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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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hinunter.
    »Könnte sein. Ich bin mir nicht sicher.«
    »Wie lange kann das dauern?«
    »Stunden?« Mark hatte sich unterdessen gebückt, einen großen Stein von der Einfassung genommen und seinen Ärmel darübergezogen.
    Dann schlug er die Terrassentür ein.
     
    »Dumm, dass die meisten Menschen Sicherheitsglas aus Kostengründen ablehnen.« Mark streifte die Latexhandschuhe über, langte an den Splittern vorbei zum Riegel und öffnete die Tür jetzt mit einer schnellen Handbewegung. »Der war sich ja ziemlich sicher, dass hier niemand einbrechen wird. Kommen Sie! Wir haben nicht viel Zeit! Und ziehen Sie Handschuhe an. Hier!« Er hielt dem Fotografen das zweite Paar hin.
    Jo, der noch immer wie festgenagelt auf der Terrasse gestanden
und auf das Schrillen einer Alarmanlage gewartet hatte, setzte sich nur langsam in Bewegung. »Es ist nichts zu hören.«
    »Es könnte auch ein stilles Signal sein, das eine private Wachschutzfirma alarmiert. Was ich allerdings nicht glaube. Der Kerl hat Dreck am Stecken, da lässt man keine Wachfirma in sein Haus, auch nicht zur Sicherheitsanalyse.« Mark war mit dem Schienbein an einen niedrigen Couchtisch gestoßen und fluchte unterdrückt. »Aber das ist auch egal. Stiller ist schließlich informiert.« Dass der Kommissar ihnen befohlen hatte, vor dem Haus zu warten, erwähnte er nicht noch einmal. Es würde so oder so Ärger geben.
    »Womöglich ruft auch der Opa von gegenüber die Polizei.« Jo tastete sich mit ausgestreckten Armen voran. Seine Augen gewöhnten sich nur langsam an die Dunkelheit.
    »Von mir aus. Irgendjemand hat das Klirren eben mit Sicherheit gehört. Und bald taucht Stiller mit seiner Mannschaft auf. Also beeilen wir uns!« Mark hatte endlich den Lichtschalter gefunden. Das grelle Leuchten blendete die beiden Männer für einen Moment.
    »Suchen wir das Haus ab! Sie fangen oben an –«, Mark zeigte auf die Treppe ins obere Stockwerk, »ich unten. Wenn Sie etwas finden, rufen Sie, ich mache es auch so.«
    Jo nickte und rannte dann fast zur Treppe. Keiner von beiden sprach aus, was oder besser wen sie suchten. Es war auch so klar.
    Mark musterte das Hakenbrett im Flur und griff sich dann einfach alle Schlüssel, die dort hingen. In seinem Kopf pulste es. Von oben drang das Getrappel eiliger Schritte herunter. Sie waren jetzt exakt vier Minuten im Haus. Er hatte ausgerechnet, dass ihnen, wenn die Polizei schnell war, eine halbe Stunde bleiben würde; länger, wenn Stiller sich tatsächlich
erst »beriet«. Die Tür zur Kellertreppe war unverschlossen. Mark klemmte einen Schuh dazwischen und stieg hinab.
    Von der Ziegelwand wehte ein Geruch von Salpeter, vermischt mit einem Hauch Schimmel, herüber. »Lara!« Die zwei Silben tönten durch das Gewölbe, brachen sich an den Wänden, hallten zurück. »Bist du hier unten? Antworte mir, wenn du kannst!« Mark hielt die Luft an und lauschte. Nichts. Dann scharrten kleine Füßchen. Er rief noch einmal Laras Namen. Seine Stimme klang hoch und durchdringend, aber außer dem Echo war kein einziger Laut zu hören. Auch das Trippeln hatte aufgehört.
    Schnell durchschritt er den Raum. Zwei Durchgänge. Mark ging nach links in die Schwärze und bedauerte es, keine Taschenlampe dabeizuhaben. Die Handfläche scharrte über eine unebene grobkörnige Wand, feine Fädchen hefteten sich an das Latex, bis die Fingerspitzen auf den Kippschalter trafen. En Klicken und gelbes Licht erhellte die Mitte des Raumes. Eine Lampe mit Blechrand pendelte leicht hin und her, so als sei eben noch jemand hier gewesen und habe sie in Schwingungen versetzt.
    An der Rückwand standen Regale mit Konserven. Mark warf einen flüchtigen Blick auf die staubigen Gläser in den Metallgestellen und verließ den Raum wieder. Das Licht ließ er an.
    Auch im rechten Durchgang lauerte undurchdringliche Finsternis. Auch hier befand sich der Lichtschalter in Brusthöhe an der rechten Innenwand. Klick.
    Trübes Licht beschien eine weitere Tür. Sie war aus massiver Eiche. Zwei eiserne Riegel lagen quer über den Bohlen, an ihren Enden mit einer mächtigen Panzerkette, die durch ein großes Vorhängeschloss gesichert war, mehrfach verzurrt. Mark hörte sich selbst keuchen und öffnete den Mund, um
nach dem Fotografen zu rufen, aber es kam kein einziger Ton heraus. Er räusperte sich und versuchte es noch einmal. Mehr als ein kraftloses Krächzen wurde es nicht, aber Jo schien den Ruf trotzdem gehört zu haben, denn von oben näherten sich schnelle Schritte.

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