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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Kinn nach vorn, wie eine betagte Schildkröte, die ein Salatblatt wittert. Das Geräusch wiederholte sich nicht.
    Doctor Nex hielt die Luft an und lauschte in die Stille. Dann drehte er sich um, ließ die Hand über das Geländer gleiten und schlich lautlos die Stufen wieder hinunter.

34
    Scheiße! Mark unterdrückte den Fluch und zwang sich gleichzeitig, die Finger von dem umgefallenen Hocker zu lassen. Ihn aufzuheben und wieder neben die Tür zu stellen, hätte womöglich noch mehr Lärm verursacht. Er blickte stattdessen schnell auf seine Armbanduhr und dann zu Jo, der noch immer neben dem Fenster stand, nur kurz den Kopf gedreht hatte und nun wieder hinausspähte. »Wenn der Typ das gehört hat, können wir den Rest vergessen.« Das Flüstern des Fotografen hallte in Marks Kopf wider. Das weiß ich selbst. Zorn brodelte wie rotglühende Lava. Während mögliche Szenarien in seinem Kopf miteinander um Aufmerksamkeit wetteiferten, presste Mark das Ohr wieder an die Tür und versuchte, Geräusche aus dem Treppenhaus aufzufangen.
    Dabei hatte es sich so hoffnungsvoll angelassen. Der Mann im biederen Anzug, den Jo vorhin draußen auf dem Gehweg erspäht hatte, war ihnen irgendwie eigentümlich vorgekommen. Sein ganzes Gebaren hatte etwas Verstohlenes gehabt, obwohl er anscheinend zielstrebig voranschritt. Als er an ihrem Eingang vorbeimarschierte, war Jo ein Seufzer entwichen, doch dann hatte der Mann haltgemacht und war zurückgekommen.
    Sie beide hatten die Luft angehalten, bis der Anzugtyp im toten Winkel vor dem Redaktionsgebäude verschwunden und nicht wieder aufgetaucht war. Hastig hatte Mark sich vor der Eingangstür zu den Redaktionsräumen postiert, um zu lauschen, während Jo die Straße beobachtete.
    Und dann war er bei dem Versuch, noch dichter an die Tür heranzurücken, mit der Fußspitze an diesem verfluchten
Hockerbein hängen geblieben und hatte damit womöglich den Täter verschreckt.
    »Da ist er!« Jos Schrei ließ Mark zusammenfahren. »Schnell, schnell!«
    Er hastete zum Fenster, und gemeinsam sahen sie, wie der Mann im dunklen Anzug zügig in Richtung Parkhaus ging.
    »Hinterher!« Jo griff im Rennen nach seinem Handy und nestelte die Schlüssel aus der Hosentasche. Dann spurteten sie die Treppen hinunter.
    »Was, wenn das gar nicht unser Mann war?« Jo sprang zwei Stufen auf einmal hinunter.
    »Wir haben keine Alternative.« Mark hetzte die Worte im Takt seiner Schritte heraus. »Der Typ ist vorhin im toten Winkel verschwunden, aber nicht wieder aufgetaucht, also muss er ins Haus gegangen sein.«
    »Jep.« Jo war unten angekommen und griff nach der Klinke. »Nicht abgeschlossen!« Mehr musste er nicht sagen. Jo hatte Christin vorhin nach unten gebracht und eigenhändig die Tür zugeschlossen. Wenn sie jetzt offen war, konnte dies nur bedeuten, dass jemand einen Schlüssel gehabt haben musste, diesen aber auf dem Rückweg in der Eile nicht benutzt hatte. Und es hatte nur einen »Jemand« in der fraglichen letzten Viertelstunde gegeben.
    Mark im Schlepptau, stolperte Jo auf den Gehweg hinaus.
    »Wir nehmen mein Auto! Schnell! Der ist Richtung Parkhaus gelaufen!« Mark drückte auf die Fernbedienung. Die Blinkleuchten flammten kurz auf. Fast synchron öffneten sie die Türen und hechteten auf die Sitze. Noch ehe Jo die Beifahrertür richtig geschlossen hatte, fuhr Mark schon los. Fünfzig Meter vor der Ausfahrt des Parkhauses bremste er und hielt. Finger trommelten einen Wirbel auf das Lenkrad und krallten sich dann um das genarbte Leder.

    »Ist er schon weg?« Jo nagte an der Seite seines Daumens.
    »Das glaube ich nicht. Wir hätten ihn sehen müssen. Und so langsam waren auch wir nicht. Außerdem muss er erst das Ticket am Automaten bezahlen, sonst kommt er nicht raus.«
    En in der Abenddämmerung froschgrün schimmernder Mazda rollte auf die Schranke zu, und Jo beugte sich nach vorn. Mark hatte schon die Rechte an der Handbremse, als er feststellte, dass hinter dem Steuer eine Frau saß.
    »Wir wissen gar nicht, was der Typ für ein Auto fährt.« Jo klang zunehmend kurzatmig.
    »Wir werden ihn erkennen, wenn er angefahren kommt.«
    En großer silbergrauer Ford näherte sich der Ausfahrt. Wieder beugte Jo sich nach vorn. Mark spürte, wie sein Herz einen Salto vollführte, während Jo flüsterte: »Das ist er. Verdammt , das ist er!« En Arm in dunkelgrauem Zwirn reckte sich aus dem Fahrerfenster und schob das Ticket in den Schlitz. Die Schranke glitt nach oben, der Ford rollte auf die

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