Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ungezogen

Ungezogen

Titel: Ungezogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsay Gordon
Vom Netzwerk:
mit der Zigarette darauf. Während sich der Mann setzte, fielen Lisa alle ihre guten Vorsätze ein und wie tapfer sie den vergangenen, einsamen Monat gemeistert hatte.
    Und sie fragte sich, warum sie sich - verdammt noch mal - so gequält hatte.
    »Ich bin Lisa«, sagte sie.

Edle Folter
    ADR Forte
    Dienstag ist sein Geburtstag. Sie besucht ihn in seinem Büro, obwohl sie weiß, dass er sehr beschäftigt ist.
    Die kleine Sekretärin mit dem sehr modischen, sehr bewusst unordentlichen Haarschnitt und den sehr hohen Absätzen führt sie ins Konferenzzimmer, lächelt und entfernt sich rückwärts, bevor sie leise die Tür hinter sich schließt.
    Er erhebt sich am anderen Ende des Zimmers von seinem Sessel und runzelt die vertrauten Augenbrauen.
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles ist wunderbar, Bill.«
    Sie fühlt die Kluft zwischen ihnen beiden. Wie eine unsichtbare Substanz aus Styropor-Kugeln, die hin und her kugeln und sie aus dem Gleichgewicht bringen. Die sie beide auf sicherem Abstand halten, jeder in seinem Territorium.
    Manchmal erstarrt sie ganz einfach. Beispielsweise morgens, wenn sie vom Alarm seines Weckers aufwacht, ihre Nase ins Kopfkissen steckt, auf die Dusche lauscht und sich vorstellt, wie das Wasser über seinen Körper strömt. Nur nachdenken und nicht bewegen. Oder wenn er ihr beim Frühstück gegenübersitzt und sie sich nur über die Kaffeetasse hinweg zunicken.
    Nein, zu beanstanden gibt es nichts, keine Verletzungen, kein schlechtes Benehmen. Aber alles hat sich verändert. Nichts ist, wie es mal war.
    So geht es nun schon länger. Sie hat vergessen, wann es angefangen hat, sie weiß nur, dass sich etwas ändern muss. Es muss sich etwas zum Besseren ändern. Selbst wenn es bedeuten sollte, dass ... nein, darüber will sie nicht nachdenken. Nicht jetzt. Sie durchquert das Zimmer mit nur einem Ziel.
    Vor zwei Monaten hatte sie eine Entscheidung getroffen. An einem heißen Nachmittag, als es im Haus leer und still war. So still, dass nur das Knacken der Holzbalken zu hören war und das ferne Geräusch eines Laubsaugers irgendwo auf der Straße. In einem alten Baumwollhemd und ausgeleierten Jeans hatte sie den Dachboden gefegt. Irgendwann wurde ihr heiß unter dem Dach. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schüttelte die Schweißperlen von ihrem Hemd. Sie blickte auf die verblassten, blauen Blumen auf dem abgetragenen Hemdstoff, und plötzlich kamen die Erinnerungen zurück. Daran, als das Hemd noch neu und enger war, bevor es vom vielen Waschen ausleierte. Er hatte es vorn geöffnet und mit ihren Titten gespielt, bis sie sich lachend auf den Boden fallen ließen. Der Dreck hatte sie nicht abgeschreckt.
    Bei dem Gedanken entschloss sie sich, den Weg dorthin zurück zu finden, als Schmutz noch nichts ausmachte, denn ihre Titten waren noch wie damals. Aus verschiedenen Gründen schien es wichtiger, sich jetzt nicht um profane Dinge wie Hemden zu kümmern, wenngleich es eigentlich nicht ihren Prinzipien entsprach. Aber die Hitze in ihrem Körper, die ihr Blut ansteigen ließ und ihre Haut zum Prickeln brachte, verriet sie. Indes ist der Weg zurück in die Vergangenheit schwieriger, als man denkt. Deshalb muss man neue Wege zu ihr finden.
    Sie bleibt direkt vor ihm stehen. Er macht einen halben Schritt zurück, fast in die beigefarbene Wand mit den limonengrünen Streifen hinter ihm. Welcher Idiot wählt solche Farben? Müsste sie jeden Tag auf solche Wände starren, würde sie verrückt werden.
    Sie blickt auf die Stirnfalten über seinen dunkelblauen Augen und den kohlschwarzen Bleistiftbrauen. Drücken sie eine Vorahnung oder sogar Verständnis und Symphathie aus? Vielleicht. Aber sie ist nicht zum Denken hergekommen, sondern um zu Handeln.
    »Ich habe ein Geschenk für dich«, sagt sie.
    Er starrt sie an. Skepsis wechselt in Überraschung, in Irritation, als sie mit einem langen, lackierten Fingernagel auf sein blau-rot-gemustertes Halstuch deutet. Sie schiebt ihn mühelos und ohne Atomkraft gegen die Wand. Sie berührt ihn dabei kaum. Er nennt ihren Namen nicht wirklich - er haucht ihn kaum hörbar. Etwas sträubt sich in ihm. Sie weiß, dass er vielleicht einen letzten Versuch macht, ihr zu widerstehen.
    »Ja?«, säuselt sie und ist stolz darauf, wie sie das Wort säuseln kann. Immer wieder ist sie überrascht, wie gut sie das kann. Sie möchte darüber lachen, möchte wie verrückt kichern, weil ihr Kopf so leicht und verdreht ist.
    Vielleicht hätte Sie das Glas Wein nicht

Weitere Kostenlose Bücher