. Er klopfte gegen die Tür.
    „Ich muss mit dem Detective reden. Jetzt. Sofort!“
    „Was gibt’s?“, kam eine Stimme zurück.
    „Ich will ein Geständnis ablegen.“

72

    Shane hatte Mari-Carmen als sonnengebräunt in Erinnerung gehabt. Doch die Frau, die zusammengesunken auf der Couch saß, war blass. Als sie ihn erkannte, verdüsterte sich ihr Blick.
    „Aber ich kann doch nicht zu ihm sprechen!“ Sie sprang auf und funkelte Kim mit ihren schwarzen Augen an.
    Kim

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