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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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ich sagen wollte.«
    Fast eine Woche später – das Schiff war auf zwölf Millionen Kilometer an Cerberus/Hades herangekommen und in einen Orbit um den Neutronenstern gegangen – berief Volyova ein Treffen der gesamten Besatzung und der Gäste auf der Brücke ein. Sie fand, jetzt sei der Moment gekommen, um zu offenbaren, dass ihre schlimmsten Befürchtungen tatsächlich gerechtfertigt waren. Sie konnte es selbst kaum fassen. Wie würde Sylveste die Nachricht aufnehmen? Was sie ihm gleich sagen wollte, bestätigte nicht nur, dass sie sich einer Gefahr näherten, es berührte auch etwas, das für ihn von tiefer, persönlicher Bedeutung war. Menschen zu beurteilen war wirklich nicht ihre Stärke – und Sylveste war ein besonders vielschichtiger Charakter, der sich nur schwer analysieren ließ –, aber sie sah doch voraus, dass ihre Nachricht ihn schmerzlich treffen musste. »Ich habe etwas gefunden«, sagte sie, als alle ihr zuhörten. »Sogar schon vor längerer Zeit: eine Neutrinoquelle unweit von Cerberus.«
    »Wann war das?«, fragte Sajaki.
    »Schon bevor wir Resurgam erreichten.« Sie sah, wie sich seine Miene verfinsterte, und fügte hinzu: »Es gab nichts Sinnvolles zu berichten, Triumvir. Wir wussten damals noch nicht einmal, dass wir hierher fliegen würden. Und man konnte nicht feststellen, von welcher Art die Quelle war.«
    »Und jetzt?«, fragte Sylveste.
    »Jetzt habe ich eine… klarere Vorstellung. Als wir uns Hades näherten, stellte sich heraus, dass die Emissionen an der Quelle aus reinen Tau-Neutrinos eines ganz bestimmten Energiespektrums bestanden; genauer gesagt, es handelte sich um menschliche Technik mit einer einmaligen Signatur.«
    »Dann haben Sie da draußen etwas gefunden, das mit der Menschheit zu tun hat?«, fragte Pascale.
    »Davon gehe ich aus.«
    »Einen Synthetiker-Antrieb«, sagte Hegazi, und Volyova nickte.
    »Ja«, sagte sie. »Nur Synthetiker-Antriebe erzeugen solche Tau-Neutrino-Signaturen wie die Quelle um Cerberus.«
    »Das heißt, da draußen gibt es ein Schiff?«, fragte Pascale.
    »Das dachte ich zuerst auch«, sagte Volyova verlegen. »Und der Verdacht ist auch nicht völlig falsch.« Sie flüsterte Befehle in ihr Armband, die Display-Kugel im Zentrum erwachte zum Leben und leitete eine vorprogrammierte Routine ein, die sie kurz vor dem Treffen ausgearbeitet hatte. »Aber es war wichtig zu warten, bis wir nahe genug waren, um die Quelle visuell identifizieren zu können.«
    Die Sphäre zeigte Cerberus. Die mondgroße Welt war eine weniger einladende Variante von Resurgam: einförmig grau mit vielen Kratern. Außerdem war sie dunkel: Delta Pavonis war zehn Lichtstunden entfernt, und Hades, die zweite Sonne in der Umgebung, spendete kein nennenswertes Licht. Der kleine Neutronenstern war zwar bei einer Supernova-Explosion entstanden und unerträglich heiß gewesen, doch nun war er schon seit langem bis in den Infrarotbereich abgekühlt. Mit bloßem Auge war er nur wahrzunehmen, wenn sein Gravitationsfeld wie eine Linse das Licht dahinter liegender Sterne ablenkte. Doch selbst wenn Cerberus in helles Licht getaucht gewesen wäre, es gab dort nichts, was die Amarantin hätte anlocken können. Freilich hatte Volyova selbst mit ihren besten Scans die Oberfläche nur mit einer Auflösung im Kilometerbereich erfasst, so dass in diesem Stadium noch kaum etwas auszuschließen war. Das Objekt im Orbit um Cerberus hatte sie jedoch sehr viel genauer studiert.
    Jetzt holte sie es näher heran. Anfangs war es nur ein leicht ovaler, weißlich-grauer Fleck vor einem Hintergrund von Sternen. An einer Seite ragte ein Stück von Cerberus ins Bild. So hatte es bereits vor Tagen ausgesehen, bevor das Schiff alle seine Radioteleskope ausgefahren hatte. Schon damals hatte sich ihr Verdacht nur schwer von der Hand weisen lassen. Und mit jedem neuen Detail wurde es noch schwieriger.
    Die Umrisse des Flecks wurden jetzt klarer; er entpuppte sich als festes Gebilde. Von der Form her war er annähernd konisch wie ein Glassplitter. Volyova legte ein Dimensionsraster um das Objekt, um seine Größe ungefähr zu bestimmen. Es war von einem Ende zum anderen auf jeden Fall drei bis vier Kilometer lang.
    »Bei dieser Auflösung«, sagte Volyova, »lassen sich deutlich zwei Quellen für die Neutrino-Emission unterscheiden.« Sie zeigte auf zwei graugrüne Flecken zu beiden Seiten des dickeren Konus-Endes. Bei detailgenauer Abbildung sah man, dass die Flecken beidseitig des eigentlichen Splitters an

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