Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI
auftaue, werde ich ein anderer Merkur sein, dann wird von dem alten Erdenson kein Stück mehr übrigbleiben, dann werde ich so sein wie Elektra, werde ich mich ganz ihrer Führung anvertrauen.
Wozu denn immer dieses Pochen auf Gleichberechtigung? Sie soll der Reiseleiter sein. Sie sagte sehr richtig, sie sehe hier nicht durch, und wo man nicht durchsieht, da hilft es nicht, mit einem Schemel das Glas durchzuschlagen. Man sieht dann auch nicht mehr.
Besser wäre es tatsächlich gewesen, wenn ich dahin gewirkt hätte, daß wir mit Sonnenblume beraten, wie die Prudenten aktionsunfähig g e macht werden können, damit sie der Erde nicht gefährlich werden, und dann ab, nach unten, zur Erde.
Mir fiel auf, daß ich nach unten dachte. Nie wieder wollte ich, auf den Raum bezogen, Begriffe wie oben oder unten anwenden. Ich wollte mich nur noch präzise ausdrücken, wenn ich jemals mit Elektra wieder zusammenkäme, und, sobald mein Körper wieder menschlich warm wäre, soviel Körperspray verbrauchen, wie Elektra für nötig hielt. Ich würde nur noch daran denken, so schnell wie möglich unseren Auftrag zu erfüllen, und für den Fall, daß die Prudenten der Erde wirklich U n heil zufügen wollten, sicherheitshalber den Bericht mit Elektra gemei n sam so abfassen, daß wir gedeckt wären, damit man uns für die Untaten der Prudenten nicht verantwortlich machen könnte.
Sonnenblume würde ich seine Maßnahmen, von denen er gesprochen hatte, durchführen lassen und mich nur um die Startklarmachung des Schiffes kümmern. Warum überhaupt sollte ich Sonnenblume mißtra u en oder mir über seine Darstellungen ein eigenes Urteil anmaßen? Man hat als Mensch auch ein Recht, dem andern Menschen zu vertrauen. Sonnenblume war der Wortführer der Hilfesuchenden, und dem Hilf e suchenden soll der Mensch beispringen. Wenn man erst lange überlegt, ob er berechtigt nach Hilfe sucht, kann ihm schon etwas zugestoßen sein.
Ich würde jedenfalls, wenn ich wieder bei Elektra und Sonnenblume wäre, die Abreise beschleunigen, und wenn ich auf der Erde wäre, wü r de ich so schnell wie möglich den aufblasbaren Bungalow für Elektra und mich besorgen.
Indessen, wenn das Unheil, das die Prudenten möglicherweise für die Erde planten, schneller ankäme als unser Bericht? Wenn die Erde ve r nichtet wäre, bevor der Bericht da wäre?
Ach, dachte ich, dann wären wir ganz sicher, daß keiner uns was vo r werfen würde. Das Problem hätte sich dann von selbst erledigt. Aber schade wäre es um die Erde. Vielleicht wäre es das vernünftigste, den Bericht so abzufassen, daß sie gleich etwas hochschickten, ich meinte, präzis ausgedrückt, etwas nach Omega elf entsandten, was die Prude n ten, na ja, ich wollte nicht gerade sagen, vernichten sollte, aber sie doch dran hindern würde, der Erde Unheil zuzufügen.
Mein Fehler war es gewesen, daß ich an den Entdeckungen auf Om e ga elf zu sehr persönlich beteiligt, daß ich zu neugierig war, daß ich mich zu sehr engagiert hatte, anstatt die Sache auftragsgemäß abzuzi e hen. Aber das hatte ich schon deshalb nicht können, weil ich mich selbsttätig freiwillig gemeldet hatte, um die unheimlichen Erscheinung s formen des Lebens kennenzulernen. Von dieser Haltung mußte ich mich, wenn ich hier wieder rauskam, ganz und gar distanzieren.
Es war bestimmt kein Zufall, daß Elektra nichts zugestoßen war. Sie zog zwar die Sache nicht nur auftragsgemäß ab, das wäre ihr vielleicht unmoralisch erschienen, sie hatte jedes Meteoritenkörnchen und jedes Haar an den Prudenten registriert, aber im großen tat sie nichts über ihren Auftrag hinaus.
Es war kein Zufall, daß sie jetzt im bunten Wasser liegen und ihren ganzen schönen weißen Körper fühlen konnte, während ich kalt und steif dalag und für den Kühlschrank präpariert wurde, wenn ich nicht schon im Kühlschrank war.
All diese Vorsätze gab ich auch keineswegs auf, als nach vielen Stu n den, vielleicht nach einem ganzen Tag oder einer ganzen Wetterphase plötzlich Ludana im Zimmer stand und ich sie zum ersten Male richtig betrachten konnte.
Sie war etwas kleiner als Hippo und Hironimus und Petronius, aber ebenso fettarm, und ihr Kopf wirkte im Verhältnis zum Körper groß, schon wegen der vielen gesträubten Haare, die honiggelb ihr Gesicht einrahmten. Das Gesicht war wie dunklerer Honig, goldbraun, die A u gen schokofarben, der Mund apfelsinenrot. So viele warme Farben in dem kalten Raum. Ich fror nicht mehr ganz so. Vielleicht war es
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