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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Verbindung einfach einmal auszuprobieren;
nur um sicher zu sein, dass sie im Ernstfall auch wirklich funktionierte,
versteht sich. Aber das wäre albern gewesen. Ebenso gut konnte sie …
    Das Telefon klingelte.
    Nicht der Apparat auf dem Sideboard. Das Klingeln war kein Klingeln,
sondern eine melodische Tonfolge, die direkt aus dem Kleiderschrank kam. Oder –
um genau zu sein – aus der grünen Polizeijacke, die sie achtlos hineingeworfen
hatte. Es war Trauschs Handy.
    Conny starrte den Schrank geschlagene fünf Sekunden lang einfach nur
an und fragte sich allen Ernstes, ob sie vielleicht anfangen sollte, sich wirkliche Sorgen zu machen – das konnte kein
Zufall mehr sein! –, bevor sie sich ächzend von der Couch erhob und so hastig
zum Schrank ging, dass sie um ein Haar der Länge nach hingefallen wäre.
Schließlich hätte sich niemand die Mühe machen müssen, das Wort Zufall zu erfinden, wenn es so etwas wie Zufall nicht gab,
oder?
    Mit zitternden Fingern grub sie den Apparat aus der Jackentasche,
klappte ihn auf und brauchte noch einmal zwei oder drei endlose Sekunden, um
auch nur die richtige Taste zu finden, mit der sie den Anruf annehmen konnte.
»Trausch?«, fragte sie. Soviel sie wusste, war er der Einzige, der diese Nummer
hatte.
    Oder auch nicht, denn die Stimme, die sich am anderen Ende der
Verbindung meldete, gehörte eindeutig nicht Trausch.
    Â»Jetzt sollte ich eigentlich verstimmt sein, meine Liebe. Es ist
nicht sehr charmant, wenn man die Dame seines Herzens anruft und mit dem Namen
eines Nebenbuhlers begrüßt wird.«
    Conny richtete sich kerzengerade und mit einem so plötzlichen Ruck
auf, dass ihr schwindelig wurde.
    Â»Vlad?«, murmelte sie ungläubig. »Aber … wieso … woher haben Sie diese
Nummer?«
    Ein leises Lachen, das sie mit einem sehr sonderbaren – und alles
andere als unangenehmen – Gefühl erfüllte, das sie fast erschrocken vertrieb.
»Ich muss mich doch sehr wundern, alte Freundin. Ist das eine Art, einen guten
Freund zu begrüßen?«
    Â»Eines dieser Worte ist auf jeden Fall falsch«, knurrte Conny.
    Â» Freundin oder alt ?«,
erkundigte sich Vlad mit einem leisen, glucksenden Lachen. »Das war doch nur so
eine Redensart. Das alt, meine ich.«
    Â»Sind Sie verrückt, hier anzurufen? Was zum Teufel …« Sie sprach
nicht weiter, sondern schluckte den Rest von allem herunter, was ihr auf der
Zunge lag; so schwer es ihr auch fiel. »Was wollen Sie?«, fragte sie ruhig.
    Â»Vielleicht möchte ich mich nur erkundigen, wie es dir geht?«,
schlug Vlad vor, aber sie konnte auch regelrecht hören, wie er praktisch im
gleichen Augenblick selbst den Kopf schüttelte.
    Â»Nein, natürlich rufe ich nicht nur deshalb an«, bekannte er, »auch
wenn mir dein Wohlergehen tatsächlich am Herzen liegt … ob du es glaubst oder
nicht.«
    Seltsam – Conny nahm ihm das ab. »Woher haben Sie diese Nummer?«,
wiederholte sie dennoch scharf.
    Â»Wer weiß«, antwortete Vlad. »Vielleicht hat Sie mir ja dein Freund
gegeben, dieser nette Kommissar, auf dessen Anruf du ja anscheinend so dringend
wartest.« Er lachte wieder, und wieder dieses leise, raue Lachen, das sie auf
so sonderbare Weise berührte, ob sie wollte oder nicht. »Ich fürchte
allerdings, du machst dir falsche Hoffnungen. Er wird nicht anrufen. Er ist
beschäftigt, weißt du? Er sieht fern. Aber ich fürchte, er hat ein ziemlich
langweiliges Programm gewählt. Und es lohnt sich nicht einmal. Er wird nicht
finden, wonach er sucht.«
    Â»Die Überwachungsvideos?« Conny war nicht einmal wirklich
überrascht. Also gut, dieser Kerl war unheimlich. Er
wusste Dinge, die er eigentlich nicht wissen konnte, und es bereitete ihm ganz
offensichtlich großes Vergnügen, mit diesem Wissen nicht nur anzugeben, sondern
sie auch zu verunsichern – oder es wenigstens zu versuchen. Bildete er sich
tatsächlich ein, damit irgendetwas zu erreichen? Er war ganz bestimmt nicht der
Erste, der glaubte, schlauer zu sein, als die Polizei erlaubt. Und er würde
auch nicht der Erste sein, dachte sie grimmig, dem genau diese Einstellung am
Ende das Genick brach.
    Wenn es nach ihr ging, möglicherweise wortwörtlich.
    Â»Also gut«, sagte sie. »Was wollen Sie?«
    Â»Sagte ich das nicht bereits?«, fragte Vlad. »Mich nach deinem
Befinden

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