Unnatural History
blicken.«
»Aber vielleicht habe ich nicht unbedingt den günstigsten Moment gewählt, um Ihnen meine Vermutungen zu übermitteln, besonders, da es sich von keinerlei Beweisen bestätigten ließ. «
»Doch nun haben Sie den Beweis.«
Das war keine Frage. Geneviève Galapagos war keinesfalls eine Närrin. Die abenteuerlichen Ereignisse der vergangenen Nacht überzeugten Ulysses definitiv von dieser Ansicht. »Gehen Sie ein Stück mit mir«, sagte er.
Als sie seinen Arm nahm, umfing ihn ihr betörender Duft erneut, wie eine warme Brise; der Duft nach Jasmin. Für einen Augenblick glaubte er sich nach Tibet zurückversetzt, in seinen Zufluchtsort der Gärten von Shangri-La. Schweigend schlossen sich die beiden den anderen Spaziergängern durch die Gehege an.
Die Menagerie des Regent’s Park war gefragt bei den Müßiggängern und somit war sie bereits gut besucht, seit der Zoo vor einer Stunde seine Tore geöffnet hatte. Unzählige turtelnde Paare spazierten an den Dinosaurierpferchen vorbei. Die Damen führten zu diesem Anlass Sonnenschirme bei sich, auch zum Schutz gegen das grelle Licht. Nannys schoben Kinderwagen, während sie ihr Bestes gaben, die ungebärdigen Bälger unter Kontrolle zu bringen.
Geneviève hatte sich verspätet. In Gesellschaft von blökendem und furzendem Riesengetier und dem Geratter der Bakerloo-Bahn direkt über seinem Kopf, hatte Ulysses eine halbe Stunde auf sie gewartet, bis er sie schließlich nochmals mit seinem Kommunikator zu erreichen versucht hatte. Es hatte unermüdlich geklingelt, ohne dass jemand abnahm. Nach einer Stunde in der kontinuierlich anwachsenden Besuchermenge fragte er sich, ob sie überhaupt noch kommen würde und warum zur Hölle er diese verstörte Miss Galapagos nicht zu selbiger schicken sollte, um mit seiner Arbeit fortzufahren. Doch dann tauchte sie inmitten der Menge schlendernder Zoobesucher auf, in einem langen, grünen Samtmantel, das üppige goldbraune Haar zu einem kunstvollen Dutt unter einem kleinen Zylinderhütchen frisiert, einen sorgenvollen Blick in ihren Augen.
Sie ließen sich vom Gedränge der Besucher mitziehen, als ob sie die wundersamen Wesen in den Gehegen ebenso amüsieren würden, wie all die schaulustigen Paare. Für einen Moment schien es, als wären die Kümmernisse dieses Auftrages beiseitegeschoben worden.
Während sie umherschlenderten, gelangten einige Gesprächsfetzen an Ulysses Ohr.
»Wenn sie in der Wildnis sind, können sie all die köstlichen Kleingewächse der Savanne genießen, doch hier im Zoo müssen sie sich mit einer Diät aus Heu, Gemüse und frischen Früchten begnügen«, erklärte gerade ein Zoowärter einer Gruppe die aufgezwungenen Ernährungsgepflogenheiten des Stegosaurus. »Unserer Mabel hier haben es besonders die Bananen angetan, nicht wahr, mein Mädchen?«
»Sind sie denn nicht gefährlich?«, wollte eine junge Frau wissen.
»Nur wenn sie Angst haben und man ihnen während einer Massenpanik in den Weg kommt. Ansonsten sind sie wirklich sehr friedlich. Richtig gefährlich werden sie nur während der Balz, wenn die Männchen um die Aufmerksamkeit der Weibchen kämpfen; bis auf unseren alten George hier, er macht sich nicht mehr viel aus solchen Dingen. Heute kann er nur mehr ganz passabel brüllen. Leider fehlt es uns an anständigen männlichen Jungtieren hier im Zoo, die seine Position als Platzhirsch anfechten könnten.«
Sie gingen weiter in Richtung einer Schulklasse, die ihrer geplagten Lehrerin stoische Ignoranz entgegenbrachte, während sie verzweifelt versuchte, ihnen den Styracosaurus zu erklären. »Sie produzieren nicht weniger als acht Eier in nur einem Gelege«, erklärte die Schulmeisterin gerade, »Gregory Pike, wirst du wohl sofort damit aufhören!«
»Doch womit verhindert man, dass die Tiere entkommen?«, wollte eine beleibte Dame, die einen grellbunten Hut mit Straußenfedern trug, mit bangem Tonfall von einem anderen Besucher wissen, während ihr buckelnder Pantoffelheld von Ehemann völlig vom Anblick der wohlgestalteten Begleitung eines jüngeren Mannes abgelenkt war.
»Haben Sie keine Sorge, Madam«, versicherte ihr der Zoowärter freundlich, »jedes Gehege wird von einem tiefen Graben oder einem Wassergraben wie diesem hier umgeben, sodass die Tiere nicht herausklettern können. Oder sie werden hinter einer sechs Zentimeter dicken, verstärkten Stahlstrebe gehalten, so wie die Fleischfresser im Abschnitt ›Prähistorische Killer‹ dort hinten. Und als ob das noch nicht
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