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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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doch an – allerdings auf eine Art, die ihr nicht sonderlich
gefiel – und sie fügte hastig hinzu: »Ich weiß es nicht. Nur so ein Gefühl … Sie
kennen das doch.«
    Â»Ja, ich weiß, was Sie meinen. Es kann nicht schaden, wenn ich mir
die Vampirhöhle noch einmal ansehe.«
    Â»Sie?«, fragte Conny alarmiert.
    Â»Ich.« Die Ampel sprang auf Gelb, dann auf Grün, und Trausch fuhr
ebenso übertrieben langsam weiter, wie er zuvor gerast war.
    Â»Was genau meinen Sie mit ich?«, fragte
Conny, nachdem sie eine Weile schweigend dahingefahren waren.
    Â»Ich glaube, es war ein Fehler«, sagte er.
    Â»Was war ein Fehler?«
    Â»Sie mitzunehmen«, antwortete er. »Ich bringe Sie jetzt nach Hause.«
    Â»Was soll denn dieser Unsinn?«, fragte sie empört.
    Â»Das sollte ich besser Sie fragen«, antwortete er ärgerlich. »Was
war da drinnen gerade mit Ihnen los? Seit wann setzen wir Zeugen so unter Druck?«, fragte er. »Noch dazu, wenn sie
eigentlich eher Opfer sind?«
    Â»Sie haben mit der U -Haft angefangen«,
behauptete Conny, aber er schüttelte nur zornig den Kopf und raunzte sie
beinahe an: »Ich habe ihm die Daumenschrauben gezeigt, Conny. Sie haben sie ihm
angelegt. Das ist nicht meine Art und normalerweise auch nicht Ihre.«
    Â»Und?«, fragte sie patzig. »Hat es funktioniert oder nicht?«
    Â»Wenn er sich über Sie beschwert, sind wir beide in Schwierigkeiten.
Sie wegen Ihres Benehmens, und ich, weil ich Sie mitgenommen habe.«
    Â»Und davor haben Sie Angst?«
    Â»Angst«, antwortete Trausch ungerührt, »habe ich allenfalls davor,
dass Sie sich zu viel zumuten, Conny.« Sie wollte widersprechen, doch er ließ
sie gar nicht erst zu Wort kommen, sondern fuhr eine Winzigkeit lauter, wenn
auch in versöhnlichem Ton fort: »Ich weiß, wie stark Sie sind, Conny. Und ich
weiß auch, was Sie können. Aber überschätzen Sie Ihre Kräfte nicht. Es ist erst
ein paar Stunden her, seit man Sie beinahe umgebracht hätte, von allem anderen
ganz zu schweigen. Wissen Sie, was mit einer Maschine passiert, die immer nur
mit Höchstleistung läuft? Selbst mit der Besten? Sie brennt aus.«
    Â»Wie schön, dass Sie mich so sehen«, sagte sie böse.
    Â»Sie wissen schon, was ich meine«, seufzte Trausch. »Ich bringe Sie
jetzt nach Hause, und Sie schlafen sich erst einmal richtig aus. Ich komme
später noch einmal bei Ihnen vorbei, wenn Sie wollen.«
    Â»Ich will vor allem nicht zu Hause sitzen und die Wasserflecken an
der Decke zählen«, sagte sie. »Ich dachte, das hätten wir schon geklärt.«
    Â»Ich habe nicht erwartet, dass Sie sich wie die Axt im Walde
aufführen«, antwortete er scharf. »Und ganz bestimmt nicht, dass …« Er brach
mitten im Satz ab, starrte mit fast schon verbissen wirkendem Gesichtsausdruck
geradeaus und gab sich dann einen sichtbaren Ruck.
    Â»Also gut«, seufzte er. Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht bin
ich auch einfach nur verrückt.«
    Â»Und was genau soll das heißen?«, fragte Conny misstrauisch.
    Â»Dass ich Sie nicht nach Hause bringe«, antwortete Trausch. »Aber
jetzt ziehen Sie bloß keine voreiligen Schlüsse. Der einzige Grund, aus dem ich
Sie mitnehme, ist der, dass ich Sie so besser unter Kontrolle habe.«

Kapitel 13
    Trausch
hatte vollkommen recht gehabt: Sie hatte bisher weder Aislers Wohnung noch das
Haus von innen gesehen, aber zumindest der Eingangsbereich und der Lift, mit
dem sie nach oben fuhren, entsprachen so genau ihren Vorstellungen, wie es
Denkerts sogenannte Studentenbude getan hatte, und auch hier nicht unbedingt in
positivem Sinne. Die Klingelknöpfe waren ein wildes Sammelsurium aus schlampig – oder auch gar nicht – beschrifteten Namensschildern, das Drahtglas in der
Haustür war an zwei Stellen gesprungen und zu einem blinden Spinnennetz
geworden, und die meisten Briefkästen quollen über vor Werbung oder nicht abgeholter
Post, sofern ihre Türen nicht herausgerissen waren. In der Luft lag ein
muffiger Geruch, und durch die viel zu dünnen Wohnungstüren drang ein
Durcheinander aus Musik- und Stimmfetzen. Obwohl draußen heller Sonnenschein
herrschte und das Treppenhaus über großzügige Fensterflächen verfügte, hielt
sich hier drinnen ein sonderbares Halbdunkel, als hätte die Dunkelheit der
zurückliegenden Nacht auf

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