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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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Potenz.»
    «Entschuldige, ich bin Erster Kriminalhauptkommissar.»
    «Als solcher läßt man mich nicht als Woerzke chargieren.»
    «Ich hab sonst keine andere Chance...»
    «Hirngespinste!»
    «Woerzke mag sich ja noch selber aufgehängt haben, okay, aber die Tschupsch hat sich bestimmt nicht selber erschossen, zumal ohne Waffe... Zu finden war jedenfalls keine...»
    «Ach...» Friedhelm Rott stöhnte in alter Schiller-Theater-Manier. «Indem er uns das Leben schenkt, will uns Gott doch nur verarschen. Was soll die ganze Farce!?»
    Ich verfiel auch in eine Art Theatersprache, das steckte an. «Das Böse hält uns hier zum Narren, Wolfram Schweriner und sein Clan. Ernsthaft ist es nicht mehr zu besiegen, vielleicht mit gleichen Waffen.» Ich machte eine kleine Pause. «Außerdem darf ich dich daran erinnern, daß der Tatverdacht gegen dich selber auch noch nicht ganz ausgeräumt ist...»
    «Ausgeträumt ist...» Friedhelm Rott bekam seinen ‹Batida› und schien an der Sache nun doch schon etwas mehr Gefallen zu finden. «Was soll ich denn nun eigentlich machen...?»
    Ich erklärte es ihm in allen Einzelheiten.
    Er nickte. «Und was versprichst du dir davon?»
    «Daß sie in Panik gerät, Joan, daß sie die Nerven verliert und schreit: ,‹Ich hab das alles nicht gewollt!) und die Namen derer nennt, die das alles inszeniert haben.»

50. Szene
Schloßhotel Friedrichsheide
    High noon, zwölf Uhr mittags, Showdown in Friedrichsheide. Ich ging in der Halle auf und ab und wartete, daß Joan Woerzke endlich die Bühne betrat. Friedhelm Rott saß schon seit einer halben Stunde draußen im Wagen und langweilte sich. Aussteigen und sich die Beine vertreten durfte er nicht, denn ich wollte verhindern, daß ihn jemand erkannte und sie telefonisch informierte. Er sollte ihr im wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht stechen.
    Im Schloßhotel ging es zu dieser Stunde so träge zu wie mitten in Mississippi oder Louisiana. Ich besah mir die restlichen Aquarelle. Immer wieder «Am Wolziger See». Hans Scholz schien ihn ganz besonders gemocht zu haben. Grüne Zungen schoben sich ins himmelblaue Wasser, Schilfhalme wuchsen ins Bild, schwarzbraune Rohrkolben hingen schwer an ihren Enden, Bummskeulen oder Schmackeduzien, früher als Lampenputzer genutzt. «Kühe am Kolberg», «Abend in Kolberg». Backsteinrote Menschennester im Wiesengrün, von Weiden geschützt, die Zäune aus rohen Balken zusammengezimmert. Tiefer Friede.
    Gleich konnten Schüsse fallen. Wenn Joan am Durchdrehen war, wenn Schweriner die Nerven verlor. Die Dame an der Rezeption hatte mir gesagt, daß er bei ihr im Zimmer war. Während Woerzke in der Pathologie zersägt wurde, lagen sie in seinem Bett und waren dabei, sich einen abzurammeln. Leben war halt nichts als Seifenoper.
    Wieder einmal kam der kleine Fahrstuhl nach unten, und ich schlüpfte schnell hinter eine korinthische Säule.
    Diesmal war es Joan.
    Ich gab Friedhelm Rott das verabredete Zeichen. Er stieg aus dem Auto, kam über den Parkplatz, erreichte die automatische Tür.
    Herzrasen, Schweißausbruch, der Griff zur Waffe.
    Joan stand mit dem Rücken zur Tür und verhandelte mit der Dame an der Rezeption. Sie war ja jetzt die Eigentümerin, die Chefin hier.
    Friedhelm Rott trat in die Halle. Und er sah Woerzke wirklich zum Verwechseln ähnlich, hätte, so wie er sich auch in der Kleidung angeglichen hatte, grauer Flanell, buntes Tuch, ein Zwillingsbruder sein können.
    «Hello, Joan, I’m back from the beyond.» Sein Auftritt war mehr als gekonnt. «In German: nicht totzukriegen!»
    Joan fuhr herum, erstarrte und starrte ihn an.
    Jetzt mußte sie...
    ... zusammenbrechen
    ... losstammeln
    ...ein Geständnis ablegen
    ‹...ich bin Schuld an allem, ich habe es zugelassen, daß Wolfram dich aufgehängt hat... Verzeihe mir... Nicht schießen! Du lebst ja noch... Bitte... !›
    So oder so ähnlich hatte ich diese Szene vor Augen.
    Doch es sollte alles ganz anders kommen.
    Joan bekam geradezu einen Lachanfall, kreischte los und rief, so weit ich ihr Amerikanisch irgendwie verstehen konnte, daß dieses ein herrlicher Einfall dieses irren Polizisten sei, Wahnsinn, so richtig schön makaber, sie müsse gleich mal Wolfram holen. Damit lief sie die Treppe hinauf.
    Friedhelm Rott zeigte mir einen Vogel, lief zu seinem Wagen hinaus und stieg ein, um nach Berlin zurückzufahren.
    Mir blieb nichts, als mich auf die Toilette zu flüchten. Im Ohr nur Hohn und Spott.
    Jeder blamiert sich halt so gut er kann.
    Dümmer als

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