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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Stock gestützt und erweckte den Eindruck, als bedauere er, dass das schon alles gewesen sein sollte.

    Seine abschließende Bemerkung erreichte nur mehr ihre beiden Rücken: »Sie werden umsonst klingeln! Da ist keiner zu Hause, weil der Martin vorhin weggefahren ist!«
    Mark hob beschwichtigend die Hand. In seinem Kopf hörte er das Knirschen seiner aufeinandergepressten Zähne. Das werden wir ja sehen, ob da keiner zu Hause ist, alter Mann!
    Auf dem Weg hinüber blieb Mark kurz an seinem Audi stehen, kramte im Kofferraum und nahm dann zwei Paar Latexhandschuhe aus dem Verbandskasten. Er wusste nicht genau, warum er das tat. Vielleicht war es die Intuition eines Fallanalytikers.
    Am Klingelschild stand »Mühlmann«. Irgendwie hatte Mark erwartet, dass der Typ »Eine« mit Nachnamen hieß, weil die Briefe mit »D. G. Eine« unterzeichnet gewesen waren. Sein Zeigefinger stach auf den Knopf nieder und drückte ihn ein. En fast unhörbares Summen drang heraus. Im Haus rührte sich nichts. Jo betrachtete die Rollläden. Das war eine Festung. »Was, wenn Lara da drin ist?« Sein Flüstern schien sich durch die Abendstille zu verstärken.
    »Schauen wir nach einem Hintereingang.« Mark warf einen Blick zurück zum Haus des alten Mannes. Der hatte die drei Stufen zu seinem Eingang erklommen und stand nun wieder in der halbgeöffneten Tür, lauernd wie eine Katze, die vor einem Mauseloch sitzt. »Und dann sehen wir weiter.«
    Mit festen Schritten gingen sie bis zur Ecke und bogen ab. Jetzt war dem Alten die Sicht versperrt. Mannshohe Fichten bildeten mit ihren verflochtenen Armen eine natürliche Barriere hinter dem Bretterzaun. Nach ungefähr fünfzig Metern fanden sie ein Tor. Mark hob den rechten Fuß und trat kräftig dagegen. Die Latten knirschten, dann sprang das Schloss auf, und das Tor schwang nach innen. »War leider kaputt.« Er zuckte die Schultern und betrat den gepflasterten Weg. Jo
folgte, nicht ohne sich zu fragen, ob das, was sich der Psychologe da erlaubt hatte, nicht mindestens Sachbeschädigung war und ob dies Konsequenzen für ihn haben würde.
    Zwischen den Bäumen war es still und finster. Vorsichtig näherten sich die beiden Männer der in der Dunkelheit heller schimmernden Terrasse. Mit strafenden Augen blickten schwarze Fensterscheiben auf die ungebetenen Besucher. Keine Jalousien.
    »Was nun?« Jo kratzte sich heftig im Nacken. Sie waren an der Terrassentür angekommen.
    »Wir öffnen die Tür und gehen rein.«
    »Ist das nicht Einbruch? Und wenn er eine Alarmanlage hat?«
    »Das werden wir ja sehen.« Marks Worte zischten durch die Dunkelheit wie scharfe Klingen. »Es geht um Lara! Mir ist im Moment egal…« Weiter kam er nicht. Handyklingeln ertönte. Ungestüm fuhren die Finger in die Hosentasche, rissen das Telefon heraus. Mark drückte einen Knopf und blaffte »Grünthal!« in den Hörer. Dann hörte er mit vorgeschobenem Unterkiefer zu, was der Anrufer zu sagen hatte, schüttelte dabei den Kopf und untersuchte gleichzeitig die Tür. Jo hatte beide Hände neben das Gesicht gelegt und drückte die Nase an die Fensterscheibe. Was er in der Schwärze erkennen konnte, sah aus wie ein gutbürgerliches Wohnzimmer. Er hörte, wie Mark im Telegrammstil die Ereignisse des zurückliegenden Abends schilderte, zwischendurch immer wieder unterbrochen von Entgegnungen des Anrufers. Der Ton wurde zunehmend schärfer, obwohl der Psychologe sich noch immer bemühte, leise zu sprechen.
    Erst als Mark Straße und Hausnummer des Gebäudes durchgab, bei dem sie sich gerade befanden, dämmerte es Jo, dass der Anrufer jemand von der Kripo, wahrscheinlich
Kommissar Stiller war. Marks »Ja, ja« klang nicht wirklich ernst gemeint. Dann legte er auf und sah Jo an. »Stiller.«
    »Das dachte ich mir.« Beide flüsterten sie jetzt wieder.
    »Hat er etwas herausgefunden?« Das Weiße in Jos Augen leuchtete in der Dunkelheit.
    »Der Mann wollte mich lediglich anrufen, um mir mitzuteilen, dass sie noch ›beraten‹.« Mark spuckte das letzte Wort verächtlich heraus. »Wahrscheinlicher aber ist, dass er mich ruhigstellen wollte. Der hat mir heute Nachmittag nicht ein Wort abgenommen! Dafür werde ich ihn noch zur Verantwortung ziehen! Und ich hoffe für ihn, dass er das, was ich ihm eben erklärt habe, ernst nimmt!« Mark war von Satz zu Satz lauter geworden. »Unfähiger Schwätzer! Wir sollen es nicht ›wagen, das Haus zu betreten‹!«
    »Wird er seine Leute herschicken?« Jo schluckte Magensäure

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