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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Blick und konzentrierte sich scheinbar
wieder auf die Mahlzeit auf seinem Teller, aber er tat es nicht auf eine Art,
die ihr das Gefühl gab, dieses stumme Duell gewonnen zu haben.
    Â»Stimmt irgendetwas nicht?«, fragte Trausch plötzlich. Ohne ihre
Antwort abzuwarten, drehte er sich halb auf seinem Stuhl um und sah in dieselbe
Richtung wie sie. Der Stachelkopf ignorierte seinen Blick genauso
geflissentlich, wie er es mit Conny getan hatte; aber er tat es auch jetzt
wieder auf eine Art, die sie nicht unbedingt beruhigte … so als wäre er sich
ihrer Aufmerksamkeit durchaus bewusst und amüsiere sich im Stillen darüber.
    Trausch drehte sich wieder um und sah nun sie stirnrunzelnd an.
    Â»Es ist nichts«, sagte sie hastig.
    Trausch wäre nicht Trausch gewesen, hätte er nicht trotzdem gefragt:
»Kennen Sie den Burschen?«
    Â»Nie gesehen«, antwortete Conny wahrheitsgemäß.
    Â»Aber er Sie vielleicht«, sagte Trausch. Conny blickte fragend, und
Trausch fügte mit einer erklärenden Geste hinzu: »Aus dem Fernsehen. Sie sind
eine berühmte Frau, schon vergessen?«
    Conny zog eine Grimasse, obwohl sie ihm im Stillen zustimmte. Sie war eine lokale Berühmtheit, auch wenn sich vermutlich in
einer Woche kaum und in spätestens einem halben Jahr überhaupt
niemand mehr daran erinnern würde. Aber im Augenblick musste sie sich
wirklich nicht wundern, wenn sie angestarrt wurde.
    Â»Ja, wahrscheinlich«, antwortete sie. Und wenn es noch einen
weiteren Grund für ihr Unbehagen gab, dann war er allerhöchstens bei ihr selbst
zu suchen. Es lag an seinem Outfit. Conny hatte nie ein Problem damit gehabt,
wie sich andere kleideten oder auch freiwillig verunstalteten. Sie war im
Gegenteil eigentlich immer der Meinung gewesen, dass jeder das Recht hatte,
sich so gut zu blamieren wie er konnte. Aber seit ein paar Tagen hatte sie ganz
offensichtlich ein Problem mit einer ganz bestimmten Art von Verkleidung.
    Ihre eigene Reaktion ärgerte sie … aber schließlich war sie auch nur
ein Mensch.
    Â»Was hat die Auswertung der Überwachungsvideos ergeben?«, fragte
sie, um auf ein anderes Thema umzuschwenken.
    Â»Nichts«, antwortete Trausch achselzuckend. »Oder besser gesagt:
Genau das, was ich befürchtet habe … zwanzig Minuten fehlen. Anscheinend hat
jemand die Kamera angehalten und erst nach zwanzig Minuten wieder gestartet.
Haben Sie Levèvre nicht brüllen gehört? Eigentlich hätte er kein Telefon
gebraucht.«
    Conny blieb ernst. »Ein technischer Fehler?«
    Â»Jemand hat den Timecode auf der DVD manipuliert«, antwortete Trausch kopfschüttelnd. »Nicht besonders professionell.
Die Jungs aus der EDV haben keine zwei Minuten
gebraucht, um es zu merken und rückgängig zu machen. Aber es ist ganz eindeutig
eine Manipulation.«
    Â»Irgendein Verdacht, wer es gewesen ist?«, fragte Conny.
    Trausch lachte, auch wenn es in Connys Ohren eher nach einem
Schnauben klang. »Ich sehe mir die Aufnahme morgen noch einmal an, obwohl ich
nicht glaube, dass etwas dabei herauskommt. Die Sicherheitsvorkehrungen dort
sind ein Witz. Jeder, der will, kann in den Raum hineinspazieren, in dem die
Aufzeichnungsgeräte stehen, und sich nach Belieben daran zu schaffen machen.
Und sonst das Übliche: Niemand hat etwas gesehen, niemand hat etwas gehört, und
alle heißen Hase.«
    Â»Und die Leiche?«
    Â»Ist und bleibt verschwunden«, erklärte Trausch und spießte ein
Gnocchi so wuchtig mit seiner Gabel auf, als hätte er es gerade als den
eigentlich Schuldigen an dieser ganzen Misere identifiziert. »Wenn es nicht so
schlimm wäre, könnte man das Ganze für einen Dummejungenstreich halten, doch
wenn die Presse davon Wind bekommt, dass ausgerechnet die Leiche des Vampirs
verschwunden ist …«
    Er sprach nicht weiter, was auch nicht notwendig war. Conny konnte
sich die Schlagzeilen lebhaft vorstellen. »Bisher hat niemand etwas
ausgeplaudert?«
    Â»Noch halten wir den Deckel drauf. Aber lange geht das bestimmt
nicht mehr gut.« Trausch sah sie sehr ernst und schon fast unangenehm
durchdringend an. »Und wenn wir es tatsächlich mit zwei Tätern zu tun haben … Sie wissen, was das heißt?«
    Â»Dass ich dann ebenfalls verdächtig bin?«, fragte sie böse.
    In Trauschs Augen blitzte es kurz und zornig auf, allerdings nur für
einen winzigen Moment, dann

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