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Unirdische Visionen

Unirdische Visionen

Titel: Unirdische Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groff Conklin
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seinen Kopf. »Schlaf ein bißchen, schlaf!«
    »Ah«, sagt Dio erschöpft und läßt seinen Kopf in die Beuge seines Armes fallen. Unter dem Sand, auf dem sie liegen, befinden sich siebzehn Sektoren, von denen drei ihm direkt unterstehen. Sie reichen von Alban bis Detroy. Fast ohne Schlaf hat er zwei Wochen durchgearbeitet. Man redet davon, daß in der nächsten Saison ein achtzehnter Sektor eröffnet werden soll. Die Oberfläche muß erneut gehoben werden; die Baupläne umgearbeitet. Hinter seinen geschlossenen Augen schwimmen die Details und Spezifikationen.
     
    *
     
    »Liebster«, flüstert sie zärtlich, »ich freue mich trotzdem, daß du dir die Zeit genommen hast, auch wenn du sie eigentlich nicht hast. Gerade, weil du sie nicht hast. Begreifst du das?«
    Er schaut sie ironisch an. »Eine Bestätigung deiner Macht?«
    »Nein; mehr Beruhigung oder Versicherung. Weißt du, daß ich eifersüchtig auf deine Arbeit war… und bin. Ich sagte mir:
    »Wenn er heute, jetzt, seine Arbeit Arbeit sein ließe und …«
    Er rollt sich zu ihr hinüber und lächelt sie hintergründig an. »Und dabei unterscheidet sich bei dir kein Tag vom anderen!«
    »Ich weiß, es ist schrecklich. Aber du unterscheidest!«
    Beide verstummten.
    »Die Kluft«, denkt er, »da ist sie wieder. Sie brauchen uns, um ihre Welt jedes Jahr zu überholen, sie frisch und heiter zu erhalten; um die verbrauchte Vergangenheit zu untertünchen. Aber sie mögen uns nicht, weil wir das, was sie so schnell vergessen, behalten und aufzeichnen.«
    Ihre Hände finden sich. Ein Gefühl der Trauer steigt in ihm auf. »Warum sollte ich dich lieben?« fragt er sich im stillen.
    Ihr reuevolles, schmerzliches Lächeln rührt ihn. Er spürt den harten Druck ihrer Finger.
     
    *
     
    Die Ballspieler balgen sich. »Irgend jemand muß diesen Widerspenstigen zähmen«, sagt der Verlierer lachend. »Er schlüpft mir nur so durch die Finger. Wie wär’s mit Ihnen, Dio?«
    »Er ist müde«, protestiert Claire, aber die anderen schreien im Chor: »Oh, ja.«
    Dio richtet sich zögernd auf.
    Die beiden Männer umkreisen sich geduckt, schnellen ihre Oberkörper nach vorne. Piet schießt vor, um blitzschnell Dios Beine zu umklammern. Dio macht einen Satz über ihn hinweg und fährt herum. Er nützt den Schwung der Drehung aus und versucht einen Schulterhebel, aber Piet entwindet sich ihm wie ein Aal und packt ihn um die Taille. Dio steckt wie im Schraubstock; er kämpft gegen die breite Brust des anderen an; die Muskeln treten als dicke Stränge hervor. Die beiden Männer sind ineinander verkeilt. Plötzlich streckt sich Dio, und die beiden landen krachend im Sand. Ein erregtes Stimmengewirr erhebt sich.
    Dio rappelt sich auf. Der andere kniet mit weißem Gesicht im Sand und hält sich den Arm. »Verrenkt?« erkundigt sich Mark.
    »Bin mit all meinem Gewicht aufgekommen. Ich habe nicht erwartet …« Er nickt Dio anerkennend zu. »Das ist ein neuer.«
    »Laß es uns schnell wieder in Ordnung bringen«, sagt Piet »Sonst kommen wir nicht mehr zum Wellenreiten.« Piet legt seinen verletzten Arm über seine Schenkel. »Fertig!« Mark setzt seinen Fuß auf den Arm, beugt sich vor und tritt mit aller Gewalt drauf. Piet wimmert kurz auf, dann lächelt er. Der Arm ist wieder eingerenkt.
    »Setz dich hin und laß ihn mich massieren«, schlägt Mark vor. »Was ist das?«
    Dio wird sich erst jetzt des scharfen Schmerzes in seinem kleinen Finger bewußt. Dunkles Blut quillt. »Pressen Sie fest den Nagel ins Fleisch; die Wunde schließt sich in einer Sekunde.«
    Dio kann sich kaum auf das Wortspiel konzentrieren, das Katha vorgeschlagen hat. Wild durcheinanderschreiend sitzen sie in der Runde. Dio kann das Blut, das immer noch aus seinem Finger quillt, nicht vergessen. Er kann die Hitze und den brennenden Sand nicht mehr aushalten. Angst überkommt ihn, als ob irgend etwas Schreckliches geschehen wäre. Als ob es schon zu spät wäre.
    »Es ist Zeit«, sagt jemand, und alle stehen auf und wischen sich den Sand vom Körper. »Komm«, schmiegt sich Claire an ihn, »mach mit beim Wellenreiten. Es macht irrsinnig Spaß.«
    »Nein, ich muß gehen. Ich rufe dich später an.« Während er sie flüchtig küßt, spielen ihre Finger auf seiner Brust. »Wiedersehen, Wiedersehen«, ruft er den anderen zu und trottet über den Sand davon.
    »Claire«, kommt Katha auf sie zu, »hast du’s bemerkt? Zu komisch. Als er wegging, hat sein Finger immer noch geblutet.«
    »Was? Du mußt dich täuschen. Das

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