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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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exotischen Teilchen – mit dem Strahl in den Antriebskern gelangen.« Sie legte eine wohlberechnete Pause ein. »Die Ergebnisse wären nicht unbedingt… wünschenswert.«
    »Vielen Dank«, sagte Khouri. »Das hebt die Moral ganz ungemein.«
    »Verdammt«, sagte Volyova leise. »Mein Plan stößt soeben auf eine kleine Schwierigkeit. Das Geschütz muss den Spinnenraum mit einem elektromagnetischen Impuls beschossen haben, oder die Strahlung aus dem Antrieb führt zu Störungen in der Hardware.« Man hörte – oder glaubte zu hören –, wie jemand wiederholt versuchte, uralte Metallschalter auf einer Konsole umzulegen. »Ich will damit sagen«, erklärte Volyova, »dass ich mich offenbar nicht lösen kann. Ich hänge an dem Drecksding fest.«
    »Dann schalten Sie den verdammten Antrieb ab – das können Sie doch?«
    »Natürlich; wie hätte ich sonst Nagorny getötet?« Sehr zuversichtlich klang das nicht. »Njet… kein Zugriff auf den Antrieb; habe wohl jede Einwirkung unmöglich gemacht, als ich Palsy…« Jetzt faselte sie. »Khouri, ich fange an, ein klein wenig zu verzweifeln… wenn Sie diese Waffen…«
    Daraufhin meldete sich die Mademoiselle zu Wort. »Sie ist schon tot, Khouri«, stellte sie mit verständlicher Genugtuung fest. »Und sie müssten jetzt in einem Winkel schießen, bei dem sich die Hälfte der Waffen abschalten würde, um nicht das Schiff zu beschädigen. Wenn Sie mit den übrigen das Weltraumgeschütz auch nur streiften, hätten Sie Glück gehabt.«
    Sie hatte Recht – Khouri war fast entgangen, dass sich ganze Blöcke der potenziell verfügbaren Verteidigungssysteme selbsttätig gesichert hatten, um nicht in Gefahr zu geraten, auf wichtige Schiffskomponenten zu zielen. Damit blieben nur die leichtesten Waffen übrig, die ohnehin keine größeren Schäden anrichten konnten.
    Ein Widerstand brach zusammen – vielleicht deshalb.
    Khouri hatte mit einem Mal mehr Kontrolle über die Waffen. Und sie betrachtete es sogar als Vorteil, dass die Feuerkraft der verbliebenen Systeme beschränkt war. Sie hatte ihre Pläne geändert. Sie brauchte keine brutale Gewalt mehr, sie brauchte chirurgische Präzision.
    Khouri nützte die Atempause, bevor die Mademoiselle die Waffen zurückeroberte, um die ursprünglichen Zieleinstellungen zu löschen und neue Koordinaten einzugeben. Ihre Anweisungen waren sehr präzise. Die Waffen setzten sich so langsam in Bewegung, als schwämmen sie in Sirup, dann richteten sie sich auf das Objekt, das sie ausgewählt hatte. Nicht das Weltraumgeschütz, sondern etwas anderes…
    »Khouri«, begann die Mademoiselle, »Sie sollten sich das wirklich noch einmal überlegen…«
    Aber Khouri hatte schon abgedrückt.
    Plasmafontänen strömten auf das Weltraumgeschütz zu und trafen – nicht das Geschütz selbst, sondern den Spinnenraum. Alle acht Beine und danach alle vier Greifleinen wurden sauber durchtrennt. Der Raum wurde sozusagen in Kniehöhe amputiert und zugleich vom Lichtspeer des Antriebs weggeschleudert.
    Das Weltraumgeschütz schwebte in den Strahl wie ein Falter in eine brennende Laterne.
    Was dann geschah, war so unmenschlich schnell vorüber, dass Khouri es erst im Nachhinein richtig erfasste. Die Außenhülle des Weltraumgeschützes verdampfte im Bruchteil einer Sekunde zu einer größtenteils metallischen Wolke. Ob der Kontakt mit dem Abgasstrahl das Folgende auslöste oder ob das Waffensystem nicht anders konnte, als im Augenblick seiner Zerstörung sein Innerstes nach außen zu kehren, war nicht zu entscheiden.
    Wie auch immer, die Dinge entwickelten sich nicht ganz im Sinne ihrer Erfinder.
    Mehr oder weniger im gleichen Moment stieß das, was unter der ausgeweideten Hülle noch übrig war, einen langen Gravitationsrülpser aus, ein Raumzeitbäuerchen von gewaltiger Durchschlagskraft. Es richtete zwar in unmittelbarer Nähe des Geschützes verheerende Schäden an der Realität an, aber nicht so, wie ursprünglich geplant. Ein Regenbogen gebeugten Sternenlichts umflackerte die gerinnende Plasmaenergie. Eine Millisekunde lang bildete der Regenbogen fast eine stabile Kugel, dann begann er zu zittern und zu schillern wie eine Seifenblase kurz vor dem Platzen. Einen Millisekundenbruchteil später implodierte die Kugel und verschwand mit exponentieller Beschleunigung.
    Im nächsten Augenblick war nichts mehr da. Nicht einmal Trümmer schwebten vor der sternenübersäten Kulisse des Normalraums.
    Dann erschien ein Lichtpunkt, der sich ins Ultraviolette

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