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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hoffte er insgeheim, dass sie irgendwann genug hatte und
das Handtuch warf.
    Â»Warum tun Sie das?«, fragte sie, plötzlich und geradeheraus.
Trausch blickte fragend, und sie machte eine erklärende Geste in die Runde.
»Das alles hier. Eichholz wird Ihnen den Kopf abreißen, wenn er erfährt, dass
es hinter seinem Rücken ein konspiratives Treffen zwischen uns gegeben hat.«
    Â»Vielleicht bin ich scharf auf Eichholz’ Posten?«, sagte Trausch.
    Â»Sind Sie das?«
    Â»Nein«, antwortete Trausch.
    Â»Dann tun Sie es, weil ich Ihnen so ans Herz gewachsen bin.«
    Sie bedauerte ihre Worte sofort, als sie das fast erschrockene
Flackern in seinen Augen registrierte. Trausch? Trausch und … Nein, das war
unmöglich.
    Â»Weil ich derselben Meinung bin wie er«, antwortete er, nach einem
fast unmerklichen, aber bedeutungsvollen Zögern. »An der Geschichte ist etwas
faul. Und ich möchte nicht, dass der wirkliche Täter am Ende entkommt, nur weil
Eichholz einen Privatkrieg gegen Sie führt.« So wie Sie
gegen ihn, fügte sein Blick hinzu. Gut, das war ganz bestimmt nicht die
ganze Wahrheit, aber eine Erklärung, mit der sie leben konnte, wenigstens im
Augenblick.
    Â»Den wirklichen Täter? Ich dachte, der liegt auf dem
Obduktionstisch?«
    Â»Das dachte ich bis vor einer Stunde auch.« Trausch legte
übertrieben umständlich sein Besteck aus der Hand, tupfte sich mit der
Serviette über die Lippen und zog dann den Videoprint aus der Jackentasche.
Conny fragte sich, was er bei der schummerigen Beleuchtung hier drinnen darauf
eigentlich erkennen wollte. Selbst bei gutem Licht sah man darauf bestenfalls
einen Schatten. »Nach dem, was Sie mir vorhin erzählt haben, bin ich da nicht
mehr so sicher.«
    Er seufzte, steckte das Bild wieder ein und sah sie leicht
vorwurfsvoll an. »Sie hätten mir das sagen müssen, Conny.«
    Â»Erzählen Sie jedem von Ihren Albträumen?«, fragte sie leise.
    Â»Nicht jedem«, antwortete er. »Nur denen, denen ich vertraue.«
    Das saß. Und sie wusste auch, was er als Nächstes sagen würde.
    Â»Immer vorausgesetzt, es hat sich tatsächlich alles so abgespielt,
wie Sie sagen«, begann er, und fast zu ihrer eigenen Überraschung nahm sie ihm
diese kleine Einschränkung nicht einmal übel, »haben Sie sich dann schon einmal
überlegt, dass wir vielleicht den Falschen erwischt haben?«
    Natürlich hatte sie das, mehr als einmal. Aber der Gedanke war so
schlimm, dass sie bisher einfach davor zurückgeschreckt war und sich einfach
geweigert hatte, ihn zu Ende zu denken.
    Trotzdem schüttelte sie heftig den Kopf. »Ich habe ihn erkannt«,
beharrte sie. »Der Kerl hat auf mich geschossen. Er hat versucht, mich
umzubringen. Glauben Sie, ich vergesse sein Gesicht?« Sie lachte böse. »Ich
muss ihn wohl tatsächlich irgendwie verwechselt haben. Nobody is perfect, nicht
wahr?«
    Â»Sie wissen genauso gut wie ich, dass das höchstens ein Grund mehr
ist, sich nicht genau an sein Gesicht zu erinnern«,
sagte Trausch sanft, hob zugleich aber auch abwehrend die Hand, als sie
auffahren wollte, und griff dann aus der gleichen Bewegung heraus nach seiner
Gabel, um weiterzuessen. »Natürlich war Aisler der Richtige. Die Beweise sind
eindeutig, sowohl die aus dem Trash als auch die
Schweinerei, die wir in seiner Wohnung gefunden haben. Wussten Sie, dass man
Blut in seinem Magen gefunden hat? Menschliches Blut, meine ich. Nicht sein
eigenes.«
    Conny starrte ihn an. Sie erinnerte sich vage daran, dass Professor
Levèvre so etwas erwähnt hatte, aber sie hatte den Gedanken an die Konsequenzen
bislang verdrängt. Das gelang ihr jetzt nicht mehr. Sie konnte auch gar nicht
genau sagen, was sie mehr erschütterte: Die Vorstellung, dass Aisler
tatsächlich das Blut seiner Opfer getrunken hatte oder der Umstand, dass
Trausch in aller Seelenruhe weitermampfte, nachdem er diese Ungeheuerlichkeit
ausgesprochen hatte.
    Für ein paar Sekunden geriet ihre Unterhaltung ins Stocken, und
irgendwie schien plötzlich keiner von ihnen mehr zu wissen, was er sagen
sollte. Conny wusste plötzlich auch nicht mehr, wohin mit ihrem Blick, sah hoch
und begegnete dem des Stacheligels in der Ecke. Er starrte sie an; nicht einfach so , wie man seinen Blick mehr oder weniger ziellos
herumirren lässt, sondern ganz bewusst sie. Nach zwei
oder drei Atemzügen senkte er zwar

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