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Unersaettlich - Scharfe Stories

Unersaettlich - Scharfe Stories

Titel: Unersaettlich - Scharfe Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerri Sharp
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Manschettenknöpfen. Wie Bienen summen die Frauen von einem Mann zum anderen, mustern sie, berühren sie ab und zu, lassen sich geheime Botschaften ins Ohr flüstern und prosten einander zu.
    »Siehst du jemanden, der dir gefällt?«, fragt Tante Sylvia, während ich ein weiteres Glas Champagner herunterkippe.
    »Ich verstehe nicht«, sage ich.
    »Das ist mein Fitnessstudio. Bridge liegt mir ehrlich gesagt nicht«, erwidert meine Tante, als ob das alles erklärte.
    Ich blicke sie verwirrt an.
    »Das ist keine höhere Philosophie, Liebes. Du suchst dir einfach aus, wen du willst, und alles Übrige macht er. Was ist denn mit Paul da drüben? Er ist sehr gut. Ich kann
ihn persönlich empfehlen.« Sie nickt zu einem Schwimmertyp in Khakihose herüber, der aussieht wie die Jungs, die samstagabends im Studentenclub herumhingen.
    »Nein, nicht mein Typ. So sehen sie alle aus.«
    »Nun, ich lasse dich hier nicht wieder weg, bevor du nicht wenigstens einen ausprobiert hast. Wie wäre es denn mit dem Afrikaner? Er ist so groß, ich bin einmal fast gestorben. Der beste Schwanz, den du dir vorstellen kannst. Und er war früher Diplomat. Er bringt dir alles bei über die Auswirkungen des europäischen Kolonialismus in Zentralafrika.«
    »Äh, vielleicht nächstes Mal.«
    »Okay, ich buche mir jetzt meinen Üblichen. Schau dich nur um. Du kannst Marge sagen, was du willst, und sie setzt ihn mir dann auf die Rechnung. Ich verspreche dir, danach hast du einen anderen Blick aufs Leben.«
    »Aber Tante Sylvia, was ist mit Onkel Mort?«
    »Was soll mit ihm sein?«, erwiderte sie und wendet sich lächelnd dem Investmentbanker zu, der ihr Lächeln erwidert und auf sie zukommt. »Bis in zwei Stunden«, sagt sie zu mir.
    Schockiert blicke ich mich um. Marge tritt zu mir und ergreift meine Hand. »Sie hat Sie wohl nicht vorbereitet, nicht wahr?«
    »Wenn sie es getan hätte, wäre ich wahrscheinlich gar nicht erst mitgekommen. Ich bin noch nicht bereit für so etwas«, erwidere ich und stelle erschreckt fest, wie traurig ich immer noch über den Verlust dieses Mistkerls bin.
    »Oh, Liebeskummer also?« Sie drückt meine Hand.
»Meiner Erfahrung nach ist es am besten, sich so weit wie möglich von dem, was man verloren hat, zu entfernen. Was wäre denn hier wirklich neu für Sie?«
    Ich zucke mit den Schultern und starre in die Menge. Wenn sie mich doch endlich in Ruhe ließe. Plötzlich kommt ein Mann die Treppe herunter, und meine Aufmerksamkeit ist geweckt. Als ich mich umblicke, stelle ich fest, dass sich sonst keiner um ihn kümmert. Ich scheine die Einzige zu sein, die von ihm fasziniert ist.
    Er ist eigentlich schon ziemlich alt, vielleicht um die sechzig. Absolut weiße Haare, ein wenig länger im Nacken und hinter die Ohren gekämmt. Er ist durchtrainiert und schlank, sein Smoking sitzt tadellos, das Jackett hat er über die Schulter gehängt. An seinem Aufschlag steckt eine Maiglöckchenrispe. Ich bin hingerissen von seinen eleganten Lacklederschuhen, seinen langen Fingern, die sich wie die eines Pianisten oder Geigers um das Geländer spannen.
    »Das ist Graf Kalman Burian«, murmelt Marge. »So ein tragisches Leben, aber er hat Stil. Er ist ein wundervoller Mann, so liebenswert. Wir sind alle verrückt nach ihm.«
    Plötzlich hält er mitten auf der Treppe inne und sieht uns an. Seine Augen sind so schwarz wie seine Haare silbern. Er wirkt verletzt, so als ob er genau wie ich nicht wüsste, ob er leben oder sterben will. Ich verstehe ihn vollkommen, und ein Blick in seine schwarzen Augen sagt mir, dass nur wir zwei einander heilen oder zumindest die Illusion erschaffen können.
    »Sind Sie sicher, dass er nicht ein bisschen zu alt für Sie
ist, meine Liebe? Wir haben einen ganz reizenden jungen Engländer, Nigel, der auch sehr elegant ist.«
    »Holen Sie mir den Grafen«, sage ich.
    Ich wende mich ab, um mir ein weiteres Glas Champagner zu nehmen. Sexuell erregt bin ich überhaupt nicht, aber mein Herz schlägt schneller bei dem Gedanken, dass seine Hände mich berühren.
    »Miss Berntsen, erlauben Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin Graf Burian«, sagt er mit mitteleuropäischem Akzent und nimmt meine rechte Hand in beide Hände. Er beugt sich darüber und küsst mir die Mittelhandknochen. Dann blickt er auf; ich kann weder atmen noch mich bewegen. Seine Augen fesseln mich, als wäre er in seinem Körper gefangen und bäte um Erlösung.
    »Wie geht es Ihnen?«, stoße ich hervor, wobei ich spüre, dass ich ihn genauso anschaue,

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