Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Vlad keine Spur, und es gab auch keinen zweiten Ausgang aus der
Kletterburg.
    Trausch schaltete seine Lampe aus, bückte sich unnötig tief, um wieder
aus dem baufälligen Spielgerät herauszukommen, und blickte sie mit steinernem
Gesicht an. »Kommen Sie mit«, sagte er.
    Â»Wohin? Was …?«
    Trausch ergriff sie so hart am Arm, dass sie erschrocken
zusammenfuhr und im ersten Moment so perplex war, dass sie nicht einmal auf den
Gedanken kam, sich zu wehren, bevor sie schon ein halbes Dutzend Schritte
entfernt waren und er ihr Handgelenk von sich aus losließ. Sie machte trotzdem
eine Geste, als hätte sie sich losgerissen, prallte einen halben Schritt zurück
und funkelte ihn so zornig an, wie sie nur konnte. »Sind Sie verrückt geworden?
Was soll das?«
    Â»Genaue dasselbe wollte ich Sie gerade fragen!«, gab Trausch
aufgebracht zurück, und in so scharfem Ton, wie sie es noch nie bei ihm erlebt
hatte.
    Â»Was … meinen Sie damit?«, murmelte sie verstört. Ihre Wut war so
schnell verraucht, wie sie gekommen war.
    Die Trauschs ganz offensichtlich nicht. Ganz im Gegenteil: Seine
Augen funkelten, und sie sah ihm an, wie viel Beherrschung es ihn kostete, sie
nicht tatsächlich anzuschreien. »Was ich damit meine?« Er gestikulierte wütend
in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren. »Ich habe da draußen ein
Dutzend Männer herumlaufen, und ein weiteres Dutzend sitzt in genauso vielen
Streifenwagen herum und behält jeden verdammten Ein- und Ausgang des gesamten
Viertels im Auge. Einmal ganz davon abgesehen, dass Sie genauso gut wie ich
wissen, was ein solcher Einsatz kostet, hätte jeder Einzelne dieser Männer
wirklich etwas Besseres zu tun, als einen leeren Kinderspielplatz zu observieren!
Und jetzt sagen Sie mir bitte, dass das nicht alles vollkommen umsonst gewesen
ist!«
    Connys Augen wurden schmal. Sie wich einen weiteren halben Schritt
vor ihm zurück. »Es ist nicht meine Schuld, wenn er Ihren Leuten entwischt
ist!«, antwortete sie scharf. »Was hätte ich tun sollen? Ihn gewaltsam
festhalten?«
    Â»Dort draußen ist niemand, Conny«, antwortete Trausch, leiser, noch
immer mit mühsam beherrschter Stimme. »Die Männer werden niemanden finden, weil dort niemand ist!«
    Â»Und mit wem habe ich dann gerade gesprochen?«, fragte Conny.
    Â»Das weiß ich nicht.« Trausch tippte gegen das schlanke Headset, das
um seinen Hals baumelte. »Sagen Sie es mir. Ich habe nur Ihre Stimme gehört.«
    Â»Blödsinn!«, fauchte Conny. Das hieß – sie wollte es fauchen, aber
ihre Stimme klang sogar in ihren eigenen Ohren irgendwie kläglich. Sicher, Vlad
hatte leise gesprochen, doch da war immer noch das Mikrofon in ihrem Kragen,
und sie wusste so gut wie er, wie überaus empfindlich diese Dinger waren.
Selbst wenn Vlad geflüstert hätte, hätte Trausch sogar seine Atemzüge hören
müssen.
    Â»Was soll das alles, Conny?«, fragte er noch einmal, jetzt in eher
resignierendem Ton. Vielleicht auch traurigem.
    Â»Wollen Sie jetzt behaupten, dass ich Sie belüge?«, fragte sie.
    Â»Nein«, antwortete er, »aller …«
    Â»â€¦Â höchstens, dass ich verrückt bin? Oder sind Sie auch der Meinung,
dass ich mich nur ein bisschen wichtigmachen will?«
    Sie konnte regelrecht dabei zusehen, wie sein Zorn verrauchte und
etwas gänzlich anderem wich, das sie nicht genau einordnen konnte. Er schwieg
etliche Sekunden. »Nein«, sagte er schließlich. Es klang irgendwie
resignierend. »Natürlich nicht. Ich …« Er brach ab, atmete hörbar ein und fuhr
in plötzlich auf völlig andere Art zornigem Ton fort: »Ach verdammt, was soll
ich denn glauben, Ihrer Meinung nach? Dort draußen ist niemand! Und es war auch
niemand da, verdammt noch mal! Ich habe Sie die ganze Zeit beobachtet, genau
wie ein halbes Dutzend weiterer Männer! Ich habe weder etwas gesehen noch
gehört!« Er schlug mit der flachen Hand auf seine Jackentasche, in der er
vermutlich ein Aufnahmegerät trug. »Sie können es sich gerne selbst anhören,
wenn Sie wollen!«
    Â»Dann muss ich wohl doch verrückt sein«, sagte Conny böse.
    Â»Nein, das sind Sie ganz bestimmt nicht«, antwortete Trausch. Er
klang auf eine sonderbare Weise … traurig, fand Conny. Einen Moment lang sah er
sie einfach nur an, auf eine sehr sonderbare, irritierende

Weitere Kostenlose Bücher