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Ungleiche Paare

Titel: Ungleiche Paare
Autoren: Dietmar Bittrich
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erotisch, das hatten die Duschgel-Werbeseiten bewiesen. Ein Handtuch, halb verdeckend um die Hüfte geschlungen, war ebenfalls aufreizend. Ich winkte der unsichtbaren Kamera. Unhörbarer Applaus. Ich nahm das Handtuch mit.
    Das Schlafzimmer lag gleich nebenan. Ich mochte die skandinavische Helligkeit in diesem Raum, der mit lichten Aquarellfarben betupft schien, den Anblick der gesteppten Patchwork-Überdecke, die straff gezogen war, wann immer ich die Tochter besucht und durch die Tür gespäht hatte. Eine herausfordernde Unberührtheit lag als Glasur über allem. Niemals hatte dieses Schlafzimmer verbraucht gerochen wie dasjenige meiner Eltern. Immer wirkte es wie eine bezugsfertige Hotelsuite, so frisch und ordentlich, dass man Lust bekam, der Erste zu sein, der sich darin suhlte. Die Tochter hatte mich davon ferngehalten.
    Die hölzerne Jalousie war fast ganz heruntergelassen. Das Sonnenlicht spähte durch die Ritzen der Lamellen. Sie hatte die Überdecke bis zum Fußende zurückgeschlagen und war in ihr Bett gekrochen. Das von Dirk lag unangetastet, als solle es so bewahrt werden. Die provozierende Sauberkeit war geblieben.
    »Komm!« Sie lupfte die Decke.
    Das gefiel mir nicht. Es war zu normal. In die Rolle des Ehemanns wollte ich bestimmt nicht schlüpfen. Young Gun wollte ich sein. Auftreten, posieren, wie auf einem Laufsteg, unter dem alternde Ladys sich ihren Kerl ersteigern.Engagiert und gemietet zu werden: dieser Film war aufregend.
    Hannah lag nichts daran, mich auf einer Bühne zu sehen. Sie wollte mich bei sich haben. Sie wollte nicht bewundern, sondern spüren, wollte keinen Schauspieler, sondern einen ehrlichen Gefährten. Das dekorative Handtuch war überflüssig.
    »Komm her!«
    Ich gehorchte. Unter der Decke musste sie nackt sein. Gesehen hatte ich sie so noch nicht. Wollte sie das vermeiden? Deshalb das Dämmerlicht? Sonst hätten wir auch auf dem Balkon bleiben können. Oder würde sie laut werden, im Gegensatz zu ihrer Tochter, die selbst im Hochbäumen nur unhörbar seufzte, selbst wenn kein elterlicher Lauscher im Haus war.
    Ihre Haut duftete nach Seife und Creme. Sie musste geduscht haben, bevor ich gekommen war. Dann hatte sie lediglich so getan, als erwarte sie nichts. Sie umarmte mich. Ich versuchte, mir Luft zu schaffen, indem ich sie tastend erforschte. Ihr Fleisch war nachgiebiger als das ihrer Tochter, die Brüste größer und weicher. Sie duldete das unbeholfene Erkunden. Dann zog sie mich fester an sich. Sie wollte küssen.
    Es war ein Begehren in diesen Lippen, dieser Zunge, ein besitzergreifendes Saugen, das ich nicht mochte. Dieses Verlangen war nicht anonyme Lust, sondern galt mir persönlich. Es war, als verlangte sie Antwort und Zuwendung und als glitte ich, während ich noch auf Ausflucht sann, unausweichlich in den Herrschaftsbereich ihres Körpers.
    Das war ein Missverständnis. Es sollte nichts Persönliches sein. Doch das schien der Preis, den ich zahlen musste.Um die Richtung mitzubestimmen, versuchte ich anzuwenden, was ich mit der Tochter geübt hatte. Doch dies war anderes Terrain. Die Tochter hatte sich silbrig kühl angefühlt, eine spielende Quellnymphe. Hier wartete weite, aufnehmende Wärme. Ich hatte mit einer Frau schlafen wollen, nicht mit einer Mutter. Aber eine Mutter war sie.
    Dass meine Finger ungeschickt waren, spürte ich selbst. Der Griff war zu grob, dann zu ängstlich. Ich raffte mich zu dem auf, was man Stoßen nannte, und stieß mich tatsächlich. Es schmerzte für einen Moment, wie wenn man beim Fußball nicht den Ball, sondern den Boden trifft, nun allerdings mit einem weniger widerstandsfähigen Körperteil. Erschrocken griff sie hin und fing das Welken noch rechtzeitig ab. Sie ließ die Fingernägel prickelnd darüberlaufen, geschickter, als ich mir hatte vorstellen können, und packte allmählich fester zu, und das war gut, sie holte mich zu sich.
    Zum ersten Mal glitt ich in eine Frau und gelangte an keine Grenze. Ich hatte mir vorgestellt, irgendwo ans Ende zu kommen. Da war kein Ende. Dann brachte ich doch nicht genügend Länge mit? Noch einmal ein Rückzugsversuch. Zu spät. Sie packte meine zusammengepressten Pobacken und machte sich endgültig zur Herrscherin. Sie bewegte mich. Ich straffte mich, um etwas zu verhindern, das nicht mehr rückgängig zu machen war. Sie seufzte und packte fester, ich gehorchte und stieg auf und stürzte ab.
    »Ich bin so erregbar«, murmelte ich entschuldigend.
    »Das ist doch gut!«, flüsterte sie.
    Das
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