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Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Titel: Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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quantitativ bei weitem nicht diese erreichten.
    Ich schreie, sagte ich, und vielleicht bekomme ich dabei einen Herzi n farkt.
    Ach nein, sagte Hippo, sein Herz ist gut.
    Wenn dich das Schreien irritiert, Hippo, kann man ihm einen Pfro p fen in den Mund stecken, man kann ihn auch festbinden.
    Es geht ja nicht darum, sagte Hironimus, daß wir ihm Schmerzen ve r schaffen. Wir wollen seine Fähigkeit, Schmerzempfindungen zu negi e ren, erforschen und etwas über die irdische Moral der Empfindungsn e gierung erfahren.
    Ich schreie schon, wenn man mir ein Haar ausreißt, sagte ich.
    Aber es ist nicht möglich, sagte Petronius, er steht in einer Heldenr u brik.
    Dann probiert es doch mal, sagte ich.
    Er faßte meine Schulter an, und ich brüllte los, es tat auch alles weh, und ich dachte, wie komme ich dazu, ein Brüllen zu unterdrücken?
    Petronius sagte, er brüllt also. Viel lauter kann ein Mensch nicht brü l len, und weder unser Ohr noch unsere Geräte können ein lauteres G e brüll registrieren, also erübrigt es sich, noch stärkere Schmerzempfi n dungen, wie sie zum Beispiel beim Wiedereinrichten des Rückenwirbels auftreten, bei ihm zu verursachen. Nur wundert es einen bezüglich der Menschenwürde, von der die Lumen immer gesprochen haben. Die Menschenwürde schreibt vor, Empfindungen zu unterdrücken oder nicht laut werden zu lassen.
    Deshalb finde ich die Lumen auch widerwärtig, sagte jemand, der noch nichts gesagt hatte.
    Mir schien, es war ein weiblicher Prudent.
    Und wenn dieser hier brüllt, ist er nicht mit den Lumen gleichzuse t zen.
    Nicht übertreiben, Ludana. Vielleicht ist er nur in dem einen Punkt nicht mit ihnen gleichzusetzen.
    Warum brüllt ihr von der Erde? fragte mich diese Ludana.
    Wir brüllen nicht prinzipiell, sagte ich, es wird bei uns kaum gebrüllt, nicht nur weil wir für jeden Zieper Tabletten haben, sondern weil wir auch auf fast alle möglichen Situationen psychoprophylaktisch vorbere i tet sind. Aber hierauf war ich nicht vorbereitet. Ich hätte dafür nämlich erst einen Kurs absolvieren müssen. Aber bei wem?
    Ich glaube, sagte sie, er hat jetzt große Schmerzen.
    Ja, sagte ich, und ich würde sehr gerne nicht brüllen, um Ihnen keine Lärmschäden zuzufügen, bloß, so sagen wir auf der Erde, der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.
    Sagen Sie das noch mal, sagte Petronius. Das notiert mal: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Dahinter steckt was, das könnte ein Schlüsselwort sein.
    Es ist ganz einfach, sagte ich.
    Petronius sagte, die einfachen Sachen sind meistens die raffiniert e sten. Er machte ein superschlaues Gesicht.
    Mir war nicht klar, ob er sich mit diesem Gesicht über sich selber l u stig machte. Es wirkte zu schlau, als daß ich es für echt halten konnte.
    Betäuben wir ihn, sagte Hippo.
    Wenn es ginge, freundlicherweise örtlich, sagte ich.
    Wir haben hier fabelhafte Spritzen, die hat noch nie jemand außer uns probiert, denn wir ziehen uns auch manchmal kleine Defekte zu. Wir haben keine Menschenwürde wie die Lumen, deshalb betäuben wir uns, wenn es weh tut. Die Spritze selbst sticht etwas, ich mache Sie nur da r auf aufmerksam. Ich bin aber bereit, Ihnen vorher eine Spritze gegen die Empfindung des Stichs zu geben. Allerdings ist bei dieser die Em p findung eines leichten Stichs auch nicht zu vermeiden. Es sei denn, Sie haben nichts dagegen, daß ich Ihnen die betreffenden Stellen mit Kält e schlaf überziehe.
    Machen Sie das, sagte ich, und dann noch die Spritzen, dann könnte nichts schiefgehen. Hauptsache, meine betreffenden Stellen wachen aus dem Kälteschlaf wieder auf.
    Hippo war ebenso dünn und beweglich wie die andern Prudenten, aber sein Kopf wirkte besonders groß, weil ihm fast alle Haare ausgefa l len waren. In die Stirn waren Querlinien gezeichnet wie in ein Schrei b heft. Es war eine Menge Platz auf der Stirn, man hätte allerhand d a raufschreiben können. Seine Augen ließen auf Gutmütigkeit schließen, sie waren blau, und das Weiße war rötlich durchzogen, aber manchmal reflektierten sie das Licht blitzartig. Sie wirkten dann wie glatte Knöpfe.
    Den Kälteschlaf sprühte er mir aus einer langen weißen Flasche, die ein paar Prudenten heranfuhren, auf die beschädigten Stellen auf. Meine Schultern, mein Schlüsselbein, meine Hand, mein Rücken entglitten in die Kälte, und die Kälte strahlte so aus, daß ich auch meine übrigen Teile nicht mehr genau feststellen konnte. Ganz bewußt war ich mir nur, einen Kopf

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