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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Tage alt, nicht nur Schnee von gestern, sondern nach der
besonderen Zeitrechnung der Presse irgendetwas aus der Steinzeit. Sie würde das
Haus unbehelligt verlassen können.
    Trotzdem verkleidete sie sich mit Kopftuch und Sonnenbrille, bevor
sie die Wohnung verließ.
    Sie kam gerade einmal anderthalb Dutzend Schritte weit; genauer
gesagt, bis zum Aufzug. Die Kabine befand sich bereits auf dem Weg nach oben,
und Conny trat automatisch ein Stück zurück und zur Seite, falls jemand auf
ihrer Etage aussteigen wollte – und erlebte die zweite Überraschung an diesem
Morgen. Allerdings war sie nicht ganz sicher, ob es auch diesmal eine angenehme
Überraschung war: Sie bestand aus zwei Teilen: Der eine war niemand anderes als
Trausch, aber sie war (verwirrend genug) zum ersten Mal nicht sicher, ob sie
sich wirklich freute, ihn zu sehen, und der andere (ganz eindeutig unangenehme)
hieß Eichholz und stand nicht nur zwei Schritte hinter Trausch in der Kabine,
als hätten die beiden versucht, ganz instinktiv so viel Abstand zwischen sich
zu legen, wie es überhaupt möglich war (was ihn absurderweise gerade deshalb
irgendwie zu einem Eindringling zu machen schien) und funkelte sie so
feindselig an, dass es schon beinahe lächerlich aussah … oder ausgesehen hätte,
wäre da nicht der eindeutig besorgte Blick gewesen, mit dem Trausch sie maß.
    Das Lächeln, das bei ihrem Anblick über sein Gesicht huschte, wirkte
allerdings durchaus echt. »Guten Morgen«, sagte er.
    Conny erwiderte seinen Gruß auf die gleiche Weise und warf auch
Eichholz ein zumindest halbwegs glaubhaftes Lächeln zu, auf das dieser
allerdings nur mit einem angedeuteten Nicken und einem kaum sichtbaren
Verziehen der Lippen reagierte. Das sah nach Ärger aus, dachte sie. Nicht nach
dem ganz normalen Ärger, der so selbstverständlich zu dem bloßen Umstand von
Eichholz’ Erscheinen gehörte wie seine maßgeschneiderten Anzüge und sein immer
missmutiger Blick. Diesmal roch es wirklich nach Ärger.
    Aber was hatte sie eigentlich erwartet, nach gestern Abend?
    Â»Sie wollen weg?«, fragte Eichholz, statt sich mit etwas so
Überflüssigem wie einer Begrüßung aufzuhalten. »Wir kommen doch nicht
ungelegen, oder?«
    Conny zog es vor, gar nichts dazu zu sagen, sondern warf Trausch
einen unverblümt fragenden, wenn auch leicht beunruhigten Blick zu, dem dieser
allerdings auswich; was dem unguten Gefühl in ihr natürlich sofort neue Nahrung
gab.
    Â»Falls sie nichts Unaufschiebbares vorhaben«, fuhr Eichholz fort und
trat gleichzeitig so forsch aus dem Lift, dass sie vor ihm zurückweichen
musste, ob sie wollte oder nicht, »dann würden wir uns gerne einen Moment mit
Ihnen unterhalten, Frau Feisst. Keine Sorge – es dauert nicht lange.«
    Das war keine Bitte. Sie hätte Nein sagen können, aber das hätte er
ohnehin ignoriert, und obwohl Trausch ihrem Blick jetzt ganz bewusst auswich,
war seine Nervosität trotzdem nicht zu übersehen. Sie hob nur die Schultern,
wandte sich wortlos um und ging wieder zurück. Auch Eichholz und Trausch
schwiegen, bis sie in der Wohnung waren und Conny ihre alberne Verkleidung
abgelegt hatte.
    Â»Einen Kaffee?«, fragte sie.
    Trausch zog eine Grimasse (allerdings so, dass Eichholz es nicht
sehen konnte) und nickte dann. »Gern.« Er wandte sich nun doch an Eichholz.
»Sie auch? Frau Feisst macht einen wirklich köstlichen Kaffee, und ich könnte
einen gebrauchen, nach dieser Nacht.«
    Eine halbe Sekunde lang wirkte Eichholz beinahe hilflos, dann aber
nickte er – widerwillig – und sah sich zugleich unverhohlen neugierig in der
winzigen, pedantisch aufgeräumten Wohnung um. Er wirkte ein bisschen
überrascht, fand Conny. Was hatte er erwartet?
    Während sie in die Küche ging und zwei Tassen des mittlerweile nur
noch lauwarmen Kaffees einschenkte, beobachtete sie sie weiter unauffällig aus
den Augenwinkeln. Trausch stand so steif da, als hätte er den berühmten
Besenstiel verschluckt, und man musste keinen Doktor in Psychologie haben, um
zu erkennen, wie unwohl er sich in seiner Haut fühlte, während Eichholz sie
irgendwie an eine tickende Zeitbombe erinnerte, die kurz vor der Explosion
stand. Also gut, dachte sie, jetzt hatte er endlich seinen Grund, sie
zusammenzustauchen. So unangenehm ihr sein plötzliches Auftauchen auch sein
mochte, vielleicht war es das Beste,

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