Undercover
ans Telefon .“
Zornig verließ er den Raum. Ohne Waffe und ohne Ausweise. Er hörte noch, dass sie ihm nachrief, doch er ging einfach weiter. Im Apartment hatte er seine Walther.
75
Durch die geöffnete Balkontür drang Weihnachtsmusik. Die m eisten Restaurants hatten am Boxing Day geschlos sen, doch in einem Café hatte Shane Gäste gesehen. Wahrscheinlich kam die Musik von dort. Über sich hatte er seit Tagen keine Schritte mehr gehört. Die Bewohn erin war vielleicht verreist. Shane stand in der Tür und sah hinaus aufs Meer. Ruhig und blau lag es da, der Wind blies nicht allzu stark, die Hitze war erträglich. Eigentlich ein schöner Tag. Er hatte sich gerade bei Ann nach dem Baby erkundigt. Sie war beinahe in Tränen ausge brochen. S ein Zustand hatte sich wieder verschlechtert. Die Ärzte fürchteten, dass es sich um eine Infektion handelte.
„Shane, ich weiß nicht mehr, ob ich das alles...“
„Ann, Klein-Jack kämpft, er will leben. Er gibt nicht einfach so auf.“ Er wollte selbst daran glauben.
„Ach, Shane, ja, hoffentlich hast du recht ...“ Sie klang zum ersten Mal völlig mutlos. „Ann, soll ich kommen?“
Pause. Sie schnäuz te sich. „Nein, Shane, tut mir l eid. Ich weiß auch, was du gerade durchmachst.“ Sie atmete tief . „Es muss weitergehen .“
„Halte durch, Ann“, sagte er, bevor er auflegte.
Eine Weile hatte er noch den Hörer in der Hand gehalten, als ob er Ann damit noch ein paar Sekunden länger nahe wäre.
In zwei Stunden müsste er nach Noosa zu Kims und Franks Hochzeit aufbrechen. Sollte er wirklich hingehen? Sollte e r nicht doch nach Hause fahren und Ann beistehen?
Er hatte doch Jacks Mörder gefunden.
Aber da war noch etwas anderes: Mick Lanski. Er musste die ganze Wahrheit erfahren. Dann erst könnte er nach Hause fahren.
Er rief Angela Lincoln an. Er hatte sie, eine Privatdetektivin, gebeten, in Mick Lanskis Leben herumzustochern. Es dauerte ungewöhnlich lang, bis sie abnahm.
„Shane! Sorry, dass es so lange gedauert hat. Ich komme gerade aus de r Dusche.“ Sie klang etwas gehetzt.
„Soll ich später ...“
„Nein, du siehst mich ja nicht.“ Ihr anzügliches Lachen, das ihn schon öfter erregt hatte. Jetzt nicht. Ihm fiel nur eine müde, abgedroschene Bemerkung ein. „Leider, ja.“
„Du bist immer noch der Alte.“
„Nein. Ich bin ein Wrack.“
„Noch nicht ganz , das höre ich. Also, ich habe etwas gefunden. Moment, ich ziehe mir nur meinen Bademantel...“
Dann begann sie zu berichten. Sie hatte eine ehemalige Kollegin Mick Lanskis ausfindig gemacht, die inzwischen ganz aus dem Polizeidienst ausgeschieden war. Diese K ollegin vertraute ihr an, dass Mick Lanski mehrmals zu großen Essen von Leuten aus der Unterwelt eingeladen worden sei. Sie habe ihn daraufhin angesprochen, doch er habe sehr unwirsch erklärt, dass man gewisse Kontakte pflegen müsse, um Erfolg zu haben. Danach wurde sie ganz plötzlich versetzt. “ Angela machte eine Pause. Er hörte, dass sie trank. Angela trank am Tag drei Liter davon. Und nur am Wochenende Alkohol. Ein Glas oder zwei Gläser Wein.
„Ich war gestern in Mick Lanskis Wohnung. Ich hab’ mir, sagen wir mal, Zutritt verschafft. Ich wusste ja , dass er nicht da ist.“ Sie trank wieder. „So, pass’ auf: ich hab’ ein bisschen in seine Sachen durchsucht. Also: Ich hab’ selten so einen Familienmenschen getroffen!“
„Aber Lanski ist weder verheiratet noch hat er Kinder so weit ich weiß.“
„Das meine ich nicht, Shane. Er hat Stapel von Fotos mit seiner Schwester – wie ich herausbekommen habe, seinen Eltern, seines Neffen. Den Kühlschrank hat er vollgekleistert mit alten Bildern. Er als kleiner Junge, er und seine Schwester, er und sein Vater, beim Fischen, beim Kricket, er mit seiner Mutter im Garten, auf einem Pony – muss eine ziemlich glückliche Kindheit gewesen sein. Jetzt scheint er wohl eher einsam zu sein.“
„Hast du etwa Mitleid mit ihm?“
Sie lachte auf. „Nein, kenne ich kaum, das weißt du doch. Noch was, Shane: er hatte die aktuelle Kreditkartenabrechnung auf dem Schreibtisch liegen. Er hat kürzlich eine Auslandsreise gemacht. Ich weiß nicht, ob dich das interessiert?“
„Mich interessiert alles. Wohin?“
„Auf die Fidschi -Inseln.“
Die Fidsch i-Inseln! Da war doch die Firma Movation...
„Gute Arbeit, Angela“, sagte er. Sein Herz klopfte schnell er, seine Handflächen schwitzten.
„A nsonsten is t seine Wohnung ziemlich spartanisch und unpersönlich
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