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Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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Theater», erklärt Wendy und lacht immer noch. «Da werden Cowboy-Melodramen aufgeführt, ein paar Musicals.»
    «Oh», sage ich, als ich endlich begreife. «Als sie das in der Klasse erzählt hat, dachte ich schon, wie merkwürdig: Ihrer Mutter gehört ein Bordell, und ihren Vater kennt sie nicht. Viel zu viele Informationen, so genau will man so was doch gar nicht wissen, wenn du verstehst, was ich meine.»
    Jetzt lachen alle am Tisch. Ich schaue wieder zu Angela rüber, die sich ein bisschen gedreht hat, sodass ich ihr Gesicht nicht sehen kann.
    «Sie scheint nett zu sein», rudere ich zurück.
    Wendy nickt.
    «Ist sie auch. Mein Bruder war mal eine ganze Weile total verknallt in sie.»
    «Du hast einen Bruder?»
    Sie schnaubt verächtlich, als wünschte sie, sie könnte eine andere Antwort geben.
    «Ja. Einen Zwillingsbruder, um genau zu sein. Der außerdem ziemlich nervtötend ist.»
    «Das kenne ich.» Ich gucke rüber zu Jeffrey, der im Kreis seiner neuen Freunde sitzt.
    «Wenn man vom Teufel spricht», sagt Wendy und packt einen Jungen am Ärmel, der an unserem Tisch vorbeigeht.
    «He», protestiert er. «Was ist los?»
    «Nichts. Ich hab unserer Neuen nur gerade von meinem sensationellen Bruder erzählt, und schon bist du da.» Sie schenkt ihm ein strahlendes Lächeln, mit dem sie ihm zu verstehen gibt, dass sie womöglich nicht hundertprozentig die Wahrheit gesagt hat.
    «Augen auf, das ist nun also Tucker Avery», sagt sie zu mir und deutet auf ihn.
    Ihr Bruder ist ihr in fast jeder Hinsicht ähnlich: die gleichen haselnussbraunen Augen, die gleiche sonnengebräunte Haut, das gleiche goldbraune Haar, nur dass seines kurz und stachelig ist und er etwa dreißig Zentimeter größer wirkt als seine Schwester. Er gehört definitiv zu den Cowboys hier an der Schule, nur dass es bei ihm nicht so ins Auge fällt wie bei den anderen, denn er trägt ein schlichtes graues T-Shirt, Jeans und Cowboystiefel. Auch er ist heiß, aber auf eine ganz andere Art als Christian, weniger elegant, dafür mehr Sonnenbräune und Muskeln und eine Ahnung von Bartstoppeln ums Kinn. Er sieht aus, als hätte er sein Leben lang unter freiem Himmel gearbeitet.
    «Das ist Clara», stellt mich Wendy vor.
    «Du bist die mit dem Prius, die heute Morgen beinahe in meinen Truck reingefahren ist», sagt er.
    «Oh, sorry noch mal.»
    Er mustert mich von oben bis unten. Zum ungefähr hundertsten Mal an diesem Tag werde ich rot.
    «Du bist aus Kalifornien, stimmt’s?» So wie er das sagt, scheint «Kalifornien» eine Art Schimpfwort zu sein.
    «Tucker», sagt Wendy mit warnendem Unterton und zieht ihn am Arm.
    «Tja, ich glaube kaum, dass es bei deinem Truck noch viel ausgemacht hätte, wenn ich dir wirklich hinten draufgefahren wäre», antworte ich. «Das Heck ist ja so rostig, dass es eh bald abfällt.»
    Wendy reißt die Augen auf. Sie scheint sich wirklich Sorgen zu machen.
    Tucker schnaubt verächtlich. «Dieser rostige Truck wird dich wahrscheinlich beim nächsten Unwetter aus einer Schneewehe ziehen.»
    «Tucker!», ruft Wendy. «Hast du nicht irgendein Treffen mit deinem Rodeo-Team oder so was?»
    Ich überlege und überlege, weil ich unbedingt eine clevere Antwort auf seine Bemerkung finden will, etwa in der Art, dass ich dieses Jahr mit meinem Prius eine Menge Geld sparen werde im Gegensatz zu ihm mit seinem benzinschluckenden Truck, aber es will mir nichts Passendes einfallen.
    «Du wolltest uns doch unbedingt miteinander bekannt machen», sagt Tucker zu seiner Schwester.
    «Ich konnte ja nicht ahnen, dass du gleich deinen schlechten Ruf unter Beweis stellen willst.»
    «Schön dann.» Er grinst mich an. «War nett, dich kennenzulernen, Karotte», sagt er und guckt direkt auf mein Haar. «Oh, ich meine natürlich Clara.»
    Mir schießt die Röte ins Gesicht.
    «Ganz meinerseits, Rostlaube», feuere ich zurück, aber er hat sich schon mit großen Schritten entfernt.
    Na toll. Ich bin gerade mal fünf Stunden an dieser Schule, und schon habe ich mir durch meine bloße Existenz zwei Feinde gemacht.
    «Ich hab dir ja gesagt, dass er nervt», sagt Wendy.
    «Ich finde, das war ziemlich untertrieben», antworte ich, und dann lachen wir beide.

    Die Erste, die ich sehe, als ich zu meinem nächsten Kurs komme, ist Angela Zerbino. Sie sitzt in der ersten Reihe, den Kopf über ihr Notizbuch gebeugt. Ich suche mir einen Platz ein paar Reihen weiter hinten und sehe mir die Porträts englischer Könige und Königinnen an, die im ganzen Raum in

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