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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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gemacht hatte.
    Ich verabschiedete mich mit ein paar knappen Worten von Ludger Tschupsch. Er schulterte einen Warmwasserboiler und verschwand in einer der Türen des alten Gebäudes.
    Hundt sah mich fragend an. «Bist du auch eingeladen worden?»
    «Eingeladen worden? Nein, höchstens in die U-Bahn vorhin. Wozu?»
    «Zum Vortrag unserer sehr verehrten Kriminaldirektorin Karin Aurak...»
    «Die trägt mir nichts vor, sondern höchstens was nach: daß ich sie nicht so liebe und achte, wie das Gesetz es befiehlt.»
    «Thema: ‹Die Kriminalpolitik des Jahres 2000 – Gegen eine permissive Demokratie›.»
    «Na, dann... Ich könnte euch ein paar schöne Vorschläge machen, wie diese Demokratie noch zu retten ist. Meine Definition von organisiertem Verbrechen ist ein bißchen weiter gefaßt als deine, sie ist sozusagen Partei-lich...»
    «Psst!» Hundt sah sich um. «... keine anarchistischen Gedanken hier auf dem Stasi-Gelände. Aber sag mal: Was gibt’s denn Neues in Oranienburg?»
    Ich erzählte ihm alles vom Mordfall Tschupsch und einiges über Schwermer und Woerzke. «Wie der den aus dem Hut gezaubert hat, ist mir nicht so ganz geheuer. Komisch eben, daß die Tschupsch gerade in dem Augenblick von der Bühne des Lebens abgetreten wird, per Kugel auch noch, als ihr alter lover heim ins Reich gefunden hat... Ob du mal so nett bist und nachsiehst, ob seine Frau bei euch irgendwo im Computer abgespeichert ist, eine Joan Woerzke, v. Woerzke.»
    «Okay, kümmere ich mich drum.»
    Die Aurak traf ein, die Frau, die mich als Wortführer der «Progressiven Polizisten» nach Oranienburg geschickt hatte, in die Verbannung. Sie ging unter einem Kranausleger entlang, an dem ein Eisenträger hing. Ich machte meine Augen zu Laserkanonen, um das Stahlseil zu durchtrennen.
    Doch nichts geschah.
    Sie kam an mir vorbei und übersah mich mit großer Aufmerksamkeit, indem sie Hundt begrüßte. Der folgte ihr aufs Wort.
    Wo war denn nur dieser Scheißhörsal 6B168...!? Als ich ihn endlich gefunden hatte, war er leer. Mein Projekt mußte sich anderswo versammelt haben. Ich machte mich auf die Suche. Irgendwo mußte es doch eine Stelle geben, die von solchen Verlegungen wußte. Es wurde ein Slalomlauf durch viele Flure und immer wieder um Ecken herum. Dutzende von Türen waren aufzustoßen und wieder zu schließen, manche nur mit Gewichtheberkraft. Nach einigen Minuten war ich im alten Gebäude und irrte durch einen endlosen Keller, ein Labyrinth von Gängen. Die Türen, an denen ich rüttelte, waren verschlossen. Panik erfaßte mich, der Atem schien mir wegzubleiben. Verdammt, es mußte doch einen Ausgang geben! Ich erinnerte mich an das, was ich in der Psychiatrie gelernt hatte.
     
    Ich bin ruhig, sicher, fest und frei.
    Mein Herz schlägt ruhig, kräftig und gleichmäßig.
    Mein Atem geht ruhig und gleichmäßig.
     
    Endlich ein Fahrstuhl, der mich nach oben bringen konnte. Die Tür stand offen. Ich stieg ein. Ein altes DDR-Modell. Ich drückte den Knopf für die 2. Etage. Vielleicht war dort die Verwaltung des Fachbereichs 1.
    Ein Schnarren, ein Rütteln, los ging’s. Ich kam mir vor wie in einem überladenen Flugzeug der ‹Air Baikal›. Kurz vor dem Absturz bei Irkutsk.
    Plötzlich ein Ruck, die Kabine stand still, das Licht ging aus.

28. Szene
Mordkommission
    «Ja, warum ich hier bei Ihnen auftauche, ist klar. Das laß ich nicht auf mir sitzen. Ich habe einen ehrbaren Beruf gelernt: Feinmechaniker. Ich war Metallprüfer bei der ORA-Stahl in Oranienburg. Erst als meine Frau mich verlassen hat, habe ich mit dem Trinken angefangen. Dann habe ich meine Wohnung verloren. Weil der Vermieter ein Unmensch gewesen ist. Wie meine Frau. Ohne Herz. Ich bin nicht freiwillig ein Penner geworden, die haben mich dazu gemacht. Ich würde auch lieber in einer Villa wohnen und nicht im Wald oder unter der Brücke...»
    Ich ging schnell dazwischen. «Apropos: Brücke. Da lassen Sie mich mal einhaken, Herr Hackenow. Sie haben also ab und an unter der Brücke geschlafen, unter der Frau Tschupsch ermordet worden ist.»
    «Da am Wasser doch nicht. Ich hab schon Rheuma genug. Das mit den Brücken, das sagt man doch so. Unter den Brücken von Paris.»
    Ich hielt ihm vor, daß ich ihn doch selber dort gesehen hätte.
    «Klar, weil da am Bahndamm – Treidelweg und so – Lauben sind, wo ich schon mal nachsehe, ob da ’ne Tür offensteht oder man irgendwie reinkommen kann. Soll ich draußen erfrieren?»
    Ich ließ mich nicht ablenken. «Wenn ich das

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