Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)
schon, Leute! Ihr wollt Wendys Freundinnen sein?
«Am All West Veterinary Hospital», erklärt sie.
«Ach so, na ja», meint Lindsey unbestimmt. «Die Klinik in Bozeman?»
«Ja», sagt Wendy, wobei sie ein bisschen atemlos klingt. «Für das Praktikum wäre ich über Leichen gegangen. Fast alle Tierärzte machen ihren Abschluss auf der Washington State; das ist meine Traumuni, wie ihr wisst.»
Wieder schaut sie rüber zu mir. Ich deute ein Lächeln an. Sie sieht weg.
«Glückwunsch!», sagen die Mädchen am Tisch im Chor.
«Danke.» Sie wirkt tatsächlich glücklich und stolz und voller Vorfreude, auch ohne das Siegesgeheul.
«Moment mal, heißt das, dass du den ganzen Sommer über weg sein wirst?», fragt Audrey und runzelt die Stirn.
«Von Juni bis Ende August.»
«Na, wie schön», sagt Emma. «Und jetzt erzähl von Jason. Wie hat er dich gefragt?»
Ich höre förmlich, wie Wendy rot wird.
«Eigentlich habe ich ihn gefragt.»
Ich beuge mich vor und stütze das Kinn auf die Hände, ich tue, als wäre ich gelangweilt und würde überhaupt nicht auf das hören, was da gesagt wird. Ich freue mich für Wendy. Jason scheint ein netter Typ zu sein, ein bisschen klein vielleicht, aber er hat große braune Augen voller Hoffnung und eine sanfte Tenorstimme, die in späteren Jahren wohl tiefer wird, hoffe ich für ihn. Aber nett. Ein Typ, der gut zu Wendy sein wird.
Endlich taucht Angela auf. Sie schmeißt ihre braune Lunchtüte vor mich auf den Tisch und lässt sich auf einen Stuhl gleiten. Instinktiv schweift ihr Blick rüber zum Tisch der «Unsichtbaren», wo Wendy und ihre Freundinnen sich immer noch darüber unterhalten, wie sie Jason gefragt hat.
«Du solltest dich wieder mit ihr vertragen», sagt Angela. «Sie ist drüber weg, was immer es gewesen ist. Übrigens, was hat sie dir eigentlich so übelgenommen?»
«Ich glaube, sie war vor allem eifersüchtig, weil ich so viel Zeit mit dir verbracht habe», sage ich unverblümt.
«Ach, na ja, da kann ich dir nicht groß helfen. Ich bin eben faszinierend, weißt du.»
Ich grinse. «Ja, ich weiß.»
«Oh! Von wegen faszinierend, ich habe da eine Neuigkeit für dich.» Sie beugt sich vor, in ihren Augen funkelt es immer noch boshaft. «Ich habe gehört, Christian und Kay hatten in den Ferien ziemlich heftige Probleme», flüstert sie theatralisch.
Schnell lasse ich meinen Blick schweifen. Es dauert einen Moment, aber dann entdecke ich Christian ganz hinten allein an einem Tisch. Keine Kay in Sicht. Keine Freunde. Interessant.
«Was für Probleme?»
«Ein mächtiges Gezeter vor ungefähr hundert Leuten auf einer Party, die Art Probleme. Da macht so ein hässliches Gerücht die Runde, über Christian, dass er bei der Meisterschaft auf Bundesstaatsebene was mit einem Mädchen aus dem Skiteam aus Cheyenne gehabt haben soll.»
«Wer hat denn das Gerücht in Umlauf gebracht?»
Sie lächelt, in ihren Augen dieser nervende wissende Blick. «Ich hab es dir doch gesagt, oder? Gerücht oder nicht, es war nur eine Frage der Zeit …»
Da betritt Kay Patterson den Raum.
Kay trägt einen Rock, der meiner Meinung nach jeder nur denkbaren Regel der Schulkleiderordnung widerspricht, und mehr Make-up als üblich, um die Augen herum sieht sie fast wie ein Waschbär aus, die Lippen hat sie dunkelrot geschminkt. Sofort hält sie nach Christian Ausschau. Der scheint total versunken in seine Reibekuchen, guckt gar nicht hoch, aber an seiner Haltung erkenne ich deutlich, dass er weiß, dass sie hier ist. Und sie weiß, dass er es weiß. Im ersten Moment denke ich, gleich bricht sie in Tränen aus. Aber dann setzt sie sich in Bewegung, schwenkt nach rechts in die Ecke zu einer Gruppe von Jungs aus dem ersten und zweiten Jahr. Alle in der Cafeteria verdrehen sich die Köpfe, wollen unbedingt zusehen. Sie sucht sich anscheinend nach dem Zufallsprinzip einen der Jungs aus und sagt etwas in dieser tiefen Telefonsex-Stimme. Sie fährt ihm mit den Fingern durchs Haar.
Dann dreht sie sich um und setzt sich Jeffrey auf den Schoß.
Ich habe den Eindruck, dass allen um mich herum die Kinnlade herunterfällt.
Das hier geht weit über Probleme hinaus, die Christian und Kay miteinander haben. Schließlich ist es mein Bruder, an dessen Brust Kay sich schmiegt, mein Bruder, dem sie etwas ins Ohr flüstert und dem sie dabei sehr nahe kommt. Seine Augen weiten sich, aber ganz offensichtlich gibt er sich alle Mühe, cool zu bleiben. Er regt sich nicht.
Ich stehe auf.
«Entschuldige mich
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