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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Sorge.
    „Was ist? Ich kannte ihn nicht. Also machen wir die Sache nicht komplizierter, als sie sowieso schon ist.“ Ungeduldig fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Ich werde später darüber nachdenken. Widmen wir uns jetzt wieder dem Wesentlichen.“
    „Einverstanden.“ Emma konzentrierte sich. An Alice gewandt, nahm sie den Faden wieder auf. „Also, wenn nur du und Mara die Wahrheit kanntet, dann muss jemand, der erfährt, dass Ruben Bens Vater ist doch glauben, dass Ben ein Reich ist. Zumindest zum Teil.“
    Die Lösung schien zum Greifen nah.
    Alice hatte sich inzwischen Emmas Stift geschnappt und drehte ihn in den Fingern. „Aber alle glauben, Martin könnte Bens Vater sein. Wie soll denn da jemand darauf kommen, dass Ben von Ruben abstammt, wenn nur Mara und ich das wissen?“
    „Kann es sein, dass Mara geplaudert hat? Du bist ihr gewissermassen in den Rücken gefallen, indem du mit Ruben etwas angefangen hast. Obwohl du nicht gewusst hast, dass sie immer noch an ihm hing, könnte sie es dir in einer schwachen Minute übel genommen haben. So übel, dass sie das Geheimnis publik machte.“ Ben nahm seine Wanderung wieder auf. Mit in Falten gelegter Stirn tigerte er auf und ab.
    „Dann müsste sie es doch in jüngerer Zeit ausgeplaudert haben. Gut, es gibt diverse Varianten. Sie gab preis, wer wirklich Bens Vater ist und behielt für sich, dass Ruben überhaupt kein Reich war. Vielleicht dachte sie, nach so vielen Jahren des Geheimhaltens und nachdem so lange nichts mehr Spektakuläres passiert war, barg es kein Risiko mehr, jemand anderem die Wahrheit zu erzählen. Oder…“
    „Mir hat sie es nicht gesagt“, warf Emma ein. „Als ich Mara fragte, hat sie steif und fest behauptet, niemand wisse, wer Bens Vater ist.“
    „Du bist auch eine Fremde. Wenn Mara etwas gesagt hat, dann jemandem, den sie kannte. Jemandem, dem sie vertraute.“
    „Dieser Gedanke gefällt mir aber überhaupt nicht. Das würde bedeuten, jemand, dem Mara traut, will uns um die Ecke bringen, das ist nicht besonders beruhigend.“ Auch Ben stiess langsam an die Grenzen seiner Geduld. Es standen einfach zu viele Fragen im Raum, die niemand beantworten konnte. „Dieses hin und her Spekulieren bringt doch nichts. Wir kommen einfach nicht weiter!“
    „Dann behalte ich für mich, dass dieser Jemand Maras Vertrauen ausnutzte und die Geschichte einfach weitererzählte. Passiert schliesslich laufend.“ Alice legte den Stift weg. Dabei fiel ihr Blick auf einen Namen auf der Liste. Und auf die darunter notierten Worte.
    Ehering. Puppe.
    Alice rührte sich nicht. Für einen Augenblick war ihr Gehirn vollauf damit beschäftigt diese Worte zusammenzufügen. Deren Bedeutung zu verstehen.
    „Mein Gott.“ Es war nur ein Flüstern. Langsam liess sie sich auf das Sofa zurücksinken.
    Ben reagierte prompt. Sofort stand er hinter seiner Mutter. Die Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Was ist los?“
    Alice Blick wirkte entrückt. Als wäre sie in weiter Ferne. „Da war noch ein Kind... Wie konnten wir das übersehen? Wo es doch direkt vor unserer Nase lag.“
    „Mama, könntest du mir jetzt bitte sagen, was mit dir los ist?“
    Langsam wanderten ihre Augen zu Ben.
    „Es gibt noch eine andere Möglichkeit.“
    Alices nächste Worte klangen, wie aus einem schlechten Horrorfilm. „Angenommen, Martin war und blieb der Gute, der er immer war. Und er hat den Autounfall inszeniert. Aber damit nicht nur sein Leben gerettet…“
    Alice sah nun nicht mehr Ben an. Sie fixierte Emma.
    Eindringlich sah sie ihr in die Augen.
    Emma schauderte.
    „…sondern auch das des Kindes…“ Der Rest des Satzes blieb in der Luft hängen.
    Es war nicht nötig, mehr zu sagen.
    Sofort ruhte auch Bens Blick auf Emma.
    Innerlich aufgewühlt atmete Alice langsam aus. Sie wählte ihre nächsten Worte mit Bedacht. „Der Ehering stand für Sandrine. Die Puppe für das Kind. Gregor und Sandrine haben sich geliebt, sehr sogar. Aber sie begingen einen Fehler. Sie hatten Geschlechtsverkehr, bevor sie verheiratet waren. Eine Todsünde. Sandrine wurde schwanger. Ihre eigene Mutter verstiess sie. Die Reichs scherten sich in diesem Fall nicht um die Meinung der Kirche und der Gesellschaft. Sie nahmen Sandrine mit offenen Armen auf. Sandrine brachte ein gesundes Kind zur Welt. Ein Mädchen. Doch sie selbst starb bei der Geburt. Gregor kam nicht über ihren Tod hinweg. Er verfiel dem Alkohol und ertrank schlussendlich. Natürlich glaubten alle an Selbstmord.“

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