Ungezaehmte Begierde
nannte man so was.
Jetzt war es so gut wie unmöglich, ihn zu finden. Wenn Foxx’ Intuition nicht langsam in die Gänge kam, war Vhyper vermutlich tatsächlich verloren.
12
Lyon streckte Tighe den Arm entgegen. »Du siehst schon besser aus.«
Tighe lächelte. »Ich lebe.« Hawke und Kougar hatten ihn zu Esmeria gebracht, einer Heilerin in der Enklave in Georgetown. Sie hatte die Kugeln entfernt und seine Verletzungen geheilt. Dann hatten sie ihn zurück ins Haus der Krieger gebracht, wo Kara ihn den ganzen Tag über immer wieder mit Strahlung versorgt und damit geheilt und gestärkt hatte, bis er sich fast wieder normal fühlte.
Normal stellte allerdings bloß eine Illusion dar.
Sein Klon lebte noch. Und solange sein Klon lebte und seine Seele gespalten war, solange konnte niemals etwas normal sein.
Verdammt, er wusste nicht, ob jemals wieder etwas so wie früher sein würde, selbst wenn er seine Seele zurückerhielt. Denn dafür müsste er Delaney Randall aus seinem Kopf entfernen.
Seit er durch die Pflege der Heilerin das Bewusstsein wiedererlangt hatte, hatte er an sie gedacht und sich um sie gesorgt. Was wäre, wenn sie wieder eine ihrer Visionen bekam und er nicht da war, um den Schmerz zu lindern? Sie würde mit Sicherheit von einer weiteren Vision heimgesucht, es sei denn, sein Klon wäre wie durch ein Wunder irgendwie von allein gestorben, was wohl kaum der Fall war. Die anderen Krieger hatten ihm erzählt, wie es gewesen war, als man ihre Klone zerstört hatte. Sie hatten einen plötzlichen Ruck gespürt, eine plötzliche innere Leichtigkeit. Tighe fühlte aber keine Leichtigkeit, er spürte nichts als Anspannung, Verzweiflung und Sorge.
Um Delaney.
Lyon klopfte ihm auf die Schulter. »Komm. Wir versammeln uns im Kriegszimmer.«
Tighe folgte Lyon zu dem holzvertäfelten Raum auf der Rückseite des Hauses. In der Mitte stand ein großer, ovaler Konferenztisch. An die Wände hatte Hawke vier große Computerbildschirme montiert. Als die Krieger eintraten, waren die Monitore dunkel und die Stühle leer.
Paenther begrüßte ihn und hielt dabei lange mit festem Griff seinen Arm. »Ich bin froh, dass du es geschafft hast.«
»Ja, danke. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mir wünschte, dieser verdammte Klon hätte es auf eine therianische Enklave abgesehen, anstatt mich in die Menschenwelt zu verstricken.« Dann wäre er allerdings niemals Delaney begegnet. Was gut gewesen wäre. Ohne Zweifel gut.
»Deine Augen«, murmelte Paenther.
»Die Streifen?«, ergänzte Tighe Paenthers Frage. »Keine Ahnung, was das bedeutet.«
»Fangen wir an.« Lyon nahm am Kopfende des Tisches Platz und bedeutete den anderen, ebenfalls ihre Stühle einzunehmen. Bis auf Tighe und Paenther setzten sich alle. Tighe war zu angespannt und schlich wie ein Tier im Käfig auf und ab.
Paenther blieb mit geradem Rücken und verschränkten Armen an der Tür stehen und strahlte eine ähnliche Anspannung wie Tighe aus. Das hatte er seiner Wut zu verdanken, die den schwarzhaarigen Krieger schon seit Jahrhunderten quälte.
Seitdem er mit seiner eigenen unnatürlichen Anspannung zu kämpfen hatte, war Tighes Respekt für seinen Freund um einiges gewachsen. Tighe fragte sich, wie es ihm bloß gelang, nicht den Verstand zu verlieren.
Lyon wandte sich an Paenther. »Berichte, B.P.«
Paenther hob mit finsterer Miene an. »Ich kann aber leider nichts Gutes berichten. Wir waren überall, wo Vhyper sich aufhalten könnte, wäre er noch er selbst, aber nirgendwo haben wir ein Zeichen von ihm gefunden. Das ist ja auch nicht weiter überraschend. Überall in den Nachrichten ist Tighes Gesicht zu sehen. Heute Nachmittag hat uns ein Barmann als seine Freunde identifiziert und uns die Cops auf den Hals gehetzt.« Er schüttelte den Kopf. »In Bars ist er nicht, Leu.«
Lyon nickte. »Was glaubst du denn, wo er sein könnte?«
»Bei den Magiern.« Paenther deutete mit dem Kopf auf Foxx. »Wir haben es von Anfang an befürchtetet, aber letzte Nacht hat der Instinkt des Jungen es bestätigt. Wir sind zu der Hochburg der Magier an der Ostküste gefahren und wollten uns dort ein bisschen umsehen, aber sie ist nicht mehr da, Leu. Das Haus steht zwar noch, aber es sieht aus, als wären die Magier bereits seit Monaten weg.«
»Ich dachte, das Gelände würde von Therianern überwacht werden«, wunderte sich Hawke.
»Zwei Therianer hatten sich tatsächlich in dem nahe gelegenen Wald versteckt. Sie haben Stein und Bein geschworen, dass
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