Undines Rache
Oberfläche gerichtet, als ich die Bewegungen sah.«
»Welche Bewegungen?« fragte Bill.
»Im Wasser, dicht unter der Oberfläche.«
»Aha.«
»Zuerst hielt ich es für treibendes Holz, mußte mich aber geirrt haben, denn Holz treibt nicht so glatt dahin und auch längst nicht so geschmeidig. Außerdem herrschen an diesen Stellen keine Strömungen. Das mußte also etwas anderes sein. Es war etwas, das sich aus eigener Kraft bewegte.«
»Die Nixen«, sagte Bill leise.
Gunda nickte. »Ja, die Nixen.« Dann schwieg sie.
Bill schaute sie an. Die Erinnerung wühlte noch in der Frau. Auch jetzt bewegte sie sich, schaute über die Wülste hinweg auf das Wasser, ob sich dort etwas abzeichnete, aber das war auch nicht der Fall. Der Spiegel wurde nur vom Wind bewegt und warf ein leichtes Wellenmuster.
»Was taten Sie?« fragte Bill.
Die Frau hob die Schultern. »Tja, was tat ich? Zunächst einmal war ich völlig überrascht, was Sie bestimmt verstehen. Ich bekam meine Gedanken nicht mehr in die Reihe. Alles schien mir aus dem Ruder zu laufen. Für mich brach zwar keine Welt zusammen, aber ich merkte auch, daß diese wundersamen Wesen für mich keine Gefahr darstellten. Sie kletterten nicht in mein Boot, sie griffen mich nicht an, ich hatte eher den Eindruck, als hätten sie mich akzeptiert. Und ich mußte daran denken, daß die Erzählungen doch nicht an den Haaren herbeigezogen worden waren. Daß zumindest einige von ihnen der Wahrheit entsprechen.«
»Angst verspürten Sie nicht?«
»Auf keinen Fall. Ich fühlte mich sogar gut. Beinahe wie unter Freunden.«
Bill gab sich mit diesen Antworten nicht zufrieden und wollte mehr wissen. »Haben Sie versucht, Kontakt zu den Nixen aufzunehmen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Ganz dumm gesprochen: Haben Sie in das Wasser hineingegriffen und sie angefaßt?«
»Nein, das habe ich nicht. Ich hätte mich so etwas auch nie getraut, Bill. Sie standen mir auch nicht feindlich gegenüber. Wenn sie aus dem Wasser schauten, da hatte ich den Eindruck, als würden sie mir zulächeln.« Auch sie lächelte jetzt. »Meine Güte, ich sah ihre Gesichter, die so herrlich waren, so anders. Lieb, möchte ich sagen. Ja, sie waren lieb, und sie schauten mich aus ihren glänzenden Augen an. Sie waren einfach nur wunderbar, und ich kam mir vor wie in ein Märchen hineingesetzt. Ich hätte jubeln können, ich hätte… ich weiß gar nicht, was ich alles hätte können, jedenfalls habe ich mich gefreut, und ich habe auch mit keinem Menschen darüber gesprochen, selbst mit meinem Mann nicht.«
»War dieses Erlebnis einmalig?«
»Ja.«
»Sie haben diese Nixen nie wieder gesehen?«
»So ist es, Bill. Wissen Sie, ich wollte es auch nicht. Das Erlebnis war so einmalig, daß ich Angst davor hatte, es könnte nur ein Traum gewesen sein und sich nicht wiederholen. Aus diesem Grunde bin ich nicht wieder auf den See hinausgefahren.«
»Das kann ich verstehen.«
»Doch jetzt bin ich wieder hier auf dem See. Es ist Nacht. Es herrscht eine ähnliche Stimmung wie damals, und wir müssen damit rechnen, daß es sich wiederholt.«
Bill nickte. »Da haben Sie recht. Auch John und ich haben diese Nixen gesehen.«
»Das dachte ich mir.« Gunda war nicht einmal überrascht. Bill sprach weiter. »Doch auch Fontain und seine Leute kannten die Nixen. Sie sind ihretwegen gekommen. Aber nicht, um sie zu bewundern, sondern um sie zu fangen.«
Mrs. Gumm fuhr mit einer derart heftigen Bewegung herum, daß das Boot anfing zu schaukeln. »Was sagen Sie da?«
»Ja, sie haben eine Nixe gefangen. Sie stellten am Ufer Fallen auf, und die Wellen schwemmten die neugierigen Wesen hinein. Da sind sie dann zu einer leichten Beute geworden. Sie wurden geholt und in einen Sack gesteckt…«
»Himmel, das habe ich gesehen.«
»Was?«
»Den Sack, Bill. Nur wußte ich nicht, was er beinhaltete. Ich… ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Sie brachten ihn dann auch weg. In ihr Zimmer, das abgeschlossen war.«
»Und Sie haben wirklich nie nachgeschaut, was dort passiert ist?«
»Nein, Bill. Dieser Raum war extra von den Leuten angemietet worden. Ich habe mich daran gehalten. Vielleicht war es ein Fehler, aber ich konnte nicht über den eigenen Schatten springen.«
»Jedenfalls haben sie dort etwas mit der Nixe angestellt. Sie wollten ja nicht, daß jemand von ihrem Geheimnis erfährt, sonst hätten sie nicht versucht, uns umzubringen. Nun ja, glücklicherweise ist es noch einmal gutgegangen.«
»Dann sind es
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