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Ungeduld des Herzens.

Ungeduld des Herzens.

Titel: Ungeduld des Herzens. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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hinausging, ein paar Kognak getrunken und draußen noch beim ... bei jenem Essen ziemlich reichlich ... Aber ...«
    Ich erwartete einen zornigen Anpfiff. Statt dessen ging sein Gesicht plötzlich aufleuchtend ins Breite. Er patschte in die Hände und lachte laut; dröhnend, selbstzufrieden.
    »Famos, famos, jetzt hab ich's! Damit kriegen wir den Karren aus dem Dreck. Klar wie Stiefelwichs! Ich erklärihnen halt allen, du warst b'soffen wie ein Schwein und hast nicht g'wußt, was d' redst. Ehrenwort hast doch keins 'geben?«
    »Nein, Herr Oberst.«
    »Dann ist doch alles tulli. Warst halt b'soffen, sag ich ihnen. Ist schon einmal vorgekommen, sogar bei einem Erzherzog! Warst stockb'soffen, hast nicht die lausigste Ahnung g'habt, was d' redst, hast gar nicht recht zug'hört und alles falsch verstanden, was sie g'fragt haben. Das ist doch logisch! Und dem Apotheker bind ich noch auf die Nasen, daß ich dich gründlich verknallt hab, weil du mit so einem Mordsrausch ins Kaffeehaus gestolpert bist. – So: Punkt eins war erledigt.«
    Die Erbitterung wuchs in mir, daß er mich so mißverstand. Mich ärgerte, daß dieser im Grunde gutmütige Hartschädel mir durchaus die Steigbügel hinhalten wollte; am Ende meinte er, ich hätte ihn aus Feigheit beim Ärmel gepackt, um mich herauszuretten. Zum Teufel, warum wollte er das Erbärmliche partout nicht begreifen! So riß ich mich zusammen.
    »Melde gehorsamst, Herr Oberst, für mich ist damit die Sache keineswegs aus der Welt geschafft. Ich weiß, was ich angestellt habe, und weiß, daß ich keinem anständigen Menschen mehr ins Gesicht schauen kann; als ein Lump will ich nicht weiterleben und ...«
    »Halt's Maul«, unterbrach er. »Oh pardon – laß einen doch ruhig nachdenken und schwätz mir nicht drein – ich weiß schon selber, was ich zu tun hab, und brauch von so einem Grünschnabel keine Belehrung. Glaubst, es geht einzig um dich? Nein, mein Lieber, das war nur das Erste, und jetzt kommt Punkt zwei und der heißt: morgen früh verschwindst, hier kann ich dich nicht brauchen. Über so eine Sach muß man Gras wachsen lassen, nicht einen Tag mehr darfst hierbleiben, sonst geht gleich das blöde G'frag und Geschwätz los, und das paßt mir nicht. Wer zumeinem Regiment g'hört, darf sich von keinem ausfragen und schief anschaun lassen. Das duld ich nicht ... Von morgen an bist transferiert zum Ersatzkader nach Czaslau ... ich schreib dir selber den Befehl und geb dir einen Brief an den Oberstleutnant mit: was drin steht, geht dich nix an. Du hast nur zu verduften, und was ich tu, ist meine Sach. Heut nacht machst dich fertig mit deinem Burschen, und morgen schiebst so zeitig ab aus der Kasern, daß d' keinen einzigen siehst von der ganzen Gesellschaft. Mittags beim Rapport wird einfach verlesen, daß du abkommandiert bist in dringlichem Auftrag, damit keiner was spannt. Wie du das andre nachher mit dem Alten ausmachst und mit dem Mädel, geht mich nix an. Deinen Dreck koch dir g'fälligst selber aus – mich kümmert's nur, daß kein G'stank und kein G'schwätz davon in die Kasernen kommt ... Also abgemacht – halb sechs hier oben morgen früh, fix und fertig, ich geb dir den Brief und dann vorwärts! Verstanden?«
    Ich zögerte. Nicht dazu war ich gekommen. Ich wollte doch nicht echappieren. Bubencic merkte meinen Widerstand und wiederholte fast drohend:
    »Verstanden?«
    »Zu Befehl, Herr Oberst«, antwortete ich militärisch und kühl. Innerlich sagte ich mir: »Laß den alten Narren reden, was er will. Ich tu doch, was ich tun muß.«
    »So – und jetzt Schluß. Morgen früh, halb sechs.«
    Ich stand stramm. Er kam auf mich zu.
    »Daß grad du solche blöden Sachen machst! Gern geb ich dich nicht ab zu denen nach Czaslau. Bist mir von die ganzen jungen Leut doch noch immer der liebste gewesen.«
    Ich spüre, er überlegt, ob er mir die Hand reichen soll. Sein Blick ist weicher geworden.
    »Brauchst vielleicht noch was? Wenn ich dir beispringen kann, genier dich nicht, ich tu's gern. Ich möcht nicht,daß die Leut glauben, du bist in Verschiß, oder so was. Brauchst nix?«
    »Nein, Herr Oberst, danke gehorsamst.«
    »Um so besser. Na, Gott befohlen. Morgen früh halb sechs.«
    »Zu Befehl, Herr Oberst.«
    Ich blicke ihn an, wie man einen Menschen zum letztenmal ansieht. Ich weiß, er ist der letzte Mensch, den ich gesprochen habe auf Erden. Morgen wird er der einzige sein, der die ganze Wahrheit weiß. Stramm klappe ich die Hacken zusammen, ziehe die Schultern hoch

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