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Unirdische Visionen

Unirdische Visionen

Titel: Unirdische Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groff Conklin
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redete Miller auf mich ein. »Wir haben hier alles, was wir brauchen. Die Möglichkeit, zu beobachten und zu lernen und die Marsianer besser kennenzulernen. Dasselbe gilt für sie. Die denkbar beste Situation für beide Welten.«
    Miller erschien mir wie ein Verrückter, wie ein von seiner Idee Besessener. Und ich hatte bald heraus, daß Craig und Klein wie ich fühlten. Wir entwickelten eine gewisse Feindseligkeit gegen ihn.
    Meine Gedanken gingen qualvoll im Kreis herum. Alice und die Kinder!
    Ich weiß nicht, wie lange wir in diesem Verlies saßen. Eine Woche vielleicht. Mit den Waffen hatten sie uns auch die Uhren abgenommen. Der Lärm um uns herum war so unregelmäßig, daß wir nicht Tag und Nacht unterscheiden konnten.
    Die Luft, die wir einatmeten, hatte einen chemischen Geruch. Und die Marsianer änderten ihre Zusammensetzung und Dichte dauernd. Sie experimentierten. Manchmal war sie so schwül, daß jede Bewegung eine Anstrengung war und dann wieder so dünn und trocken, daß wir fast in Ohnmacht fielen. Die Temperatur variierte ebenfalls. Ab und zu vermutete ich eine Droge in der Luft.
    Nahrung wurde uns in kleinen Metallbehältern von einer runden Luftschleuse in der Decke heruntergelassen. Es war dieselbe gallertartige Masse, der wir im Marsschiff begegnet waren. Ihre fade Süße schmeckte uns nicht, aber wir konnten ja nicht verhungern.
    Verschiedene mechanische Geräte schickten sie durch die Luftschleuse. Wie grotesk ähnlich ihr Vorgehen war! Sie hängten uns eine runde Drahtkugel ins Verlies, deren Zweck wir nicht herausfanden, obwohl Miller einen elektrischen Schlag davon bekam.
     
    *
     
    Ich hielt Ausschau nach Etl, aber ich konnte ihn unter den Gesichtern, die an den Spionen erschienen, nicht erkennen. Wie die Menschen, sahen sie auch verschieden aus. Kürzere oder längere Augenstiele; unterschiedlich geformte Tentakel.
    Niemand von uns war mehr in gutem körperlichen Zustand. Nicht einmal Miller, dessen ungebrochenes wissenschaftliches Interesse uns in Erstaunen setzte. Meines war längst erloschen. Und Klein und Craig erging es nicht anders. Ich litt fürchterlich unter Heimweh und hatte Fieber.
    In mühevoller Kleinarbeit lockerte ich die metallene Schuhsohle von einem meiner Stiefel und fing an, wenn wir uns unbeobachtet glaubten, den klebrigen Zement, mit dem die Glasscheibe eingefügt war, auszukratzen. Craig, Klein und ich lösten uns in kurzen Abständen ab. Wir glaubten nicht wirklich an unsere Flucht, aber so entrannen wir wenigstens der bedrückenden Untätigkeit.
    »Wir wollen zum Schiff, Miller«, wisperte ich ihm zu. »Machen Sie mit?«
    Mir fiel nicht mehr auf, daß das nicht der Ton war, in dem man zu einem Vorgesetzten spricht. Aber er schien sich nicht daran zu stören. Er verbot uns auch nicht, an unserer Flucht zu arbeiten; diese plötzliche Energieanspannung hätte uns leicht den Rest geben können. Augenscheinlich verstand er, daß uns unser Leben im Augenblick nicht mehr viel bedeutete.
    »Ich bleibe hier, Nolan. Wenn es euch gelingt, auf die Erde zurückzukommen, sprecht nicht zu schlecht über die Marsianer!«
    »Auf keinen Fall«, versprach ich.
    Es war nicht weiter schwierig, die Scheibe herauszuheben. Wir warteten, bis die Geräusche im Tunnel nachgelassen hatten. Wir hatten unverschämtes Glück. Erstens mußten wir nicht den verzweigten Weg zurückfinden, auf dem wir in unser Gefängnis gebracht worden waren. Wir stießen sofort auf einen zweiten und stülpten unsere Sauerstoffmasken über. Zu dritt begannen wir auf Händen und Füßen den Tunnel entlang zu krabbeln.
     
    *
     
    Wir kamen in einen Tunnel, der nach oben führte. Die Luftschleuse ließ sich durch einen einfachen Hebel öffnen. Die Hauptpassage war nicht direkt leer, aber wir überquerten sie ungesehen. Bald hatten wir die Oberfläche erreicht. Eiskalt schlug uns die Nacht entgegen. Wir stolperten vorwärts und suchten Schutz unter einigen flechtenartigen Büschen. Die Straße lag nur wenige hundert Meter entfernt. Wir hielten darauf zu und bahnten uns einen Weg durch mannshohe Gewächse, mit denen ein ganzes Feld bepflanzt war. Ein dichter Nebel von weißen Eiskristallen lagerte in und über den kälteharten Pflanzen. Zwei Schüsse zerfetzten vor uns die Blätter.
    Für die Marsianer waren wir ausgebrochene Tiger oder Leoparden, nur schlimmer. Voller Verzweiflung dachte ich, daß wir vom Regen in die Traufe gekommen waren. Und dafür all die Anstrengung! Aber als wir an der Straße standen, hob sich

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