Ungezaehmte Begierde
»Ist das unangenehm?«
»Ein bisschen.«
»Halt durch, Liebes.« Vielleicht war es nicht so schlimm, wie es aussah. Vielleicht, wenn er …
Er zog im Geiste an einem der Fäden.
Delaney keuchte.
»Hat das wehgetan?«
»Ja.«
Verdammt. Er drang Stück für Stück weiter in die Tiefe vor und spürte, wie sie sich immer mehr versteifte. Wenn er doch nur die Quelle finden könnte.
Noch einmal zog er ganz leicht an einem Faden. Delaney schrie auf und er ließ los. Verdammt. Es war ganz hoffnungslos. Er konnte sie nicht befreien, ohne ihr zu schaden. Es gab nichts, das er für sie beide tun konnte, außer diesen Mistkerl von einem Klon umzubringen.
Tief in seinem eigenen Geist hob der Tiger den Kopf, gab ein leises, zufriedenes Brüllen von sich, sprang auf die Pfoten und spähte in die helle Öffnung von Delaneys Geist.
Tighe sah, was vor sich ging. Sein Geist griff zu, und so hatte er keine Möglichkeit, es zu verhindern.
Der Tiger, der bereits von ihr fasziniert war, sprang durch die Öffnung und wollte sie für sich beanspruchen.
Delaney schrie.
Tighe zerrte den Tiger zurück, aber es war schon zu spät.
Delaney wich zurück, ihr Puls raste, ihre Augen waren angsterfüllt … und wie immer löste dieser Blick die alte Wut in ihm aus, den Zorn über Gretchens Betrug.
Diese Wut war aber zu viel für seine schwache Kontrolle. Er versuchte, nicht in den wilden Zustand zu geraten, dem er dann womöglich nie mehr entkam. Aber es war schon zu spät.
Hals über Kopf stürzte sein Geist in das Chaos und schleuderte ihn kopfüber in den schwarzen Abgrund.
17
Delaney erstarrte vor Schreck, als die beängstigende Vision in ihrem Kopf von einer noch viel schrecklicheren direkt vor ihren Augen verdrängt wurde. Als Tighe sie losließ, schossen Krallen aus seinen Fingerspitzen und aus seinem Zahnfleisch wuchsen Reißzähne.
Sie taumelte rücklings und krachte gegen die Wand, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.
»Tighe!«
Während sie ihn anstarrte, leuchteten auf einmal bunte Lichter unter seiner Haut. Und plötzlich war er weg.
Ein Tiger … ein Tiger …
Das … ist … nicht … wahr!
Sie starrte nicht auf einen riesigen Tiger. Das Tier, das in ihrem Kopf auf sie zugesprungen war!
In ihren Adern gefror das Blut. In ihrem Kopf drehte sich plötzlich alles. Das konnte doch nicht wahr sein . Das passierte nicht wirklich .
Sie war verrückt. Verrückt .
Der Tiger drehte sich zu ihr um und starrte sie mit demselben hungrigen Blick an wie jener gerade eben in ihrem Kopf. Er kam auf sie zu. Panik ergriff sie.
Mit einem erstickten Schrei drehte sie sich herum und stürzte auf die Tür zu, bevor er sie angreifen konnte. Bevor er versuchte, ihr alle Glieder einzeln auszureißen.
Während sie nach der Tür griff, blickte sie sich um und sah, dass der Tiger wieder unter bunten Lichtern verschwand und das Wesen zurückkehrte, das weder Mann noch Tier war, sondern irgendetwas Schreckliches dazwischen.
Wieder versuchte sie zu schreien, griff wie eine Besessene nach der Tür und wollte fliehen. Aber zu spät . Scharfe Messer bohrten sich in ihre Schultern. Vor Schmerz und Angst schrie sie auf, denn sie wusste, dass sie gleich von einem Tiger verschlungen werden würde.
Das Wesen riss die Messer aus ihr heraus und wirbelte sie herum. Von seinen Klauen troff Blut. Es war ihr Blut. Es packte ihre Schultern und schlug ein zweites Mal seine Krallen in sie hinein.
Heißer Schmerz durchfuhr sie und ließ sie den Kopf zurückwerfen. Sie war unfähig sich zu rühren. Unfähig zu atmen. Blut lief ihre Brust und ihren Rücken herab und tropfte auf ihre Arme.
»Hab keine Angst vor mir!«,stieß das Wesen zwischen seinen grauenhaften Zähnen hervor.
Es war Tighes Stimme. »Tighe«, rief sie unter großen Schmerzen, während ihr langsam schwarz vor Augen wurde.
Hinter ihr riss jemand die Tür auf und stieß sie damit gegen die Kreatur. Gegen Tighe. Nein, es war nicht Tighe .
Er umklammerte sie noch fester. Sie schrie.
Zwei große Männer kamen in den Raum gerannt. Durch einen Schleier von Blut und Schmerz sah sie, wie sie Tighe von ihr fortrissen und sich auf ihn stürzten. Sie warfen ihn auf den Boden und zerrten mit ihren Reißzähnen und Klauen an ihm herum.
Das geschah nicht wirklich. Nicht wirklich!
Tighe erhielt einen heftigen Schlag ins Gesicht. Die Haut hing ihm in blutigen Fetzen von den Knochen.
Sie würden ihn umbringen.
Sie wollte vorstürzen, wurde jedoch von einem starken Arm an der Taille festgehalten.
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