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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erledige meine Arbeit, ich
reiße mehr Überstunden ab als jeder andere in der Abteilung, ich lasse auf mich
schießen, mich verprügeln und mir die Knochen brechen, und zum Dank feindet er
mich an, wo es nur geht, spielt meine Leistung herunter und macht mich bei
jeder Gelegenheit vor den Kollegen lächerlich. Aber es ist mein Krieg. Sicher.«
    Â»Sie hätten ihn vielleicht nicht zwingen sollen, Sie in die SOKO aufzunehmen«, sagte Trausch.
    Â»Es war von Anfang an mein Fall«,
erinnerte ihn Conny. »Schon bevor es die SOKO Vampir überhaupt gab.«
    Â»Ja, und das erste Opfer war eine Freundin von Ihnen.«
    Â»Die Tochter einer Bekannten«, verbesserte ihn Conny. »Ich habe das
Mädchen vorher vielleicht ein halbes Dutzend Mal gesehen. Wenn das unter persönlich betroffen fällt, dann darf ich gegen keinen
Einwohner dieser Stadt mehr ermitteln. Er wollte mich nicht dabeihaben, weil
ich ihm nicht gut genug war.«
    Â»Weil Sie keine Erfahrung mit Serienmördern haben«, antwortete
Trausch. »Das ist ein Unterschied.«
    Â»Ich habe jemandem ein Versprechen gegeben«, sagte sie.
    Â»Der Mutter des ersten Opfers, ich weiß.« Trausch begann nun doch zu
essen, beließ es jedoch bei einem einzigen Bissen, als ihm wohl selbst aufging,
wie unpassend sein Kauen in diesem speziellen Moment war.
    Â»Ich habe ihr versprochen, den Mörder ihrer Tochter zu finden«,
bestätigte Conny. »Aber das hat nichts damit zu tun, dass ich sie kenne. Ich
hätte dieses Versprechen jeder Mutter gegeben, der ich gerade sagen musste,
dass ich ihr totes Kind in einem Mülleimer gefunden habe.«
    Â»Wenn das wirklich wahr ist«, antwortete Trausch ernst, »dann haben
Sie den falschen Beruf gewählt.«
    Â»Weil ich Mitgefühl habe?«
    Er machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten. Wozu
auch? Sie hatten beide recht, auf ihre Art. Es gab Wahrheiten, die einander
ausschlossen, so brutal es auch sein mochte, und das hatte sie auch damals
schon gewusst. Ihr Verhalten war nicht wirklich
professionell gewesen, und das hatte sie auch damals schon gewusst, aber was
hätte sie tun sollen? Die Tochter ihrer Freundin war ermordet worden, und sie
war Polizistin. So einfach war das.
    Â»Mitgefühl ist in Ordnung, Conny«, sagte Trausch leise und erst nach
einer geraumen Weile, als hätte er so lange gebraucht, um sich die Worte
zurechtzulegen. »Ohne Mitgefühl könnten wir unseren Job nicht machen,
jedenfalls nicht gut. Sie dürfen dabei allerdings Ihre Professionalität nicht
vergessen. Ich muss Ihnen nicht erzählen, dass Sie sich einen Großteil Ihres
Ärgers mit Eichholz selbst eingehandelt haben, oder?«
    Nein, das musste er nicht. Und er hätte es auch nicht noch einmal
erwähnen müssen, fand sie. Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, hätte
sie bei der Gründung der SOKO ganz offen gesagt,
dass Sylvia und sie sich schon seit ihrer Jugend kannten und sie ein
persönliches Interesse an diesem Fall hatte. Aber sie hatte es nicht gesagt,
aus dem – vollkommen falschen – Gefühl heraus, dass es richtig so war. Wieder
einmal der alte Fehler; ihr womöglich größer Fehler überhaupt, der sie Zeit
ihres Lebens verfolgte und ihr schon eine Menge Ärger eingebracht hatte: Sie
behielt zu vieles für sich. Eichholz traf ins Schwarze, wenn er ihr vorwarf,
eine schlechte Teamspielerin zu sein. Sie neigte zu einsamen Entschlüssen und
noch einsameren Aktionen, die sie nur deshalb nicht schon längst den Kopf oder
zumindest ihre Karriere gekostet hatten, weil sie auch schon ein paarmal von
spektakulären Erfolgen gekrönt worden waren. Natürlich hatte Eichholz die Wahrheit
herausgefunden und dieses Versäumnis begeistert zum Anlass genommen, sie aus
seiner neu gegründeten SOKO herauszuwerfen, in der
er sie ohnehin von Anfang an nicht hatte haben wollen. Und ebenso natürlich
hatte sie sich mit Zähnen und Klauen zur Wehr gesetzt und ihren Posten – nicht
nur zur allgemeinen Verwunderung, sondern auch und vielleicht vor allem zu
Eichholz’ Verdruss – verteidigt. Seither legte er ihr Steine in den Weg, wo er
nur konnte; auch wenn sie widerwillig eingestehen musste, dass er das niemals
in sachlicher Hinsicht getan hatte. Er behinderte ihre Arbeit nicht etwa. Er
gab ihr schlichtweg keine Gelegenheit, sie zu tun, und triezte sie, wo er nur
konnte. Wahrscheinlich

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