Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
Problem?«
    Quinton wirkte erleichtert, als er seinen Rucksack schulterte. »Nein, nein. Ich wollte nur auf Nummer sicher gehen. Man kann nie wissen.«
    Nun horchte ich erst recht auf. Neugierig folgte ich ihm aus der Tür, die ich hinter uns zusperrte. »Was kann man nie wissen? Ist das Ganze denn gefährlich?«
    »Sollte es eigentlich nicht sein, aber … Wie gesagt – ich weiß nicht, was passiert ist, und da finde ich es besser, auf alles vorbereitet zu sein.«
    Ich nickte, und wir gingen nach unten. Auf der Straße trieb mich Quinton zur Eile an. Er sagte nur wenig, während
wir uns einen Weg durch das alte Viertel hinunter zur King Street Station bahnten. Da die Mittagszeit bereits vorüber war und die Pendlerzüge ihren abendlichen Betrieb noch nicht aufgenommen hatten, herrschte weder auf dem Rangierbahnhof noch auf den Gleisen viel Verkehr. Quinton führte mich zum Eingang an der Forth Avenue, wo die Pendlerzüge Richtung Puget Sound abfahren.
    »Warum hier?«, fragte ich, als wir die Treppe hinunter zu den Bahnsteigen gingen. Mein Knie fühlte sich steif an, ohne jedoch schmerzhaft zu pochen. Ich war froh, umsichtig genug gewesen zu sein, die hässliche Elastikbandage unter meine Jeans gezogen zu haben.
    »Von hier aus erreichen wir den Tunnel schneller, als wenn wir durch den ganzen Bahnhof gehen. Außerdem kann uns keiner von den Angestellten sehen, wenn wir auf die Gleise springen und zum Tunnel laufen. Im Grunde ist es ihnen egal, weil um diese Tageszeit kaum Güterzüge durchfahren. Aber wenn sie einen erwischen, müssen sie reagieren.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass einer von ihnen freiwillig diesen gemütlich warmen Bahnhof verlässt, wenn es nicht unbedingt notwendig ist.«
    »Vermutlich hast du recht«, stimmte Quinton zu. »Aber wir wollen auch nicht unnötig ihre Aufmerksamkeit auf uns lenken, oder?«
    »Du tust ja ziemlich geheimnisvoll«, bemerkte ich und folgte ihm am Ende der Treppe um die Ecke, wo wir auf die Gleise sprangen. Ich wusste nicht viel über Quinton, aber diese Art von Heimlichtuerei passte gar nicht zu ihm. Sein Verhalten machte mich also nur noch neugieriger.
    Wir liefen über die Gleisschwellen und den Kies auf die dunkle Öffnung des Great-Northern-Tunnels zu. In der
kalten trockenen Luft konnte man unseren Atem deutlich als weißen Rauch erkennen. Wir mussten nur etwa fünfzig Meter zurücklegen, aber der Weg fühlte sich wesentlich länger an. Zu beiden Seiten zogen sich Betonmauern hoch, sodass sich die Straßen und die Gebäude weit über uns befanden. Die Strecke von der Treppe bis zum Eingang des Tunnels hatte etwas Klaustrophobisches, obwohl der weißblaue Winterhimmel klar leuchtete. Einige Krähen saßen auf den Geländern über uns und krächzten zu uns herab. Überraschenderweise war im Grau fast nichts zu sehen.
    »Hat es in diesem Tunnel schon einmal einen Unfall gegeben?«, fragte ich, während wir uns langsam dem schwarzen Loch näherten.
    Quinton drehte sich überrascht zu mir um. »Ich weiß nur von zwei Vorfällen. Allerdings war keiner der beiden besonders schrecklich oder blutig. Ich glaube nicht, dass hier schon einmal jemand ums Leben gekommen ist oder dass es ein Feuer gegeben hat. Warum fragst du?«
    »Ich kann nichts sehen, und das ist seltsam. Dieser Tunnel … der muss doch etwa … na ja … so um die hundert Jahre alt sein – oder?«
    »Ja, würde ich auch vermuten«, erwiderte Quinton und verschwand in der Dunkelheit.
    Ich folgte ihm, wobei ich mit meiner linken Hand an der Betonwand entlangfuhr, um nicht die Orientierung zu verlieren. Die Wand fühlte sich sehr kalt an, ohne jedoch unnatürlich eisig zu sein. Dummerweise hatte ich vergessen, Handschuhe mitzunehmen. Im Inneren des Tunnels herrschte eine Temperatur wie in einem Eisschrank. Zitternd vor Kälte ging ich vorsichtig weiter.
    Nachdem wir eine kurze Strecke zurückgelegt hatten,
hörte ich Quinton in seiner Manteltasche herumkramen. Kurz darauf ging eine Taschenlampe an, und er lenkte den Lichtstrahl auf den unteren Teil der Tunnelwand vor sich. Ich konnte einen dunklen Fleck erkennen, der sich wenige Meter von uns entfernt an der Wand befand. Als wir näher kamen, stellte ich fest, dass es sich um ein Loch handelte.
    Die Zementwand des Tunnels war an dieser Stelle einen guten Meter dick. Trotzdem hatte es jemand geschafft, ein Loch zu schlagen, das etwa einen halben Meter breit und doppelt so hoch war. Davor lag ein Toter. Er hatte einen ungepflegten Bart und trug mehrere

Weitere Kostenlose Bücher