Ungestüm Wie Wind Und Meer
sie es wissen, wenn er das Eingeständnis nicht über die Lippen brachte? Konnte sie ihn zwingen, es einzugestehen?
Das war eine Herausforderung.
Kits Brauen schossen hoch. Vielleicht sollte sie so an diese Ehe herangehen - sie als Herausforderung betrachten. Sie konnte sie annehmen und zu dem machen, was sie sich wünschte. Und bevor sie damit fertig war, würde sie von Jack hören, dass er sie Bebte.
Die sanfte Brise war kühl geworden und brachte den Duft der Rosen mit. Kit betrachtete die vollen Blüten, die im Dämmerlicht versanken. Es war beinahe Dinnerzeit - Zeit zu gehen und sich ihrer Zukunft zu stellen.
»Das hätte ich mir denken können.«
Erschrocken fuhr Kit herum. Jack lehnte unter der Tür zum Pavillon, die Schultern an den Rahmen gestützt. Da er das schwindende licht im Rücken hatte, konnte sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen.
»Elmina sagt, du solltest laut Thrushbornes Anordnungen im Haus bleiben.«
Ihrem natürlichen Instinkt folgend, hätte Kit antworten müssen, dass ihr niemand etwas zu befehlen hatte. Doch Jacks Tonfall war nicht aggressiv - war vielmehr nahezu zögerlich, als wüsste er nicht wie sie reagieren würde. Kit setzte eine nichtssagende Miene auf, während sie rasch überlegte, was sie tun konnte. Wenn sie mit diesem Mann den Rest ihres Lebens verbringen sollte, tat sie gut daran, sich jetzt schon mal ein wenig in Takt zu üben. Nach Lady Greshams Worten erreichte man in häuslichen Angelegenheiten sehr viel mit einem Fünkchen dieser Eigenschaft.
»Ich war mit meinen Gedanken weit weg«, sagte sie und bemerkte, wie sein Kinn kantig wurde unter der Anstrengung, sich die Frage nach der Richtung ihrer Gedanken zu verbeißen. Kit senkte den Kopf, damit er ihr Lächeln nicht sah. »Es ist kühl. geworden. Ich wollte gerade ins Haus gehen.«
Sie schickte sich an aufzustehen, und unverzüglich war er an ihrer Seite. Kit überließ ihm gern ihre Hand. Sie wehrte sich auch nicht, als sein anderer Arm sich stützend um ihre Taille legte. Es war, so stellte sie fest ganz hübsch, wie ein zerbrechliches Porzellanfigürchen behandelt zu werden - zumindest von Jack. Als sie durch den dämmerigen Garten schlenderten, mischte sich der Duft von Sandelholz mit dem der Blumen. Das hätte ihr doch auffallen müssen! Auch Captain Jack roch immer leicht nach Sandelholz, aber es war das Parfüm eines reichen Mannes.
Die Wärme des kräftigen Körpers so nahe an ihrem war tröstlich und erregend. Trotz ihres geschwächten Zustands empfand sie sehr wohl seine Ausstrahlung, die ihren Puls rasen ließ. Sie spürte, wie sein immer noch besorgter Blick in ihrem Gesicht forschte. Sein Arm umschlang sie fester, kaum merklich. Kit wusste, dass er sie, wenn sie jetzt aufblickte, an sich reißen und sie küssen würde. So hielt sie den Blick gesenkt Sie war noch nicht bereit. Wenn er sie küsste, verlor sie den Verstand. Sie wurde sein, und er konnte mit ihr verfahren, wie er wollte. Sie aber brauchte Zeit um sich anden Gedanken zu gewöhnen, dass genau das in drei Wochen zum Dauerzustand für sie wurde.
Als sie an Jacks Arm die Stufen empor schritt, fragte sich Kit, ob sie stark genug wäre, Lady Hendon zu sein - und gleichzeitig sie selbst zu bleiben.
Vierundzwanzigstes Kapitel
Die Vermählung Jonathon Lord Hendons mit Miss Kathryn Cranmer war der Höhepunkt des Jahres in diesem Teil Norfolks. Frauenwaren meilenweitgereist, um den Hof der kleinen Kirche in Docking zu. bevölkern, die die Cranmers und Hendons schon seit Jahrhunderten besuchten. Mädchen aus den umstehenden Häusern rieben sich die Ellbogen mit Bauersfrauen und drängelten um einen guten Ausguck. Alle waren sich einig, dass es nie einen schöneren Bräutigam gegeben hatte wie Lord Hendon in seinem flaschengrünen Rock und den elfenbeinfarbenen Hosen, das braune Haar mit einem schwarzen Band zurückgebunden und in der Sonne glänzend. Er traf erfreulich frühzeitig ein und verschwand, begleitet von seinem Freund, Mr. George Smeaton von Smeaton Hall, in der Kirche.
Die darauf folgende Durststrecke wurde zu aller Befriedigung mit reichlich Klatsch ausgefüllt. Gesprächsstoff lieferte der Bräutigam mit seiner militärischen Karriere wie auch mit seinem natürlichen Erbe als Hendon. Was man allerdings von Miss Kathryn wusste, stammte noch aus Schulzeiten. Diese Geschichten waren wild genug, um das Klatschbedürfnis zu befriedigen, doch alle kamen überein, dass die Dame inzwischen von derartig skandalösen Umtrieben
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