Unguad
er
ungehalten.
Natürlich habe ich ein Problem damit, dass du dich heimlich hinter
meinem Rücken mit der Marion Bauer triffst! Das hätte ich ihm am liebsten ins
Gesicht gebrüllt. Aber ich hielt mich zurück. Dachte an meinen Vorsatz, mich
ausnahmsweise klug und berechnend zu verhalten. Deshalb schluckte ich alle
aggressiven Antworten hinunter und fragte mit leicht gepresster Stimme: »Weißt
du, was das für Tabletten sind?«
»Ja, zufällig sehe ich die jeden Tag. Mit dem eingestanzten Zeichen
sind sie auch einfach zu erkennen. Das sind Tabletten gegen benigne
Prostatahyperplasie.«
»Und auf Deutsch!« Sein Arzt-Slang nervte mich.
»Gutartiges Prostatawachstum. Woher hast du sie überhaupt? Du
brauchst sie ja wohl kaum.« Er versuchte einen Scherz. Auf den ich nicht
einging. So einfach machte ich es ihm nicht!
Ich würde ihm jetzt bestimmt nicht sagen, dass seine Schwester
Marion sie dem Béla Szabó gegeben hat. Das hatte noch Zeit.
»Nun, irgendwoher.« Ich streckte ihm andeutungsweise die Zunge
heraus. Ich wusste, ich konnte manchmal echt kindisch sein. Er sah über meine
Frechheit hinweg. Anscheinend war er sich ebenfalls des dünnen Eises bewusst,
auf dem sich unsere gepflegte Konversation abspielte. Spürte es zumindest.
»Kannst du mir noch mehr darüber sagen? Gibt es irgendwelche
grauslichen Nebenwirkungen oder so?«
»Wenn man gegen die Inhaltsstoffe nicht allergisch ist und auch
keinen Leberschaden mitbringt …«
»Einen Leberschaden?«, fiel ich ihm ins Wort.
»Na, ich würde einem Patienten mit einer chronischen Leberentzündung
lieber ein anderes Präparat verschreiben. Man weiß nie. Der Wirkstoff sollte
nicht bei eingeschränkter Leberfunktion gegeben werden. Das könnte böse enden.«
»Aha. Und sonst noch was?«
»Nun ja, häufige Nebenwirkung ist eine Libidoverminderung bis hin
zur Impotenz. Darüber muss man vorher aufklären. Und warum willst du das alles
wissen?«
»Ach, nur so. Danke für die Info. Ich gehe jetzt ins Bett.« Da kam
mir noch etwas in den Sinn. »Bist du morgen Abend eigentlich zu Hause?«
Er überlegte. »Ich denke schon.«
»Gut, da geben wir ein Grillfest. Könntest du dein berühmtes Hendl
machen?«
»Ein Grillfest? Mitten in der Woche? Warum? Mit wem?« Er schien nicht
begeistert zu sein.
»Ja, ich dachte, jetzt wo der Mordfall abgeschlossen ist, könnten
wir endlich die Kommissarin zu uns bitten«, diese Idee flog mir gerade zu, »und
damit mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Den Herrn Biedersteiner
wollten wir ja auch schon seit ewigen Zeiten einladen, und Isabell, bevor sie
für länger nach Paris geht.«
Martin öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen.
Ich kam ihm zuvor: »Und die Kinder freuen sich. Sei doch mal
spontan!« Das war der richtige Schachzug. Er gab sich geschlagen.
»Also gut, grillen wir.«
Dienstag, den 23. Juni
Neun Uhr fünf
Ich glaube, es interessiert Sie nicht wirklich, dass ich schon
wieder eine schlaflose Nacht hinter mich gebracht hatte. Aber es war so. Umso
grantiger war ich aufgestanden, hatte die täglichen Morgenrituale (waschen,
Kinder, Mann, Hund) durchgeführt und mich in einen halbwegs gut gelaunten
Zustand versetzt. Im Moment versuchte ich, die Frau Kommissarin ans Telefon zu
bekommen. Ah, jetzt klappte es: »Frau Langenscheidt, guten Morgen, hier ist
Karin Schneider.«
»Guten Morgen.«
»Sind Sie immer noch davon überzeugt, dass Herr Szabó die Elvira
Böhm umgebracht hat?«
»Die Indizien verdichten sich.«
»Ein Geständnis hat er jedoch noch nicht abgelegt?«
»Darüber dürfte ich Ihnen eigentlich gar keine Auskunft geben, aber,
nein, hat er nicht.«
»Für Sie ist der Fall geklärt?«
»So ziemlich.«
»Na, dann steht ja meiner Einladung nichts mehr entgegen. Wir machen
heute ein Grillfest und würden uns freuen, wenn Sie auch kommen würden.«
Stille. Räuspern.
»Frau Schneider. Sie sehen mich überrumpelt. Damit hätte ich jetzt
am allerwenigsten gerechnet.«
»Wieso? Sie hatten doch erklärt, wenn der Fall abgeschlossen ist,
können wir uns zusammensetzen und über alte Münchner Zeiten plaudern. Nun ist
es so weit, und das wäre doch nett, oder?«
»Tja, im Grunde haben Sie recht. Allerdings bin ich heute Abend
schon verplant. Tut mir leid.«
»Ja, das ist schade. Aber wie schaut’s morgen aus? Kommen Sie doch
einfach auf ein Glas Wein vorbei, sagen wir um zwanzig Uhr?« Ich ließ nicht
locker. »Mein Mann würde sich auch sehr freuen.« Nahm ich mal an.
»Nun gut, Frau
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