Ungezaehmte Begierde
hatte doch eine Verbindung zwischen ihnen hergestellt. Als er in ihre Augen sah, konnte er den feinen Faden zwischen ihnen, der die Wärme in seinem Kopf bewirkte, förmlich sehen.
Er war außer sich. Jedes Mal, wenn er versuchte sie unter seine Kontrolle zu bringen, lief etwas anderes schief. Er schwang sich aus dem Bett, schritt auf die Wand zu und konnte sich kaum beherrschen, die Faust in die Rigipswand zu donnern. Jetzt musste er nicht nur die Kontrolle über ihr Bewusstsein erlangen, sondern auch noch diese äußerst unpraktische Verbindung lösen.
Er drehte sich herum und stellte fest, dass sie gerade aufstand.
Warum hatte er ihren Geist denn nicht im Griff? Sie war auf Kommando eingeschlafen und wieder aufgewacht. Es sei denn, allerdings …
»Leg dich hin!«, bellte er. Sie gehorchte. Augenblicklich. »Setz dich auf.« Wie von einem unsichtbaren Faden gezogen schnellte sie nach oben.
»Hör auf!«, schrie sie. »Wie machst du das?«
Er schien zwar die Kontrolle über ihren Körper zu besitzen, aber nicht über ihren Geist. Wie zum Teufel war denn das passiert? Und wozu sollte es gut sein? Er musste dafür sorgen, dass sie sich nicht an ihn erinnern konnte!
»Leg dich hin.«
Mit weit aufgerissenem Mund und Panik im Blick fiel sie zurück, versuchte sich zu wehren, konnte aber nichts tun, da er ihr befohlen hatte, sich hinzulegen.
»Was hast du mit mir gemacht?«
Er lächelte bitter. »Es sieht so aus, als hätte ich dich unter Kontrolle, Agentin Randall. Allerdings nicht auf die Art, wie ich es ursprünglich vorhatte. Verdammt!«
Er erkannte in ihren Augen, dass sie gerade begriff, wie angreifbar sie war. Er schmeckte die pure, eiskalte Angst auf seiner Zunge und fühlte sich in eine andere Zeit zurückversetzt. Im Geist sah er Gretchen vor sich, sein geliebtes Gretchen, mit vor Schreck geweiteten Augen.
Sie hätte es wissen müssen. Sie hätte es wissen müssen.
Der verhasste Geschmack auf seiner Zunge entfachte erneut Wut in ihm und entriss ihn seiner Kontrolle. Als seine Krallen hervorschossen, spürte er ein Brennen in den Fingerspitzen – und dann ein Ziehen in den Reißzähnen, die in die Länge wuchsen.
Nicht jetzt. Nicht jetzt!
Er sehnte sich danach, ihr wehzutun, sie für ihre Angst zu bestrafen. Für ihren Täuschungsversuch. Sie hatte ihn zerstört. Ihm alles genommen, alles, was ihm jemals etwas bedeutet hatte.
Für eine Sekunde kam er wieder zur Vernunft. Er starrte Delaney an, nicht Gretchen. Delaney.
Verzweifelt versuchte er die Kontrolle zurückzugewinnen. Aber es war zu spät. Zu spät.
»Schließ die Augen und bleib hier!« Er drehte sich herum und entfernte sich von ihr, während er in einen Zustand geriet, in dem er von Wut und Gewalt beherrscht wurde, weder Mann noch Tier war, aber gewiss alles andere als menschlich. Als er die Truhe gegen die Wand schleuderte und der Spiegel zerbrach, war er vollends zum Spielball seiner Gefühle geworden.
*
Delaney lag stocksteif auf dem Bett, war nicht einmal in der Lage, die Augen zu öffnen, und hörte das Geräusch von splitterndem Glas. Sie konnte sich nicht rühren.
Das alles passiert doch nicht wirklich. Das ist alles nicht wahr!
Möbelstücke krachten aufeinander, Holz und Glas splitterten. Das war die Gelegenheit, sich in Sicherheit bringen.
Sie versuchte sich aufzusetzen, indem sie die Ellbogen in die Matratze stieß und sich mit aller Kraft nach oben drückte, aber es war ganz so, als würde sie von einer unsichtbaren Hand nach unten gedrückt werden.
Ihr Mund war trocken. Guter Gott, sie musste hier ganz schnell weg.
Was hat er mit mir gemacht?
Er musste ihr eine Art Droge verabreicht haben, irgendetwas, mit dem er ihr Bewusstsein kontrollieren konnte. Er hatte sie bereits zweimal bewusstlos gemacht. Und kurz bevor er sie zum zweiten Mal in den Schlaf versetzte, hatte sie das seltsame Bedürfnis verspürt, ihm zu vertrauen. Bewusstseinskontrolle . Auf einmal wusste sie ganz genau, dass er kein Nullachtfünfzehn-Psychopath war. Hier war mehr im Spiel. Deutlich mehr.
Aber warum sollte er mit einer FBI-Agentin herumexperimentieren? Es sei denn …
Die Antwort lag auf der Hand und erschütterte sie bis ins Mark. Sie bekam Informationen, hatte Zugang zu Orten und Leuten, an die die meisten niemals herankamen. Er konnte sie zur ultimativen Terroristenwaffe machen. Bis ihre Kollegen sie schließlich umbrachten. Dann würde er einfach den nächsten entführen.
Verzweifelt dachte sie an die Folgen. An die Menschen, die
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