Undercover
guten Menschen, fand er. War das nicht genug für ein einfaches Menschenleben? Hör auf , Shane, sagte er laut. Noch ist dein Leben ja nicht zu Ende.
Im Shop neben dem Ap artmenthaus kaufte er eine Flasche Champagner, die er sich als Geschenk verpacken ließ.
Der Verkäufer deutete auf den Ständer neben dem Eingang.
„Wir haben auch Glückwunschkarten.“
Shane warf einen Blick dorthin, doch ihm war nicht danach, zwischen Euch alles Gute und Herzlichen Glückwunsch zur Vermählung auszuwählen. Es klang alles unpassend aus dem Mund eines Ex-Ehemanns.
„Danke, aber ich nehme nur den Champagner.“
„Bitte sehr“, sagte der Verkäufer freundlich. „Und Ihnen eine schöne Weihnachtsparty!“
Der Himmel war blau, genauso wie das Meer, das er von der Küstenstraße irgendwann si chtete. Nirgends zeigte sich ein Anzeichen von Regen. Kim und Frank hatten – zumindest was das Wetter anging – Glück.
Als Shane nach Noosa hereinfuhr, wunderte er sich über den ungewohnt geringen Verkehr. Ganz sicher waren die Weihnachtsfeiern schon längst in vollem Gang. Seine Kollegen von der Verkehrswacht und auch die Krankenhäuser hatten heute wahrscheinlich einiges zu tun.
Er bog auf den Parkplatz vor der Hastings Street ein, der Versuch, vor dem Sails einen Platz ergattern zu wollen, wäre aussichtslos. Wenige Minuten später stieg er ohne Krücken die Stufen zum Sails hinauf.
„Verzeihung , Sir, wir haben heute eine...“ Die Stimme verstummte, als Shane sich umdrehte. Manuel, der schöne Student aus Brasi lien – von Nice & Cool - hatte ein irritiertes Läch e l n im Gesicht.
„Ja, i ch weiß. Meine Exfrau heiratet.“ Und dann fügte er noch ein „wirklich“ hinzu.
Manuel nickt e nur kurz und verschwand eilig zwischen sei nen Kollegen an der Bar. Shane ging weiter ins Restaurant und schob sich an den Sekt trinkenden Gästen vorbei. Auf den Tischen stand en Namensschilder und an der Wand auf einer langen, schmalen Tafel entdeckte er ein Vorspeisenbüfett. Fisch, Garnelen, Salat, Brot, Saucen. Alles sehr einladend und appetitlich angerichtet.
„Dad!“ Pam kam auf ihn zu und f iel ihm um den Hals. Sie lacht e, und er fragte sich, warum sie monatelang gegen diese Hochzeit angekämpft hatte.
„He!“ Sie ließ ihren Blick an ihm heruntergleiten, „du siehst echt ziemli ch fertig aus!“ Ihr Gesicht strahl te. Er war überrascht, wie schön sie war.
„Danke, Pam, du bist genauso charmant wie deine Mutter.“ Er reichte ihr das Päckchen. „Frohe Weihnachten, mein Schatz!“
„Danke, Dad!“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich hab’ auch was für dich. Ich hab’s noch im Auto...“
„Später“, winkte er ab, „wo ist dein Freund? Wie heißt er doch gleich? Drew ?“
Sie schnitt eine Grimasse. „Ich hab mit ihm Schluss gemacht.“
Keine Tränen, kein Bedauern in ihrer Stimme - er wusste nicht, was er davon halten sollte. Hatte sie das von ihm oder von Kim?
„Mum ist irgendwo da draußen.“ Pam verdrehte die Augen. „Sie hat doch heute ihren besonderen Tag .“
„Richtig, sie wollten über den Strand reiten, nicht wahr?“
„Reiten? Davon hat sie mir überhaupt nichts gesagt! Wieder eine ihrer Überraschungen!“ Dann stutzte sie. „Aber sie kann doch gar nicht reiten.“ Sie grinste und zwickte ihn in den Arm. „Wir sehen uns dann, ich gehe den Leuten hier ein bisschen zur Hand.“ Und schon verschwand sie in der dichter gewordenen Menge. Eine junge, schlanke Frau mit seidenem schwarzen Haar. Er hatte ihr die Flasche Champagner für Kim und Frank überlassen wollen, doch er hielt sie noch immer in der Hand. Ein Tablett mit Sekt wurde an ihm vorbeigereicht. Er kämpfte sich weiter durch die Trauben von Menschen, zu seinem Tisch, stellte den Champagner dort ab, bestellte bei der Bedienung ein Mineralwasser mit Eis und Zitrone . M it der untergehenden Sonne war etwas Wind aufgekommen. Die Temperaturen wurden angenehmer. Ein paar Surfer rannten mit ihren Boards in die Wellen. Manuel zündete auf der Terrasse Fackeln an.
Die Musik wurde lauter, die Gäste drängten sich auf die Terrasse und blickten nach links den Strand hinunter. Da k amen sie: Kim im roten, enganliegenden Seidenkleid und Frank im schwarzen Smoking. Hand in Hand schritten sie auf die erleuchtete Terrasse zu. Als sie nur noch wenige Meter entfernt waren, brach ein lautes Geklatsche und Gejohle aus und Frank küsste Kim, d ie ihre Arme um seinen Hal s schlang. Shane trank das Glas aus.
„Liebe Freunde“,
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