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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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ansehen. Es scheint wie unter Druck herauszukommen, wie Dampf. Ich komme allmählich näher, so daß ich hinter die Betonplatte sehen —« Wieder brach die Stimme ab.
    »Da ist ein Spalt!« Holman erschrak über die Heftigkeit des plötzlichen Ausrufes. » Da ist ein Spalt im Dach! Der Nebel entweicht durch ihn! Aber das ist unmöglich. Es muß die Gewalt der Sprengung sein. Die Luft im Inneren des Tunnels muß den Nebel herausdrücken. Das muß es sein, sicherlich kann der Nebel nicht — Gott! Da ist ein Lichtschein! Die ganze Geschichte beginnt zu leuchten. Das Licht kommt heraus. Es ist das Licht, das wir im Tunnel sehen, das gelbe Licht. Nein, nein — die Mykoplasmen entweichen. Es zieht mit dem Nebel heraus! Ich muß fort von hier! Ich bin zu nahe daran.«
    Das Funksprechgerät wurde still, bis auf das scharfe Knistern atmosphärischer Störungen, und Holman brach zum erstenmal seit vielen Jahren zusammen und weinte.
    »Holman! Sergeant Stanton! Können Sie mich hören?« Holman hob den Kopf beim Klang der Stimme und griff zum Funksprechgerät. Er hatte keine rechte Vorstellung davon, wieviel Zeit vergangen war, seit die Funkverbindung aufgehört hatte: Vielleicht waren es nur Sekunden gewesen, wahrscheinlich aber mehrere Minuten, durch den Schock war jedes Zeitgefühl ausgelöscht. Gab es keine Antwort, kein Ende dieses Alptraumes? Gab es keine Möglichkeit, die Bedrohung zu beseitigen?
    »Hallo, hier ist Holman«, sagte er hastig ins Mikrofon. »Ryker?«
    »Nein, hier ist Hauptmann Peters. Professor Ryker ist neben mir im Fahrzeug; ich fürchte, es geht ihm nicht allzu gut.«
    »Was ist geschehen?«
    »Das Mykoplasma. Es entweicht. Ich hörte Professor Ryker rufen und kletterte die Schutthalde des gesprengten Tunneleingangs hinauf, um zu sehen, was geschehen ist. Er lag dort, und vor ihm konnte ich ein — ich kann es nur als eine feste Masse von Licht beschreiben, obwohl das kaum zutreffend sein kann. Es scheint mit dem Nebel weiterzutreiben und muß Professor Ryker unmittelbar berührt haben.«
    Holman atmete tief durch. »Wie geht es ihm?«
    »Ich weiß es nicht, er scheint etwas benommen. Ich schleppte ihn zum Wagen und zog ihn hinein, konnte aber nicht riskieren, ihm den Schutzhelm abzunehmen, um ihn zu untersuchen. Ich vermute, es ist mehr Angst und Enttäuschung als etwas Bedrohliches. Der Anblick dieser Lichterscheinung, die aus dem Tunnel entwich und auf ihm zukam, muß ihn tief getroffen haben. Aber er scheint es allmählich zu überwinden; gerade eben sagte er mir, ich solle der Lichterscheinung folgen, weil wir sie diesmal nicht aus den Augen verlieren dürften, aber dann sackte er in seinem Sitz zusammen und schien ohnmächtig zu werden. Ich hoffe, er wird sich jetzt rasch erholen.«
    »Seien Sie vorsichtig, Hauptmann Peters«, sagte Holman. »Er könnte infiziert worden sein.«
    »Nein, das glaube ich nicht; diese Anzüge sind undurchlässig und verdammt fest. Ich vermute, daß es der Schock ist. Jedenfalls folge ich dem Ding, oder dem Kern, oder was es ist, und bleibe in Sichtweite. Es scheint genau ostwärts zu ziehen...« Er brach ab. »Holman, vor uns sind zwei riesige Gebäude im Nebel. Sie sehen aus wie — ja, das ist es. Es sind Gasometer. Riesige Gasometer!«
    Holman versuchte, sich an die Fahrten auf der Schnellstraße durch den Blackwall-Tunnel zu erinnern. Das letzte Mal war es spät am Abend gewesen, und als er, nach Süden fahrend, aus dem Tunnel gekommen war, hatte er zu seiner Linken ein fantastisches Bild gesehen, das ihn an eine Szene aus einem Science-Fiction-Film gemahnt hatte. Es war das Bild einer großen Gasraffinerie gewesen, deren silbrig schimmernde Türme, Rohrleitungen und Gasometer, von Flutlichtlampen angestrahlt, einen seltsam unirdischen Eindruck auf ihn gemacht hatten. Es gab zwei große Gasometer (vermutlich dieselben, die Peters gerade gesehen hatte), und dahinter Reihen von kleineren Tanks. Die Raffinerie war am Flußufer errichtet worden, um die Löschung der Kohle zu vereinfachen, die in Lastkränen die Themse heraufgebracht und zur Herstellung von Stadtgas verarbeitet wurde. Er wußte, daß es eines der größten Gaswerke Englands war, denn es bediente große Teile Londons und Südostenglands.
    »Holman, was für eine Anlage ist das?« Es klang wie Rykers Stimme.
    »Sind Sie es, Professor?« fragte er in besorgtem Ton. »Fühlen Sie sich besser?«
    »Ja, ja, ich fühle mich noch etwas schwindlig, aber sonst geht es mir gut. Nun sagen Sie rasch, was für

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