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Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Titel: Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Milde
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ist, „DORT“ anzukommen. Aber er meint, dass das für jeden verschieden sei. Er will uns nichts verraten, auch wenn wir noch so betteln. „Es ist ein sehr persönliches Erlebnis“, sagt er. Er ist ein „Wiederholungstäter“, er muss es wissen.
    Ich geh früh schlafen. Morgen erwartet uns wieder eine lange Etappe von 25 km, die mit acht Stunden Gehzeit angegeben ist.
    Ich kann lange nicht einschlafen, weil ich friere. Ich ziehe meinen Schlafsack dicht um mich, aber es ist so kalt. Irgendwann schlafe ich doch ein und als ich aufwache, sind die anderen alle schon losgezogen.

Die Rutschpartie nach Monreal
    Der Marsch nach Monreal ist durch permanenten Schlamm und Lehm auf den Wegen anstrengend. Die Füße sind steinschwer, weil an den Schuhsohlen dicke Klumpen dieses Drecks kleben bleiben. Die Landschaft allerdings ist herrlich. Der Blick fällt auf Berge, Almen und blühende Wiesen. Am Wegesrand wächst Ginster. Juhuuuu, der Frühling ist da! Die Hügelkette rechts von mir, die Sierra de Izco, wird von einer Reihe Windrädern gekrönt. Man soll laut Wanderführer auf dieser Strecke zwischen Sangüesa und Monreal gute Chancen haben, Raubvögel, besonders Geier, zu beobachten. Ich sehe leider keine. „Vielleicht sind sie gerade zu beschäftigt, über Deutschland zu kreisen“, denke ich bedauernd.
    Sorgen machen mir heute meine rechte Hüfte und die linke Ferse. „Die Schmerzen sind arg“, schreibe ich mir von der Seele in mein Büchlein, während ich raste. Ich würde gerne die Bergschuhe gegen die Sandalen austauschen, aber bei diesem Matsch wäre das unsinnig. Ich rutsche schon mit meinen festen Schuhen auf dem glitschigen Untergrund hin und her. Völlig k. o. komme ich nach 8 Stunden in Monreal an. Und wieder einmal führt eine steile, mit grobem Kopfsteinpflaster ausgestattete Straße vom Dorf aus hoch zur Herberge. Das ist wirklich eine Quälerei. Die Fußsohlen brennen wieder wie Feuer. „Ob sich das auf dem Weg noch ändern wird?“, überlege ich. Vielleicht muss ich mich erst noch richtig einlaufen. Es kann doch nicht sein, dass jeder Tag solch eine fast unmenschliche Anstrengung bedeutet. Hätte mir Dorit diesen Weg dann ohne schlechtes Gewissen so sehr ans Herz legen können?
    In der wunderschön gelegenen Herberge angekommen juble ich: „Es gibt eine Waschmaschine, juhuuuu!“ Um gleich darauf zu bemerken: „Sie ist kaputt, grrrrrr!“ Also, wie jeden Abend das gleiche Ritual, nach dem Duschen und Anziehen der zweiten Garnitur: „große Handwäsche.“
    Wir, ein paar wenige Pilger, sitzen zusammen an dem gemütlichen Holztisch und ich freue mich sehr über die Gesellschaft nach meinem einsamen Weg heute. Ich erfahre, dass sie heute eine Frau mit dem Hubschrauber vom Weg weggeholt haben. Sie war in dem lehmigen Schlamm umgeknickt und hatte sich den Knöchel gebrochen. Eine unschöne Art, den Jakobsweg zu beenden. Wir schicken ihr gute Gedanken und verschwinden in unsere hölzernen Stockbetten.

Ruhe vor dem Sturm
    Lilly-Marleen, Bertl und ich ziehen gemeinsam um acht Uhr weiter. Leider haben wir den Großen und Leandro, el Brasilero unterwegs verloren. Ich vermisse sie. Berg und Tal wechseln sich ab, was anstrengend ist, jedoch auch wunderschön. Ich liebe den Anblick der schon grünen Almen und ich genieße die letzte stille Etappe. Denn in Puente de la Reina, unser heutiges Ziel, kommen alle Pilger zusammen, die den Navarrischen Weg von St. Jean-de Pied gehen, wir vom Somport Pass auf dem Aragonischen Weg und alle, die in Pamplona starten.
    Heute gehen wir einmal richtig Mittagessen. Da wir heute wieder eine lange Tour von 28 Kilometern mit achteinhalb Stunden vor uns haben, gönnen wir uns diese Rast in Tiebas. Ich habe zu viel gehungert die letzten Tage, weil es auf den einsamen Wegen bisher keine Gelegenheit gab, etwas Essbares zu kaufen. Meine Hose rutscht mir über den Po, wenn ich sie nicht extra fest zubinde. In einer Bar gibt es rustikale Küche und wir schlagen so richtig zu. Verschiedene Salate, eingelegte Gemüse, gebratene Kartoffeln, etwas Fisch und herrliches Weißbrot und dazu ein Glaserl trockenen Weißen. Herrlich! Gestärkt machen wir uns wieder auf den Weg und schwatzen ausgelassen, glücklich über den vollen Bauch.
    Die einsam am Weg liegende, achteckige Kirche Maria Eunate ist ein wahres Schmuckstück. Die Fenster sind matt durchscheinend aus Alabaster. Die Atmosphäre ist sehr besonders und ich genieße aus vollem, dankbarem Herzen die leise erklingende Musik. Ja, Musik

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