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Ungezaehmte Leidenschaft

Ungezaehmte Leidenschaft

Titel: Ungezaehmte Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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damit wir heute Schlaf finden«, sagte sie und hob ihr Glas.
    »Auf uns.«
    Ohne den Blick von ihr zu wenden, trank er von seinem Brandy. Vorsichtig nahm auch sie einen Schluck.
    »Darf ich fragen, was Sie heute sahen, als der Sturm der Halluzinationen hereinbrach?«, erkundigte sie sich.
    »Ich sah die Opfer der Morde, die ich im Laufe der Jahre untersuchte«, sagte er. »Jene Fälle, bei denen ich versagte.«
    Sie atmete langsam aus. »Sie meinen die armen Seelen, die ungerächt blieben?«
    »Und jene, zu deren Rettung ich zu spät kam. Sie suchen mich heim.« Er trat vor das Feuer. »Was haben Sie gesehen, Virginia?«
    Sie gesellte sich zu ihm. »Meine Visionen waren ähnlich. Wie Sie sah ich jene, bei denen ich versagte, und jene, die eines gewaltsamen Todes starben. Jene, die keine Gerechtigkeit erfuhren, da die Mörder nicht gefasst wurden.«
    Er nickte verständnisvoll. Lange standen sie Seite an Seite und starrten ins Feuer.
    »Haben Sie sich jemals gefragt, warum wir mit dem Fluch dieser Talente belegt wurden?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Es gibt keinen Fluch«, sagte er. »Das ist abergläubischer Unsinn.«
    Sie hätte beinahe gelächelt. »Mr. Sweetwater, ich meinte das metaphorisch.«
    »Natürlich. Entschuldigung.« Er trank noch einen Schluck von seinem Brandy. »Wenn es um Paraphysik geht, neige ich dazu, alles wörtlich zu nehmen.«
    »Ich verstehe.«
    »Virginia, ich werde Ihnen die Wahrheit sagen. Ich reagierte eben so scharf, weil ich mir selbst viele Male diese Frage stellte.«
    Wieder hatte er ihren Vornamen benutzt. Auch sie selbst sprach ihn in Gedanken mit Owen an. Erstaunlich, wie gemeinsam erlebte Gefahr die Atmosphäre zwischen zwei ansonsten kaum miteinander bekannten Menschen mit einem gewissen Grad an Intimität färbt, dachte sie.
    »Und haben Sie jemals eine Antwort auf die Frage gefunden?«, hakte sie nach.
    Er umfasste den Rand des Kaminsimses und sah nachdenklich ins Feuer. »Ich kann Ihnen eine Antwort geben, die mit den Gesetzen der Paraphysik konform geht, zumindest soweit ich diese Gesetze kenne. Wie Sie sicher wissen, harrt auf diesem Gebiet noch vieles der Entdeckung.«
    »Das ist mir klar. Und wie lautet die wissenschaftliche Antwort auf die Frage?«
    »Ein Mensch, der einen Mord oder eine Gewalttat begeht, erzeugt starke psychische Energie. Auch ein eiskalter Killer hinterlässt eine heiße Spur.«
    »Ja.« Die Erinnerung an einige der Bilder, die sie im Spiegel gesehen hatte, ließ sie erschaudern.
    »Das trifft ebenfalls auf das Opfer zu, wenn es denn Zeit hat, auf den Angriff zu reagieren«, fuhr Owen fort. »Starke Energie verpufft nicht einfach. Sie oszilliert in der Atmosphäre eines Raumes und wird von der Oberfläche der Möbel, von Wänden und Böden aufgesaugt.«
    »Und von Spiegeln.«
    Er nickte. »Ja, obwohl ich nicht begreife, was Sie tun, wenn Sie in einen Spiegel blicken. Die Physik von Spiegeln ist einzigartig.«
    »Mir ist klar, dass wir beide auf Energierückstände nach Gewalttaten empfindlich reagieren. Aber warum haben wir das Bedürfnis, Antworten für die Hinterbliebenen zu finden?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    Sie schwenkte den Brandy in ihrem Glas. »Glauben Sie, dass alle, die Talente wie wir besitzen, dieses Bedürfnis verspüren, Gerechtigkeit und Antworten zu suchen?«
    »Nein, die meisten sind weit davon entfernt.« Er trank aus und stellte sein Glas auf den Kaminsims, ohne das Feuer aus den Augen zu lassen. »Es gibt Menschen mit Talenten, die unseren ähneln, die die Mordatmosphäre so genießen wie Kenner, die Kunst oder große Weine schätzen.«
    Fast hätte sie ihr Glas fallen lassen.
    »Was?«, stieß Virginia fassungslos hervor.
    Owen sah sie an. Ein kaltes Feuer trat an die Stelle der Glut, die einen Moment zuvor noch in seinen Augen gelegen hatte.
    »Sie suchen die Orte von Morden und Gewalttaten auf, um ihre Sinne in den Empfindungen schwelgen zu lassen, die im Augenblick des Todes erzeugt werden«, sagte er.
    Virginia hatte das Gefühl, Eiseskälte verbreite sich im Raum. »Das ist unglaublich.«
    Aber sie hatte die Erregung der Mörder gesehen, als sie tief in die Spiegel geblickt hatte. Sie hatte diese grässliche Erregung durch die Augen der Opfer gesehen. Owen hatte recht, es gab Menschen, die Morde genossen.
    »Es gibt Menschen mit unseren Talenten, die Gewaltenergie so sehr genießen, dass sie ihr verfallen«, sagte Owen. »Um ihr Verlangen zu stillen, suchen sie nicht nur Tatorte auf, sie schaffen sie selbst.«
    »Sie

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