Unruhe: Der erste Fall für Kommissar Steen (German Edition)
Windschutzscheibe spiegelten. Der stromlinienförmige silbergraue Wagen glitt lautlos über das Pflaster der Straße und bremste ab, als er den Platz erreicht hatte. Gleichzeitig setzte sich der Lieferwagen in Bewegung, rollte neben den Mercedes und blockierte vollständig die Sicht.
»Fahr die Karre weg, verdammte Scheiße«, flüsterte Henriette.
Der Fahrer des Lieferwagens – ein Typ Anfang zwanzig mit kurz geschorenem Haar, Hasenscharte und schwarzem Anorak – steckte den Kopf zum Seitenfenster heraus.
»Was mit dem Strom nicht in Ordnung?«, fragte er an Brian gewandt, der immer noch vor dem Kasten kniete. Er war der Einzige, der Moussas Wagen sehen konnte.
»Nein, wir müssen nur ein paar Relais austauschen und alles gründlich prüfen, Strom ist da.«
»Gut, ausgezeichnet«, sagte der Typ und grinste. »Weiter so.« Er tippte mit dem Finger an eine unsichtbare Schirmmütze, und der Wagen rollte weiter.
Bei dem silbergrauen Mercedes tat sich nichts. Niemand ging zu dem Wagen hin, niemand stieg aus.
»Es ist Moussas«, war im Headset zu hören.
Der schwarze Lieferwagen hatte nun bei der kleinen Bühne angehalten, die sich hinter ihnen oberhalb des Platzes befand, und die beiden jungen Männer waren ausgestiegen und hatten die Hecktür geöffnet. Sie trugen eine Lautsprecherbox heraus. Und noch eine. Dann holte einer eine große Rolle schwarzenKabels, die er sich über die Schulter warf und abrollte, während er auf die Bibliothek zuging.
»Was machen die da?«, fragte Henriette Nielsen.
»Wenn es das ist, was ich denke, haben wir verdammtes Pech mit dem Timing.«
»Was meinen Sie?«
»Die ganzen schwarz gekleideten junge Leute rund um den Platz. Das sieht nach einer Demonstration aus. Ist es nicht genau eine Woche her, dass das Jugendzentrum geräumt wurde?«
Axel nahm sein Handy und rief in der Einsatzzentrale an. Währenddessen sah er Moussa aus seinem Wagen steigen, eine Zigarette anzünden und in aller Ruhe zum Escobar schlendern.
Er bekam Sten Jensen ans Ohr.
»Ist für heute eine Demonstration am Blågårds Plads angemeldet?«
»Einen Augenblick.«
Während er wartete, sah er, wie im Verlauf von nur zwei Minuten sechs oder sieben von Moussas Freunden und Handlangern auftauchten. Zwei kamen aus dem Eingang des Hauses, in dem sich auch die Überwachungswohnung des PET befand, zwei kamen aus dem Escobar, einer aus dem Floras und einer hatte mit den Jungen auf dem Platz Fußball gespielt. Es kamen noch mehr. Moderne Telekommunikation, dachte Axel. Mag schon sein, dass wir immer bessere Abhörmöglichkeiten haben, dafür können die Mistkerle in zwei Minuten hundert Leute per SMS zusammentrommeln.
»Ein Anders Nielsen hat eine Demonstration am Pladsen angemeldet, für 15.00 Uhr«, sagte Sten Jensen in seinem Handy.
»Grund?«
»Das Jugendzentrum, gehe ich mal von aus … nein, warte mal kurz, hier steht etwas: Freiheit für politische Gefangene. Lasst Lindberg frei!«
»Das darf doch nicht wahr sein!«
»Doch. Das steht hier schwarz auf weiß.«
Henriette Nielsen sah ihn an.
»Wie ist Lindbergs Status? Ist er noch in Haft?«
»Das weiß ich nicht. Soll ich das prüfen?«
»Ja. So schnell wie möglich.«
»Warum wissen wir davon nichts?«, fauchte Henriette, als sie die Nachricht hörte.
Die beiden PET -Männer sahen Axel an, als sei es sein persönlicher Fehler, dass sie sich jetzt nicht nur mit dem erwarteten Drogendeal, sondern auch noch mit einer Demonstration herumschlagen mussten.
Axel ignorierte sie und sah hinüber zu Moussa, der lächelnd dastand, während seine Freunde nacheinander zu ihm kamen, die Hand hoben und sich mit ihm abklatschten, gefolgt von übertriebenen Umarmungen. Wie irgendein Scheißmafiaboss. Henriette identifizierte Lasso und Micki unter ihnen.
Moussa ging ins Escobar, drei seiner Leute folgten ihm. Die anderen ließen sich auf den Stühlen vor dem Café nieder.
Axels Handy klingelte. Es war Sten Jensen aus der Funkzentrale.
»Lindberg wurde vor einer halben Stunde auf freien Fuß gesetzt.«
»Okay.«
»Aber es kommt noch schlimmer.«
Auf dem Bildschirm konnte Axel sehen, wie Moussa sich an einen länglichen Tisch in der Nähe des Fensters setzte, seine Freunde winkten, dann ging einer von ihnen an die Bar. Abgesehen von dem Kellner, zwei stillenden Frauen und Bjarne vom Drogendezernat, Axels Backup, war das Lokal leer. Bjarne trug eine zerschlissene Militärhose, einen selbst gestrickten, fünffarbigen Sweater mit Flicken an den Ärmeln und
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