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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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Vollzugsbeamte stellte den
Holzstuhl beiseite und schob stattdessen Herrn Szabó heran. Dann setzte sich
der Beamte in einiger Entfernung von uns hin und gab sich ein desinteressiertes
Aussehen.
    Wir blickten uns an. Herr Szabó sah noch kränker als gestern aus.
Kein Wunder, wenn man bedachte, wo er war.
    »Hol van, Szabóné« , versuchte er seinen
üblichen Scherz. Er tat mir so leid.
    »Jól vagyok, Szabótúr.« Ich lächelte ihn
an. Er probierte zurückzulächeln, aber sein Lächeln verzerrte sein altes
Koboldgesicht zu einer verzweifelten Fratze. Die Tränen liefen ihm herab. Ich
tätschelte seine Faust.
    »Das wird schon wieder, Herr Szabó«, versuchte ich ihn zu trösten.
»Ihre Unschuld wird bestimmt noch herauskommen, ganz sicher.«
    Jetzt fing der alte Mann richtig zu weinen an. Ich suchte in meiner
Handtasche nach einem Papiertaschentuch und hielt es ihm hin. Der
Vollzugsbeamte machte eine Bewegung, so unbeteiligt wie er aussah, war er also
nicht. Beobachtete alles ganz genau. Ich schüttelte das Taschentuch
auseinander, damit er sah, dass ich nichts darin versteckte. Er nickte, und ich
drückte es Herrn Szabó in die Hand.
    Dieser wischte sich über seine faltigen Lider, schnäuzte sich
ausgiebig. Kein schönes Geräusch. Sah mich mit rot geweinten, gelbstichigen
Augen an. Auch kein schöner Anblick. Mir tat das Herz weh.
    »Wollen Sie vielleicht erzählen? Dann geht es Ihnen besser.«
    Er senkte den Kopf. Nach einer ganzen Weile flüsterte er: »Ich habe
die Elvira – izé – umgebracht.«
    Also doch! Ich hätte es ihm nicht zugetraut. Schließlich war er ein
alter, kranker Mann im Rollstuhl. Noch dazu ein Bekannter meines Vaters. Wenn
er es allerdings selbst zugab? Nun wollte ich Genaueres wissen. »Aber warum
denn?«
    »Das ist ein lange Geschicht.«
    »Erzählen Sie«, forderte ich ihn auf. Die Besuchszeit verstrich.
    »Es ist mir – izé «, ganz leise, »peinlich. Borzasztó peinlich.«
    »Macht nichts. Ich halte schon was aus.«
    Er schwieg. Rede!, beschwor ich ihn still.
    »Ich habe gesehen. Elvira und Hecker.«
    »Ja?«
    Er schaute mich nicht an, blickte nur auf seine Hände, die gefaltet
auf dem Holztisch lagen.
    »Es war in Nacht. Ich konnte nicht schlafen. Da bin ich setalni megy – izé – spazieren gegangen. Den Gang hinunter. Und bei der
Abstellkammer kamen so seltsame – izé – seltsame
Geräusch. Ich kannte die Geräusch gleich. Ha! Biztos !
Da hab ich die Türe ganz vorsichtig …« Er machte eine Geste des
Türenaufschiebens. »Nur ganz wenig. Und ganz leise. Da hab ich gesehen. Niemand
hat mich gesehen. Sie haben es gemacht. Wie die Tiere. Bin wieder – izé – wieder zurückgegangen. In meine Zimmer. Hab
überlegt.« Er schaute mich unsicher an. Ich nickte ihm zu. Er sollte
weiterreden! Das machte er dann auch: »Ich bin ein Mann. Öreg ,
aber ein Mann. Meine Frau ist schon lang tot und ich hier, in diese Heim.« Er
zuckte mit den Schultern. »Da hab ich Elvira gefragt am nächste Tag, noh, ob
sie mir kann gehen – izé – gehen zur Hand. Értesz engem?
    »Ja. Értem. « Ich hatte ihn sehr wohl
verstanden, versuchte jedoch, völlig neutral zu schauen. Obwohl ich wirklich
geschockt war.
    »Aber sie wollte nicht. Hat mich ausgelacht. Mich – izé – mich beschimpft.« Er ahmte ihre Fistelstimme nach:
»Alter, was willst du – izé – du Krüppel von mir?«
Szabó fiel in sich zusammen. Leise, aber immer noch in hoher Tonlage sagte er:
»Ich sage es Schwester.« Seine Stimme erstarb.
    »Und hat sie es jemandem verraten?«
    » Nem tudom. Keiner ist gekommen, keiner
hat gefragt. Aber ich«, er schaute mir direkt in die Augen und richtete sich
auf, »ich war wütend! So behandelt niemand Szabó Béla! So redet niemand mit
Szabó Béla! Niemand!« Den Finger in die Höhe gestreckt, machte er ein
bitterböses Gesicht. Er beugte sich näher zu mir.
    »Sie hat immer so gegrinst, wenn sie hat gesehen mich. So – izé – so nicht verschämt.«
    »Unverschämt?«, verbesserte ich flüsternd.
    »Ja. Unverschämt. Hat mich immer gemacht wütend. Da hab ich
nachgedacht. Lange. Bis sie einmal hat vergessen ihr – izé – ihr Spray für Asthma. Hat es liegen lassen auf Sofa in guter Stube. Ich hab
es genommen. Es war leer, nichts drin.« Er bewegte seine Hand auf und ab, so
als ob er einen Gegenstand schütteln würde. »Da hab ich Idee. Wenn sie Asthma
hat, kann sie nicht gut – izé – gut atmen. Kann man
ersticken, noh? Dann muss man machen, dass sie erstickt.«
    Er redete

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