Ungezaehmte Begierde
dabei draufgehen würden. Dass er sie zwingen würde zu töten.
Ich muss hier weg .
Wenn sie es schaffte zu fliehen, solange sich in ihrem Blut Reste der Droge fanden, konnte man im Labor vielleicht herausfinden, worum es sich handelte. Vielleicht konnte man sogar ein Gegenmittel herstellen. Oder das Mittel zumindest selbst herstellen.
Dazu müsste sie allerdings weglaufen. Und sie konnte sich noch nicht einmal rühren!
Er hatte die Kontrolle verloren. Vollkommen. Das hatte sie schon bemerkt, bevor er sich in Olaf den Berserker verwandelt hatte. Sie hatte es so gefühlt, als wäre der in ihm wütende Sturm von außen sichtbar gewesen.
Hatte er selbst mit der Droge herumexperimentiert? War das ihr Schicksal?
Auf einmal waren neue Geräusche zu hören. »Tighe!«, schrie ein Mann, während sie von starken Armen hochgehoben wurde.
»Wir bringen sie besser hier weg«, sagte eine tiefe männliche Stimme.
»Ganz Ihrer Meinung«, antwortete Delaney.
Der Mann trug sie aus der Gefahrenzone und legte sie in einem anderen Zimmer auf etwas, das sich wie ein Sofa anfühlte. »Sind Sie verletzt?«
»Nein. Aber bevor er durchgedreht ist, hat er irgendetwas mit mir gemacht. Ich kann mich nicht bewegen. Ich kann noch nicht einmal die Augen öffnen.«
»Interessant. Bleiben Sie hier.«
»Das sagen sie alle«, murmelte Delaney, dann lag sie da und lauschte den Kampfgeräuschen, die ihr ausgesprochen seltsam vorkamen. Dumpfe Schläge, Zischen, Fauchen. Als hätten sich die Kämpfenden in Tiere oder Ähnliches verwandelt. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder darüber erschrocken sein sollte, dass es noch mehr von der Sorte gab.
»Lass mich los.« Tighes tiefes Knurren drang zu ihr hinüber. »Wo ist die Frau?«
»Auf dem Sofa.«
Delaney blinzelte. Sie erstarrte, als sie die Augen aufschlug. Offenbar konnte sie sie wieder öffnen. Halleluja! Sie versuchte sich aufzusetzen und sah sich dabei in dem kleinen Wohnzimmer um. Sie stöhnte und kämpfte mit der unsichtbaren Hand, schaffte es jedoch, sich auf die Ellbogen aufzustützen. Während sie vor Anstrengung nach Luft rang, triumphierte sie innerlich.
Die Wirkung der Droge ließ nach.
»Schläft sie? Ist sie tot?« Tighes Stimme drang aus dem Schlafzimmer zu ihr hinüber.
»Soweit ich das beurteilen kann, ist sie unverletzt geblieben, aber sie kann sich nicht bewegen. Was hast du mit ihr gemacht?«
»Ich habe die Kontrolle über ihren Körper erlangt, aber nicht über ihren Geist.«
»Vernichte sie«, schaltete sich eine dritte Stimme ein. Sie klang hart und unerbittlich. Es war nicht die Stimme des Mannes, der sie in Sicherheit gebracht hatte. Und sie gehörte auch nicht zu einer Person, der sie gern ohne ihre Glock begegnen würde.
Sie versuchte noch einmal sich aufzusetzen – und wie durch ein Wunder war sie plötzlich wieder frei. Die Droge wirkte nicht mehr!
»Niemand tut ihr etwas an.« Das war Tighe. Ja, Tighe . »Geht. Ich kümmere mich um sie.«
»Nein«, murmelte Delaney leise, während sie vom Sofa aufstand und zur Tür schlich. »Ich gehe jetzt. Ich kümmere mich um sie.«
»Wir bleiben«, verkündete der Mann, der sie aus dem Zimmer geschafft hatte.
»Nein.« Tighes Stimme war ganz in der Nähe. Er befand sich nicht mehr im Schlafzimmer. »Verdammt!«
Er hatte sie entdeckt.
Ihr Puls raste und das Blut rauschte in ihren Ohren, als Delaney zur Tür stürzte. Sie umfasste den Türknauf, drehte ihn und riss heftig daran, doch die Tür öffnete sich nur einen Spaltbreit und wurde sogleich wieder zugeschlagen. Tighes beeindruckende Gestalt stand hinter ihr.
Sie versuchte sich umzudrehen, aber er presste sie mit dem Gesicht gegen die Tür, wobei sie ihn an ihrem Ohr schwer atmen hörte.
»Hab keine Angst vor mir.«
»Lass mich los, Tighe . Bitte!«
»Das kann ich nicht.« Er rückte ein kleines Stück von ihr ab, nicht so weit, dass sie sich umdrehen konnte, aber immerhin so, dass er nicht mehr mit seinem gesamten Gewicht auf ihr lastete. »Ich werde dir nicht wehtun.«
»Von wegen!«
Er nahm ihre Schultern und drehte sie herum. Mit grimmiger Miene starrte er sie durch seine dunklen Brillengläser hindurch an. »Wo? Wo habe ich dir wehgetan?«
Trotz der Dunkelheit konnte sie Tighe gut sehen, der Anblick ließ sie aufstöhnen. Er sah fürchterlich aus. Du liebe Güte! Sein Gesicht und sein Körper waren blutverschmiert, sein Hemd hing in Fetzen herunter. Dennoch konnte sie keine Verletzungen erkennen. Keine offenen Wunden. Noch nicht einmal
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