Unheil
Tommy in der Pathologie jobbt.«
»Du sollst endlich die Klappe halten.« Denkert heulte fast, doch was
er selbst für Wut halten mochte, das klang in Wahrheit nur nach schierer
Verzweiflung. Conny konnte seine Angst riechen.
»Und dann haben sie verlangt, dass er ihnen seine Zugangskarte gibt
und ihnen erklärt, wie sie ins Institut kommen«, vermutete sie. »Und als er
sich geweigert hat, haben sie ihn zusammengeschlagen.«
»Genau andersherum.« Jenny schnaubte. »Sie haben sofort
zugeschlagen. Ich ⦠ich hab gedacht, sie bringen ihn um, aber ich konnte nichts
machen. Der eine Kerl hat mich festgehalten, und der andere hat immer wieder
auf Tommy eingedroschen. Und erst danach haben sie seinen Ausweis verlangt und
dass er ihnen alles erklärt.«
»Und das haben Sie auch getan«, vermutete Trausch und beantwortete
seine eigene Frage sofort mit einem Kopfnicken. »Das war vollkommen richtig.
Ich an Ihrer Stelle hätte genau dasselbe getan ⦠aber warum haben Sie hinterher
nicht die Polizei gerufen â oder wenigstens im Institut Bescheid gesagt, damit
man sich um die Burschen kümmert?«
Denkert starrte ihn auch weiter nur trotzig an, und Conny wandte
sich wieder an seine Freundin. »Sie haben damit gedroht, wiederzukommen und Sie
beide umzubringen, wenn Sie irgendetwas unternehmen, nicht wahr?«
Jenny nickte und versuchte weiter, möglichst gelassen auszusehen,
und beinahe gelang ihr das sogar. Aber unter der aufgesetzten Ruhe in ihrem
Blick war noch etwas anderes, das Conny nicht nur zutiefst berührte und eine
Woge ehrlich empfundenen Mitleids in ihr aufsteigen lieÃ, sondern sie auch fast
mit Scham erfüllte, angesichts des kindischen Gefühles von Eifersucht, das sie
gerade gehabt hatte.
»Sie hätten uns trotzdem alarmieren sollen«, sagte Trausch.
»Damit sie zurückkommen und mich vollständig erledigen?«, fragte
Denkert. »Oder Jenny?«
Trausch grummlte. »Nun, immerhin können Sie die beiden beschreiben.«
Jenny erschrak sichtlich, und Conny warf Trausch einen leicht
ärgerlichen Blick zu und beeilte sich, in beruhigendem Ton hinzuzufügen: »Keine
Sorge. Wir passen auf Sie auf. Wie haben die beiden ausgesehen? Ziemlich groÃ
und sehr kräftig? Schwarze Haare, und einer hatte ein Hundehalsband um?«
Jenny nickte zaghaft. »Ja. Warum?«
»Weil wir sie haben«, sagte Conny rasch, bevor Trausch es tun
konnte. »Sie brauchen keine Angst mehr vor ihnen zu haben. Sie tun niemandem
mehr etwas.«
Trausch stand wieder auf und zog sein Handy aus der Tasche, und das
Misstrauen in Denkerts Augen loderte neu auf. »Was haben Sie vor?«
»Ich rufe einen Krankenwagen für Sie, Junge«, antwortete Trausch,
während er bereits die Nummer wählte. »Und ein paar Kollegen, die sich hier
gründlich umsehen und nach Spuren suchen.« Er blinzelte Jenny übertrieben
verschwörerisch zu. »Ich schätze, es wird eine halbe Stunde dauern, bis sie
hier sind. Falls Sie also vorher noch ein bisschen aufräumen oder das eine oder
andere wegwerfen wollen â¦Â«
Jenny starrte ihn verständnislos an, aber dann fuhr sie umso
heftiger zusammen, stand auf und hatte es plötzlich sehr eilig, das Zimmer zu
verlassen.
Während Trausch zuerst einen Krankenwagen (ohne Blaulicht und
Sirene) und ein Team der Spurensicherung bestellte, sah sich Conny zum ersten
Mal wirklich aufmerksam in dem winzigen Zimmer um. Es war so klein, dass sie
sich im Nachhinein beinahe fragte, wie Trausch, Jenny und sie selbst überhaupt
gleichzeitig Platz darin gefunden hatten. Die Matratze, die Denkert anstelle
eines Betts benutzte, nahm nahezu den gesamten vorhandenen Raum ein, und was
noch übrig war, glich eher einer Müllkippe als einem Zimmer, in dem tatsächlich
ein Mensch lebte. Wenn das ganze Haus schon der Karikatur eines Studentenheims
glich, dann musste sie für das hier wohl ein neues
Wort kreieren.
Trausch klappte sein Handy zusammen und steckte es ein. »Der Krankenwagen
ist unterwegs. Und unsere Kollegen auch.«
»Kollegen?«
»Die Spurensicherung«, antwortete Trausch, bemühte sich aber
zugleich auch um ein aufmunterndes Lächeln. »Keine Sorge, wir interessieren uns
nur für die beiden Burschen, die Sie überfallen haben. Alles andere â¦Â« Er hob
die Schultern. »Ich rede ja nicht gerne schlecht über Kollegen, aber
Weitere Kostenlose Bücher