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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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Wilhelm Schwarz. Wie im Erzgebirge. Wolkenstein. Soll aber nur solala gegangen sein das Geschäft. Joan hatte er angeheuert, um in alten Trachten die Leute anzulocken. Al Bundy an der Seite einer schönen Bäuerin aus Old Germany. Woerzke hat dann mit der Polaroid-Kamera die Fotos gemacht.»
    «Schön, ja...» Das paßte wunderbar in mein Puzzle. Klar, daß sich ein Hungerleider wie Wilhelm Schwarz / William Black die Chance nicht entgehen ließ, in Friedrichsheide als Waldemar v. Woerzke aufzutreten und dafür von der Mafia vielleicht hunderttausend Dollar einzusacken. Das alles von seiner jungen Frau vermittelt, der er vermutlich hörig war. Das war’s. Tusch! Ich bedankte mich bei Hundt und legte wieder auf.
    Wilhelm Schwarz, William Black, Waldemar v. Woerzke... Irgendwann war der Sack zuzubinden. Noch aber wagte ich es nicht, mit den Indizien, die ich hatte, bei meinen Vorgesetzten vorzusprechen. Ich wußte, daß sie alle Bedenkenträger waren, preiswürdig. Wenn nicht, wären sie nicht so weit aufgestiegen. Investoren wie Schwermer und Woerzke waren die großen Heilsbringer fürs Brandenburger Land, heilige Kühe, die man nicht schlachtete. Ich mußte also alles mit der simplen 2x2=4 -Gewißheit haben, sonst hatte eine Offensive keinen Zweck. War also noch eine Menge zu tun.
    Yaiza Teetzmann kam herein. «Soll ick dir mal ’ne kleine Freude machen?»
    «Gerne. Wenn Enrico nichts dagegen hat.»
    «Sau du!»
    «Danke.»
    «Wir ham ’n Juwelier jefunden, wo von der Tschupsch ’n alte Brosche uffjetaucht is. Hier die Phantomzeichnung, die wa ham machen lassen. Vom Vakäufa.»
    Ich sprang auf und schrie «Treffer!», denn das war genau der Mann, den mir Fabricio Longare in seiner Neuköllner Pizzeria beschrieben hatte.

29. Szene
S-Bahnhof Oranienburg
    «Der kauft jeden Morgen 'ne Zeitung bei mir, da bin ich mir ganz sicher.»
    Aufgrund dieser Aussage der Frau im Kiosk standen wir um halb sieben auf dem westlichen der beiden Bahnsteige, da wo die Züge der Si, von Wannsee kommend, ihre Endstation hatten. Mit der Phantomzeichnung des vermutlichen Tschupsch-Mörders waren wir in den letzten beiden Tagen unermüdlich durch Oranienburg gezogen und hatten, nachdem auch die Tageszeitungen eingeschaltet worden waren, genau 91 Hinweise zu Protokoll nehmen können. Manche recht detailliert, viele sehr verschwommen. Es war erstaunlich, wie viele Mitbürger einen Nachbarn für einen Mörder hielten. Vom Tschupsch-Täter wurde allgemein nur noch als ‹Der Abknaller› gesprochen. Zu befürchten war, daß er seinem Namen bald einmal alle Ehre machen würde.
    «Zu je’m Krimi gehört ’ne zweete Leiche», sagte Yaiza Teetzmann denn auch, während sie gymnastische Übungen machte, um sich warm zu halten. «Und wenn wa uns nich baeiln, isset inna Realität hier ooch bald so, paß ma uff.»
    «Warten wir’s ab...» Ich hatte ihr, was Woerzke betraf, bis jetzt noch nichts erzählt. Sie war zu materialistisch-realistisch für so eine Story. Vieles sprach dafür, daß kein Raubmörder oder Triebtäter auf die Tschupsch geschossen hatte, sondern ein Profi. Unter dem Gesichtspunkt der Kosten-Nutzen-Analyse war es für einen planvoll vorgehenden Raubmörder ziemlich idiotisch, eine Frau hier in Oranienburg zu erschießen, um dann in Berlin-Friedenau ihre Wohnung auszuräumen. Und ein Triebtäter mit einem wie auch immer gearteten Tötungszwang wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Ausräumen der Wohnung in die Stadt gefahren.
    Wir musterten alle Männer, die mit dem 6 Uhr 40-Zug südwärts wollten. Das Gesicht auf der Phantomzeichnung erinnerte an den Oliver Hardy aus den frühen «Dick und Doof»-Filmen. Es war breit, gemütlich, kindlich. Und das Bärtchen auf der Oberlippe machte aus dem Menschen auch keinen Mann.
    Als mir das so recht bewußt wurde, trat ich vor Wut von hinten gegen den Zeitungskiosk. Diese Erkenntnis hatte meine ganze Killertheorie ad absurdum geführt. Es sei denn... Natürlich: die ganze Sache war getürkt. Der Juwelier steckte mit Longare unter einer Decke, und sie wollten uns bewußt in die Irre schicken. Wir waren Idioten, daß wir hier standen.
    Scheißberuf, Scheißwetter. Die Kälte kroch den Körper hinauf, und trotz dicker Schuhsohlen hatte ich das Gefühl, mit nackten Füßen auf dem Bahnsteig zu stehen. Eine lange deutsche Unterhose hätte wohl geholfen, aber die wagte ich Heikes wegen nicht ‹in Anwendung zu bringen›. Schließlich wollte ich auch als lover noch im Rennen bleiben und

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