Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
Vom Netzwerk:
Was bleibt, sind zwei verkohlte Leichen. Die beste Möglichkeit Martin und das Kind schnell loszuwerden.“
    „Oder“, fügte Alice an, „dem Mörder kam der Zufall zu Hilfe und es war wirklich einfach ein grausamer Unfall.“
    Alle schwiegen und liessen sich die Szenarien durch den Kopf gehen.
    Es war Ben, der aufs Parkett brachte, was bisher niemand zu äussern, geschweige denn zu denken gewagt hatte. Er fühlte sich sichtlich unwohl. „Und was, wenn das nur inszeniert war? Wenn diese Leiche in dem Autowrack gar nicht Martin Reich war? Sondern irgend ein anderer armer Irrer? Wenn Martin Reich seinen Tod nur vorgetäuscht hat, um zu überleben? Was, wenn er untergetaucht ist?“
    Alice klappte im wahrsten Sinne des Wortes die Kinnlade hinunter. „Das würde heissen, er lebt noch. Oder besser, lebte noch.“
    Ben nickte etwas verhalten. „Und Emmas Auftraggeber war kein kranker Irrer, sondern tatsächlich Martin Reich.“
    Hörbar schnappte Alice nach Luft. Emma ging es nicht besser. Ein unerklärliches Schaudern schüttelte ihren Körper. „Getarnt als Martin Knecht. Nicht besonders einfallsreich.“
    „Ach nein? So schlecht kann‘s nicht gewesen sein in Anbetracht dessen, dass er schlussendlich erst letzte Nacht verstorben sein soll.“
    Punkt für Ben.
    „Aber warum das alles? Warum mich herschicken? Warum dieses Theater mit dem Haus?“
    Berechtigte Frage. Ben dachte kurz nach, während er weiter im Raum herumtigerte. „Sagen wir, er wollte die Aufmerksamkeit wieder auf die Reichs lenken, ganz offen, und austesten, ob die Luft für ihn rein ist, weil er seine Rückkehr plante. Er tat gut an einem solchen Test, denn ganz offensichtlich ist die Luft nicht rein. Wäre er einfach so, ohne das Schmierentheater, zurückgekommen, hätte es ihn das Leben gekostet. Und du, Emma, warst der Köder.“
    Emma sah wenig begeistert aus. „Nett. Aber warum nach so vielen Jahren?“
    Ben spann weiter. „Vielleicht war er krank. Möglicherweise wünschte er sich seinen Lebensabend in seiner Heimat zu verbringen.“
    „Guter Plan. Nur jetzt ist er tot. Gestorben in einem Krankenhaus.“ Das brachte Emma auf eine neue Idee. „Was bedeutet, dass dieser Wahnsinn damit eigentlich ein Ende fand.“
    „Stimmt.“ Ben blieb stehen und hypnotisierte den Fussboden. Erschöpfung machte sich langsam breit. Er rieb sich den verspannten Nacken. „Hat es aber nicht. Du wurdest heute Nachmittag letztmals überfallen. Also nachdem er starb.“
    Alice räusperte sich. „Vielleicht wusste der Mörder noch nichts von Martins Ableben.“
    „Vielleicht“, gab Ben zu. „Oder aber er will die letzten, die jetzt noch in der Geschichte graben, loswerden.“
    „Okay. Gut möglich. Klingt alles sehr logisch. Eine Frage habe ich aber noch.“ Ernst sah Emma von einem zum anderen. „Wenn Martin Reich wirklich nichts auf dem Kerbholz hatte und so ein liebenswerter Mensch war, wie alle sagen, wie brachte es dieser Mann dann fertig, ein Kind zu töten, um sich selbst zu retten?“ Sie legte eine bedeutungsschwangere Pause ein. „Nehmen wir den Teil mit dem vorgetäuschten Autounfall und gehen weiter davon aus, Martin hätte bis vor kurzem tatsächlich noch gelebt. Was, wenn wir diesen Gedanken mit der vorherigen Theorie kombinieren. Was, wenn der Heilige doch nicht so heilig war? Wenn der Gute tatsächlich der Böse ist? Wenn Martin damals wie heute der Mörder war? Das würde nämlich wunderbar zusammenpassen. Um den Fluch glaubwürdig zu verkaufen, muss ausnahmslos und sichtbar für alle die ganze Familie ausgelöscht sein. Also täuscht er seinen eigenen Tod vor. So gerät er auch nicht unter Verdacht und kann einfach von der Bildfläche verschwinden. Das führt uns zu unserem Attentäter aus der heutigen Zeit. Wer schon einmal seinen Tod vorgetäuscht hat, was hält ihn davon ab, dies zu wiederholen? Was, wenn Martin seinen Herzinfarkt und damit sein Ableben erneut nur vorgetäuscht hat?“
    „Das klingt nach einer wundervollen Theorie. Sie hat nur einen Haken. Gehen wir davon aus, du hast Recht und Martin ist der fleischgewordene Fluch. Warum sollte Martin dieses ganze Theater inklusive der Attacken auf uns inszenieren, wo er doch der letzte Überlebende seiner Familie ist? Und dass er der letzte ist, müsste gerade er am besten wissen, hat er doch alle anderen auf dem Gewissen.“
    Bens Einwand leuchtete ein. Emmas gesamte Ausführung geriet ins Wanken.
    Da schaltete sich Alice ein. Ein seltsam ernster Ausdruck lag auf ihrem

Weitere Kostenlose Bücher